Bericht

Steuer & Recht

12.04.22

Das MVZ als Königsweg?

Mehrwert und Risiken zahnärztlicher Kooperationsformen

Berufsausübungsgemeinschaft, MVZ

Medical service teamwork – Doctor, surgeon and nurse join hands together.

Zusammenschlüsse von Zahnärzten in verschiedenen Gemeinschaftsformen liegen weiterhin im Trend. Abgesehen von Vorteilen für ihre Patienten – insbesondere der räumlichen Integration von Spezialisten „unter einem Dach“ – bieten die verschiedenen Organisationsformen aber je nach ihrer Eigenart auch für die zahnärztlichen Leistungserbringer einen nicht zu unterschätzenden Mehrwert – und verschieden geartete Risiken.

Während zunächst die Gründung einer Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) das Mittel der Wahl darstellte, besteht zur Flexibilisierung der ambulanten Leistungserbringung seit 2004 die Möglichkeit der Gründung von Medizinischen Versorgungszentren (MVZ). Gesellschafter können dabei ausschließlich zugelassene Leistungserbringer der gesetzlichen Krankenversicherung sein, beispielsweise zugelassene Zahnärzte oder zugelassene Krankenhäuser. Im Gegensatz zur BAG, welche vielfach als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) oder Partnerschaftsgesellschaft (PartG) gegründet wird, bestehen für das MVZ weitere Gestaltungsmöglichkeiten hinsichtlich seiner Rechtsform: Neben Personengesellschaften ist mit der Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) auch die Gründung einer Kapitalgesellschaft – inklusive einer Ein-Person-GmbH – möglich. Eine „fachübergreifende“ Tätigkeit wird durch das Gesetz nicht mehr vorgegeben, sodass auch rein zahnärztliche MVZ gegründet werden können, in welchen unter zahnärztlicher Leitung angestellte Zahnärzte oder Vertragszahnärzte tätig werden können [1].

Stetes Vergrößerungspotenzial
Alleinstellungsmerkmal des MVZ im Vergleich zu anderen Kooperationsformen ist, dass der Rechtsträger des MVZ selbst einen eigenen Zulassungsstatus erhält. Die einzelnen Zahnärzte können zwar Träger einer vertragszahnärztlichen Zulassung sein und diese entweder während ihrer Tätigkeit im MVZ „ruhen lassen“ oder in das MVZ einbringen, müssen dies aber nicht. Gleichzeitig gilt, dass eine einmal eingebrachte Zulassung auch bei Ausstieg aus dem MVZ dort verbleibt. Der Organisationsform des MVZ ist so ein breiteres Vergrößerungspotenzial immanent. Sogar die Bewerbung eines MVZ auf eine Zulassung zur Ergänzung des Versorgungsangebots kann ohne Nennung eines konkreten Zahnarztes erfolgen. Auswirkungen zeigt die Zulassung eines MVZ als Einrichtung auch bei der vertragszahnärztlichen Verpflichtung zur Teilnahme am Notdienst: diese trifft im Anstellungsverhältnis das MVZ und nicht den einzelnen Zahnarzt. Das Anstellungsverhältnis ist daher besonders für Zahnärzte interessant, die an flexibleren Beschäftigungsmodellen und einem besseren Ausgleich zwischen Arbeitsleben und Freizeit interessiert sind. Je nach Versorgungsauftrag besteht sogar die Möglichkeit zur Anstellung in bis zu vier verschiedenen MVZ [2].
Nicht von der Hand zu weisen ist, dass die besondere Struktur der MVZ mit ihrer Möglichkeit der unbegrenzten Anstellung und der Vereinigung mehrerer zahnärztlicher Leistungserbringer zahlreiche flexible Arbeitszeitmodelle mit sich bringt, in denen sich Familie, Freizeit und Beruf besser vereinen lassen. Zudem kann in der Festanstellung stets mit einem festen Gehalt – inklusive etwaiger Umsatzprovisionen – geplant werden [3].

Kein Risiko für Privatvermögen
Das MVZ tritt gegenüber Patienten, Krankenkassen und Kassenzahnärztlicher Vereinigung als verantwortlicher Leistungserbringer auf. Dies hat zum einen zur Folge, dass ein werbewirksam gewählter Name nicht von dem Verbleib einzelner Zahnärzte abhängig ist und sowohl Patienten als auch Geschäftspartnern eine besondere Beständigkeit vermittelt. Zum anderen bleibt das wirtschaftliche Risiko – insbesondere im Haftungsfall – bei der jeweiligen Trägergesellschaft. Im Gegensatz zu den für eine BAG möglichen Formen der Personengesellschaften bringt die Rechtsform der GmbH den unschätzbaren Vorteil, dass sich eine Haftung lediglich auf das Gesellschaftsvermögen erstreckt und eine Haftung der Gesellschafter mit ihrem Privatvermögen regelmäßig ausscheidet. Allein in dieser Rechtsform können zahnärztliche Leistungserbringer zudem gleichzeitig Inhaber und Angestellte sein, was sich insbesondere dann rentiert, wenn die eigene zahnärztliche Tätigkeit reduziert werden soll, ohne dass auch die entsprechenden Gewinne sinken. Eine Einordnung der GmbH in die Gewerbesteuerpflicht ist zudem zwingend und kann so steuerrechtlichen Unsicherheiten, welche zu Schwierigkeiten führen können, bereits im Ansatz vorbeugen [4].

Kritik aus den eigenen Reihen
Unkritisch wird das Zusammentreffen des freien Berufs des Zahnarztes mit den wirtschaftlichen Interessen – und der gegebenenfalls gewerblichen Tätigkeit einer als GmbH organisierten Trägergesellschaft – eines MVZ indes nicht gesehen. Vorgeworfen wird insbesondere investorengetragenen MVZ gar eine Kommerzialisierung des Gesundheitswesens: Sie könnten die Versorgung und Unabhängigkeit zahnmedizinischer Entscheidungen sowie die finanzielle Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung durch die Verfolgung von Kapitalinteressen gefährden. Die Erkenntnis, dass MVZ mit oder ohne Investorenbeteiligung vergleichsweise stark renditeoptimiert arbeiten, stütze jedoch noch nicht die Feststellung, dass diese auch eine erkennbare Gefährdung für Qualität und Wirtschaftlichkeit der zahnärztlichen Versorgung darstellen  [5]. Ob sich die Organisationsform des MVZ – insbesondere in ihrer Rechtsform der gewerblich agierenden GmbH – gegen andere Formen durchsetzen kann, bleibt indes abzuwarten.

Björn Papendorf ist Fachanwalt für Medizinrecht und seit 2011 Partner der kwm. Von 2010 bis 2012 absolvierte er berufsbegleitend den Masterstudiengang (LL.M. Medizinrecht). Als Referent ist er unter anderem für den Freien Verband Deutscher Zahnärzte und die DGOI tätig und veröffentlichte zahlreiche Publikationen. Björn Papendorf ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht im Deutschen Anwaltsverein und Autor der Bücher Arztrecht, Zahnarztrecht und Tierarztrecht.

Kontakt:
Björn Papendorf
papendorf@kwm-law.de
www.kwm-law.de

twm Veranstaltungen

Fortbildung

Curriculum Funktionsdiagnostik

Stabile, reproduzierbare Okklusion und gelungene Ästhetik


tw Newsletter

Service

Immer auf dem neuesten Stand

Mit unserem teamwork-Newsletter bleiben Sie immer auf dem Laufenden, mit aktuellen Entwicklungen und Nachrichten aus der Branche.


tw Abonnement

Service

Exklusive Inhalte

Als Abonnent erhalten Sie die aktuelle Ausgabe regelmäßig frei Haus geliefert und bekommen zusätzlich Zugriff auf exklusive Inhalte. Sie finden alle Abo-Angebote im Online-Shop unseres Mutterunternehmens Mediengruppe Oberfranken.


twm Bookshop

Bookshop

Fachbücher bestellen

Sie finden unser gesamtes Angebot an Fachbüchern im Online-Shop unseres Mutterunternehmens Mediengruppe Oberfranken im Bereich „Dental“ unter shop.mgo-fachverlage.de.


Anzeige

Bericht

Steuer & Recht

12.04.22

Das MVZ als Königsweg?

Mehrwert und Risiken zahnärztlicher Kooperationsformen

Berufsausübungsgemeinschaft, MVZ

Medical service teamwork – Doctor, surgeon and nurse join hands together.

Weitere Beiträge zum Thema

Bericht

Steuer & Recht

18.04.23

Das Timing ist entscheidend

Die Statistiken sind eindeutig. Eine Scheidungsrate von rund 40 Prozent spricht für sich – sollte man denken. Allerdings regeln nur …

Statement

Steuer & Recht

19.01.23

Rechtsfragen bleiben aktuell

Die Zeiten der Pandemie scheinen zwar vorüber und so langsam fallen die letzten Beschränkungen, dennoch bleiben die Rechtsfragen rund um …

twm Veranstaltungen

Fortbildung

Curriculum Funktionsdiagnostik

Stabile, reproduzierbare Okklusion und gelungene Ästhetik


tw Newsletter

Service

Immer auf dem neuesten Stand

Mit unserem teamwork-Newsletter bleiben Sie immer auf dem Laufenden, mit aktuellen Entwicklungen und Nachrichten aus der Branche.


tw Abonnement

Service

Exklusive Inhalte

Als Abonnent erhalten Sie die aktuelle Ausgabe regelmäßig frei Haus geliefert und bekommen zusätzlich Zugriff auf exklusive Inhalte. Sie finden alle Abo-Angebote im Online-Shop unseres Mutterunternehmens Mediengruppe Oberfranken.


twm Bookshop

Bookshop

Fachbücher bestellen

Sie finden unser gesamtes Angebot an Fachbüchern im Online-Shop unseres Mutterunternehmens Mediengruppe Oberfranken im Bereich „Dental“ unter shop.mgo-fachverlage.de.


Anzeige