Bericht

Steuer & Recht

18.04.23

Das Timing ist entscheidend

Der Ehevertrag – Ein Muss für jeden Praxisinhaber

Ehevertrag, Güterstandsklauseln, Mehrbehandlerpraxis, Praxisgründung, Privatautonomie, Zugewinngemeinschaft

Björn Papendorf, Fachanwalt für Medizinrecht

Die Statistiken sind eindeutig. Eine Scheidungsrate von rund 40 Prozent spricht für sich – sollte man denken. Allerdings regeln nur wenige die Folgen einer Scheidung, obwohl es sich dabei um das wirtschaftlich größte Einzelereignis im Leben vieler Menschen handelt. Deshalb sollten gerade in der Mehrbehandlerpraxis die Praxis-Partner über einen Ehevertrag verfügen.

Manch ein traditionsreiches Unternehmen ist in wirtschaftliche Schieflage geraten, weil der Inhaber geschieden wurde. Auch Zahnarztpraxen kann es hart treffen. Trotz der persönlichen Turbulenzen, die die Scheidung eines Kollegen in eine Mehrbehandler-Praxis wehen kann, gilt es, den wirtschaftlichen Folgen so weit wie möglich vorzubeugen.

Keine Frage der Romantik
Ebenso eindeutig wie die Scheidungsstatistik tritt der Grund für die Abneigung gegen Eheverträge zutage. Es gibt nur wenige Fragen, die unromantischer sind als: „Willst du mit mir einen Ehevertrag schließen?“. Neben einem behutsamen Einstieg in ein solches Gespräch ist vor allem der Zeitpunkt, an dem dieses Gespräch geführt wird, von zentraler Bedeutung. Aus rechtlicher Perspektive kann ein Ehevertrag zu jedem Zeitpunkt abgeschlossen werden. Praktisch erfolgt dies aber vor oder im unmittelbaren Zusammenhang mit der Eheschließung – am besten in konstruktiver und kooperativer Atmosphäre.

Alles besser als kein Ehevertrag
Die Regelungsmöglichkeiten sind vielfältig. Statt des gesetzlichen Güterstands kann man eine Gütertrennung oder eine Gütergemeinschaft vereinbaren, den nachehelichen Unterhalt für den Ehegatten und die Kinder weitgehend selbst regeln und sogar den Versorgungsausgleich ausschließen. Doch bevor man die Vorzüge verschiedener Gestaltungsmöglichkeiten erörtert, muss man wissen, was ohne Ehevertrag gilt.

Ohne Ehevertrag leben die Ehegatten im Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Im Falle der Scheidung betrachtet man die Vermögenslage beider Ehegatten am Anfang und am Ende der Ehe jeweils getrennt. Ist ein positiver Saldo vorhanden, hat man einen Zugewinn erwirtschaftet. Dieser Zugewinn wird dem Zugewinn des anderen Ehegatten gegenübergestellt. Ergibt sich ein Unterschied bei den Zugewinnen, wird dieser Unterschiedsbetrag ausgeglichen.

Die Folge ist, dass insbesondere bei niedergelassenen (Zahn-)Ärzten hohe Zugewinne erzielt werden, weil sich das Betriebsvermögen auch bei der Berechnung des Zugewinns niederschlägt. Gleichzeitig kümmert sich der andere Partner in der „klassischen“ Einverdiener- oder auch der Zuverdienerehe überwiegend um Familie und Haushalt. Typischerweise wächst der Zugewinn bei diesem geringfügiger an, obwohl er maßgeblich zum wirtschaftlichen Erfolg der Familie beiträgt. Wenn sich die Wege des Ehepaares nach Jahren schlussendlich trennen, ist das Ergebnis nur allzu häufig ein Scheidungskrieg um hohe Ausgleichszahlungen.

Möglichkeiten zum Vermögensschutz
Auf den ersten Blick bietet sich für Praxisinhaber vor allem eine Gütertrennung an. Dies bedeutet, dass die Vermögen der Eheleute vollständig getrennt bleiben. Anders als in der Zugewinngemeinschaft findet mit der Scheidung kein Ausgleich des hinzuerworbenen Vermögens statt. Die Praxis ist vor unerwartetem Kapitalabfluss, der Offenlegung der Praxisdaten und der Kündigung der Gesellschaft infolge der Pfändung von Gesellschaftsanteilen geschützt. Andererseits birgt die Gütertrennung auch erbrechtliche und erbschaftssteuerrechtliche Nachteile. Oftmals wird daher die sogenannte Modifizierung der Zugewinngemeinschaft als Gestaltungsmöglichkeit in Eheverträgen zur Absicherung des Praxisanteils herangezogen. Durch die Herausnahme einzelner Vermögensgegenstände aus der Zugewinngemeinschaft für den Fall der Scheidung, bleiben ansonsten die Vorteile des Güterstands der Zugewinngemeinschaft für den Fall des Todes erhalten.

Stolperfallen im Blick behalten
Selbst bei der Herausnahme der Praxis aus dem Zugewinn, kann es noch zu einer Aushöhlung des Vermögensschutzes kommen, wenn Stolperfallen nicht bedacht werden. Bildet sich beispielsweise durch Mitarbeit von Ehegatten in der Praxis eine sogenannte Ehegatteninnengesellschaft – wenn der eine Ehegatte häufig, umfangreich und vor allem unentgeltlich in der Praxis des anderen mitarbeitet – kann es zu gesellschaftsrechtlichen Abfindungsansprüchen des Nichtinhaberehegattens führen, ohne dass es jemals eine schriftliche oder mündliche Vereinbarung zur Gründung einer Gesellschaft gegeben hat.

Privatautonomie ja – Benachteiligung nein
Darüber hinaus gibt es zahllose weitere Gestaltungsmöglichkeiten, die von der jeweiligen Lebenssituation der Ehegatten abhängen. So werden häufig Regelungen zum nachehelichen Unterhalt getroffen, die beispielsweise die Höhe und Dauer dieser Zahlungen abweichend vom Gesetz regeln sollen. Auch die Frage der Erwerbsverpflichtung des betreuenden Elternteils nach Ablauf des Trennungsjahres kann und wird in Eheverträgen konkretisiert und geregelt.

Grundsätzlich können in Eheverträgen eine Vielzahl von Regelungen privatautonom getroffen werden. Es gibt jedoch auch Grenzen der Regelungsmöglichkeiten, die durch den BGH und das Bundesverfassungsgericht konkretisiert wurden. Es sollte unbedingt darauf geachtet werden, unausgewogene und einseitig zu benachteiligende Regelungen zu vermeiden. Sollte im Rahmen der Inhaltskontrolle oder der sogenannten Ausübungskontrolle durch die Gerichte eine Sittenwidrigkeit festgestellt werden, kann es zu einer Teilnichtigkeit oder sogar gänzlichen Unwirksamkeit des Ehevertrages führen.

Tipp: Wie in der Ehe ist auch in der eigenen Mehrbehandler-Praxis – der anderen großen Wirtschaftsbeziehung – ein offenes Wort zu diesem sensiblen Thema ratsam. Sprechen Sie Ihre Partner auf die Absicherung der Praxis im Scheidungsfall an, und schützen die Praxis damit vor unerwartetem Kapitalabfluss. Auch im Vorfeld einer gemeinsamen Praxisgründung können die Gründer zweckmäßigerweise Güterstandsklauseln im Gesellschaftsvertrag vereinbaren, die zum Abschluss eines Ehevertrages verpflichten.

Diese Sicherheit schafft Raum, um sich auf das Wesentliche zu fokussieren – das Wohl der Patienten und das Glück in der Ehe.

Unser erfahrener Fachanwalt für Familienrecht hat bereits bei vielen Eheverträgen beraten und damit vor Krisen bewahrt, aber auch zahlreiche Mandanten auf dem steinigen Weg der Scheidung begleitet.

Es gibt nur wenige Fragen, die unromantischer sind als: „Willst du mit mir einen Ehevertrag schließen?“

Björn Papendorf LLM, Münster

Björn Papendorf LLM ist Fachanwalt für Medizinrecht und seit 2011 Partner der kwm. Von 2010 bis 2012 absolvierte er berufsbegleitend den Masterstudiengang (LLM Medizinrecht). Björn Papendorf ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht im Deutschen Anwaltsverein und Autor der Bücher Arztrecht, Zahnarztrecht und Tierarztrecht.

Kontakt
Björn Papendorf LLM
Master of Laws (Medizinrecht)
Fachanwalt für Medizinrecht
papendorf@kwm-law.de
www.kwm-law.de

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