Praxisbericht

Falldokumention

12.10.23

Die Basis für minimal­­invasive Restaurationen

Moderne adhäsive Befestigungskonzepte

Adhäsivbrücke, Befestigungen, Knochenvolumen, Komposit, minimalinvasive Restaurationen, Versorgungskonzept, Zirkonoxid

Dr. Adham Elsayed

Prothetische Behandlungen sind häufig nur unter Einsatz hochleistungsfähiger adhäsiver Befestigungskomposite realisierbar. Denn wer das Ziel verfolgt, so viel gesunde Zahnhartsubstanz wie möglich zu erhalten, verzichtet in der Regel auf Präparationsformen mit einer für konventionelle Zemente ausreichenden makromechanischen Retention. Stattdessen werden Präparationsdesigns gewählt, deren Erfolg von einer starken und langzeitstabilen chemischen Haftung zwischen der Zahnhartsubstanz und dem Restaurationsmaterial abhängt. Zuverlässig erzielen lässt sich diese mit modernen adhäsiven Komposit-Befestigungssystemen.

Ein gutes Beispiel für eine minimalinvasive Präparations- und Versorgungsform ist die einflügelige Adhäsivbrücke, die heute meist aus Zirkonoxid (3Y-TZP) gefertigt wird. Da ihr Flügel am oralen und approximalen Schmelz eines Nachbarzahns befestigt wird, erfordert sie eine minimale bis gar keine Entfernung gesunder Zahnhartsubstanz.
Eingesetzt wird die einflügelige Adhäsivbrücke häufig bei einer Nichtanlage von Zähnen – beispielsweise einem seitlichen Schneidezahn im Oberkiefer – bei jungen Patienten mit unvollständiger dentoalveolärer Entwicklung und schmalen Lücken, die sich für die Insertion eines konventionellen Implantats nicht eignen [1] (Abb. 1 Beitragsbild und 2). Auch weitere Faktoren, die für eine Implantattherapie hinderlich sind – zum Beispiel ein unzureichendes Knochenvolumen oder eine gekrümmte Wurzel – stellen für diese Versorgungsform kein Problem dar.

Im Vergleich zu einem kieferorthopädischen Lückenschluss ist die Versorgung mit einer einflügeligen Adhäsivbrücke zudem weniger risikoreich, da sie weder die vertikale Kieferrelation beeinflusst noch die Eckzahnführung verhindert oder das ästhetische Erscheinungsbild kompromittiert [2]. Schließlich ist die Adhäsivbrücke deutlich weniger invasiv als konventionelle Brücken, die bei jungen Patienten im Frontzahnbereich meist keine Option darstellen. Die Patientenzufriedenheit und Erfolgsraten sind bei dem Behandlungsansatz der einflügeligen Adhäsivbrücke hingegen beeindruckend [3–7].

Trotz der vielen Vorteile und guter klinischen Performance – und obwohl die Überlebensrate einflügeliger Adhäsivbrücken aus Zirkonoxid nach zehn Jahren bei 98,2 Prozent, die Erfolgsrate bei 92 Prozent lag [4] – entscheiden sich viele Zahnärzte weiterhin für konventionelle Behandlungsoptionen. Der Grund dafür könnte ein fehlendes Vertrauen in den Haftverbund von Zirkonoxid und die Langlebigkeit der Versorgungen sein. Sofern grundlegende Regeln berücksichtigt werden, kann jedoch eine sehr starke und langzeitstabile Haftung an der Zirkonoxid-Restauration am Zahn erzielt werden.

Starker ­Haftverbund an der ­Zahnhartsubstanz
Um festzustellen, ob ein fehlender Zahn erfolgreich durch eine einflügelige Adhäsivbrücke ersetzt werden kann, ist der potenzielle Pfeilerzahn gründlich zu untersuchen. Er sollte vital sowie weitgehend frei von Karies und direkten Restaurationen sein. Es wird zudem eine ausreichend große Schmelzfläche, die als Klebefläche dienen kann benötigt [1]. Darüber hinaus sollte ausreichend Platz für den Flügel der Adhäsivbrücke vorhanden sein (Stärke: rund 0,7 mm), da ein kontaktfreies Design entscheidend für den Erfolg der Versorgung ist. Die in der Literatur beschriebene Vorgehensweise bei der Präparation reicht von einer auf den Schmelz begrenzten lingualen Veneer-Präparation unter Einbeziehung der Approximalfläche, ausgestattet mit retentiven Elementen [1], bis hin zu einem kompletten Verzicht auf eine Präparation [7]. Für die definitive Eingliederung der Restauration wird der Pfeilerzahn wie bei der adhäsiven Befestigung üblich vorbehandelt: Nach der Reinigung – beispielsweise mit fluoridfreier Prophylaxe-Paste – wird Phosphorsäure-Ätzgel auf die Klebefläche appliziert und nachfolgend gründlich durch Spülen mit Wasser entfernt. Final wird die Oberfläche des Zahns mit Luft getrocknet.

Starker Haft­verbund an der Restauration
Die empfohlene Vorbehandlung der Klebefläche am Flügel der Adhäsivbrücke aus Zirkonoxid ist Abstrahlen mit feinkörnigem Aluminiumoxid (50 μm) bei geringem Strahldruck (rund 1 bar) [8, 9], gefolgt von der Reinigung im Ultraschallbad. Auf den Abbildungen 3a bis e ist die Oberflächenbehandlung von Zirkonoxid-Restaurationen Schritt für Schritt dargestellt. Als Orientierungshilfe für einen kontrollierten Abtrag hat sich die Markierung der gesamten Klebefläche mit einem Stift bewährt. Es empfiehlt sich, das Abstrahlen nach der Einprobe vorzunehmen, bei der die Klebefläche am Zahn und an der Restauration typischerweise mit Speichel sowie manchmal auch mit Blut in Kontakt kommt. Proteine in Speichel und Blut, die anderenfalls die Klebeflächen kontaminieren würden, lassen sich so sicher entfernen. Gleichzeitig wird die Oberfläche so modifiziert, dass einem sicheren und langlebigen Haftverbund mit dem ausgewählten Befestigungssystem nichts im Wege steht [10].

Reinigung der Oberflächen vor der Befestigung
Vor der Befestigung sind Kontaminationen, wie Speichel oder Blut, zu beseitigen. Hinweis: Kontaminationen können als Isolator wirken. Für die Reinigung bietet Katana Cleaner einen einfachen und schnellen Weg. Besonderheiten sind das integrierte MDP-Salz und der pH-Wert. Beim Einmassieren des Cleaners bleiben die Partikel der Kontamination am MDP-Salz haften, ähnlich wie an einem Magnet. Anschließend werden die Verunreinigungen durch das Abspülen mit Wasser aus der Oberfläche herausgeschwemmt. Die Reinigungslösung kann aufgrund des milden ph-Wertes intraoral und extraoral angewendet werden. Dank der universellen Reinigungslösung bedarf es somit nur eines Materials und eines äußerst kurzen Zeitaufwands.

Welches Befestigungs­kompositsystem ist zu wählen?
Danach werden die verschiedenen Komponenten des Befestigungssystems angewendet. Hinsichtlich der Wahl des adhäsiven Befestigungssystems lautet die generelle Empfehlung, einen Primer für die Restauration oder ein Befestigungskomposit einzusetzen, der das 10-Methacryloyloxydecyl-Dihydrogen-phosphat (10-MDP) enthält [11]. Auf diese Weise wird ein qualitativ hochwertiger Haftverbund erzielt. Zu den Befestigungskompositsystemen, die in den verfügbaren Langzeit-Studien verwendet wurden, zählt Panavia 21 (Kuraray Noritake Dental) [4–6]. Dieses 1993 eingeführte, anaerob härtende Befestigungskomposit enthält zahlreiche wichtige Technologien wie das MDP-Monomer und die Touch Cure Technology, die auch das Nachfolgeprodukt Panavia V5 auszeichnen. Bei Letztgenanntem handelt es sich um das hochmoderne dualhärtende Mehr-Flaschen- Befestigungskomposit von Kuraray Noritake. Um den Haftverbund dieses aktuellen Produkts noch zu verbessern, überprüfte das Entwicklerteam jedoch die grundlegende Zusammensetzung, entwickelte bestehende Technologien weiter und kombinierte diese mit vollständig neuen Inhaltsstoffen.

Mit dem vor 30 Jahren eingeführten Panavia 21 wurden hohe Erfolgsraten erzielt [4–6]. Die wenigen beobachteten Misserfolge waren hauptsächlich auf Abplatzungen der Verblendkeramik (Chipping) oder Haftverluste (Debonding) zurückzuführen. Die Haftverluste, teilweise verursacht durch traumatische Ereignisse, führten zu keinen weiteren Schäden, sodass die Restaurationen einfach mit dem ursprünglich verwendeten Befestigungssystem und derselben Vorgehensweise wiedereingegliedert werden konnten.

Man könnte erwarten, dass Panavia V5 mit seiner verbesserten Formulierung einen noch stärkeren und langlebigeren Haftverbund bietet als Vorgänger-Produkte. Dadurch könnte es noch besser für solch anspruchsvolle Einsatzgebiete wie die definitive Eingliederung einflügeliger Adhäsivbrücken geeignet sein. In einer Pilotstudie bestätigte sich diese Annahme [7]. Das Forscherteam ersetzte nicht angelegte seitliche Schneidezähne mit 24 monolithischen Adhäsivbrücken aus Zirkonoxid (Katana Zirconia HT). Die Eingliederung erfolgte ohne jegliche Präparation des Pfeilerzahns, die Größe der Klebefläche war jedoch festgelegt und betrug mindestens 35 mm2. Die palatinalen Oberflächen des benachbarten mittleren Schneidezahns wurden mit Bimssteinpaste gesäubert und mit Phosphorsäure vorbehandelt. Es folgte das Sandstrahlen der Klebeflächen der Restaurationen mit Aluminiumoxid-Partikeln (50 μm bei 2,5 bar Druck). Anschließend wurden zwölf Restaurationen mit Panavia V5 und die anderen zwölf mit Panavia F2.0, einer weiteren Vorgänger-Version der Befestigungskomposite von Kuraray Noritake Dental, befestigt. Nach einem Beobachtungszeitraum von 32 bis 50,47 Monaten lagen die Erfolgs- und Überlebensraten in der Panavia V5-Gruppe bei 100 Prozent. In der anderen Gruppe traten eine Verbinderfraktur, eine Abplatzung sowie zwei Debondings auf. Auf Grundlage dieser Ergebnisse schlussfolgerten die Autoren der Veröffentlichung, es habe sich gezeigt, dass das Befestigungskomposit der neuen Generation – Panavia V5 – erfolgreicher ist („it has been seen that the new generation cement (Panavia V5) is more successful” [7].

Fazit
Seit vielen Jahren werden minimalinvasive indirekte Versorgungskonzepte wie der Ersatz fehlender Schneidezähne durch Adhäsivbrücken erfolgreich eingesetzt. Viele Zahnärzte scheinen jedoch noch immer unsicher zu sein, ob diese Konzepte in ihren Händen zu den gewünschten Ergebnissen führen. Die verfügbaren klinischen Studienergebnisse bestätigen, dass die Behandlungsoption viele Vorteile bietet und erfolgreich anwendbar ist. Gleichzeitig hat das unermüdliche Bestreben, adhäsive Befestigungskomposite weiterzuentwickeln, zur Einführung von Produkten geführt, welche die Misserfolgsraten durch Debonding weiter reduzieren. Und selbst wenn einmal ein Haftverlust auftritt, entsteht in der Regel kein Schaden, sodass die Restauration mit wenig Aufwand wiedereingegliedert werden kann. Diese Erkenntnisse ermutigen – zusätzlich zu den bekannten Vorteilen minimalinvasiver zahnheilkundlicher Verfahren im Allgemeinen – immer mehr Zahnmediziner dazu, das gesamte Potenzial der adhäsiven Zahnheilkunde für sich auszuschöpfen. In diesem Zusammenhang ist Panavia V5 definitiv eine gute Wahl.

Clinical and Scientific Manager Dr. Adham Elsayed ist Zahnarzt und seit 2019 für den deutschsprachigen Raum bei Kuraray Europe verantwortlich für die Kooperation mit den zahnmedizinischen Lehrstühlen und Forschungslaboren. Dort ist er Ansprechpartner für Themen der zahnmedizinischen Forschung sowie für klinische Fälle. Zuvor war er nach dem Studium der Zahnmedizin 2008 in Kairo einige Jahre in verschiedenen Praxen tätig und 2013 als Promovend an der Uni Kiel sowie als Dozent am dortigen Lehrstuhl. Nebenher erlangte er einige weitere Qualifikationen und Spezialisierungen im Bereich der Prothetik sowie in der Implantologie.

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Kontakt
Kuraray Europe GmbH, BU Medical Products
Philipp-Reis-Str. 4
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Tel. +49 69 30 535 835
dental.de@kuraray.com
www.kuraraynoritake.eu

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