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13.10.23
Die Prävention im Blick: S3-Leitlinie Periimplantäre Weichgewebe-Augmentation
Deutsche Gesellschaft für Implantologie im Zahn-, Mund- und Kieferbereich (DGI) legt Leitlinie vor
Ästhetik, dgi, Entzündungen, Hygienefähigkeit, Implantat, Periimplantäre Weichgewebeaugmentation, S3-Leitlinie
Redaktion
Kann eine periimplantäre Augmentation von Weichgewebe den Erfolg einer Implantattherapie bezüglich Knochenerhalt und Ästhetik beeinflussen? Die Beantwortung dieser Frage war für die Fachleute von 17 Fachgesellschaften und Organisationen unter Federführung der DGI und der DGZMK eine große Herausforderung. Grund ist die sehr widersprüchliche wissenschaftliche Datenbasis. Gleichwohl haben die Experten in einer S3-Leitlinie ihren Konsens und zwei Empfehlungen formuliert, in welchen Fällen das Weichgewebe im Rahmen einer Therapie aufgebaut werden sollte.
Infektionen sind die häufigsten Ursachen für Entzündungen und Erkrankungen periimplantärer Gewebe bis hin zum Verlust von Implantaten. Nach groben Schätzungen dürften sich hierzulande in den Mündern von Patienten etwa 25 Millionen Implantate befinden. Da periimplantäre Erkrankungen nicht sofort nach einer Insertion auftreten, schätzen Fachleute, dass aktuell etwa 860.000 Implantate von einer Mukositis und 440.000 Implantate von einer Periimplantitis betroffen sind. Dies macht deutlich, wie wichtig die Prävention von Infektionen und Entzündungen der periimplantären Gewebe ist.
Weichgewebe-Management – ein Schlüsselfaktor?
„Die zahnärztliche Fachwelt ist sich uneins, ob eine bestimmte Menge an keratinisierter Mukosa, eine bestimmte Dicke oder der Grad an Mobilität der periimplantären Weichgewebe hilfreich für den Erhalt eines Implantates sind”, schreiben die Autoren der Leitlinie. Leitlinien, die von Fachgesellschaften und Organisationen in anderen Ländern formuliert wurden, waren veraltet oder machten keine Angaben zu der Fragestellung der deutschen Leitliniengruppe.
Ursache dieser fehlenden Einigkeit in der Fachwelt sind widersprüchliche Ergebnisse wissenschaftlicher Studien – und die daraus resultierenden unterschiedlichen Aussagen über die Beziehung zwischen Implantat und umgebendem Gewebe. Wodurch unterscheidet sich diese Beziehung im Detail von jener eines Zahnes zu seiner Umgebung – oder auch nicht?
Klar ist: Periimplantäre Gewebe unterscheiden sich anatomisch vom parodontalen Gewebe. Unklar ist, ob periimplantäres Gewebe dieselben Anforderungen erfüllen muss wie die Gewebe des Parodonts. „Es ist nicht klar, ob ein Implantat andere Anforderungen an das umliegende Gewebe stellt als ein Zahn”, betonen die Fachleute.
Zwei vergleichsweise aktuelle systematische Reviews aus den Jahren 2012 und 2013 liefern kontroverse Daten, ob und in welchem Ausmaß die Beschaffenheit periimplantärer Weichgewebe periimplantäre Erkrankungen beeinflussen kann. Das neueste Review mit einer Metaanalyse aus dem Jahr 2018 zeigte demgegenüber einen positiven Einfluss der Verbreiterung keratinisierter Mukosa auf die periimplantäre Gesundheit. Eine Weichgewebeverdickung reduzierte den periimplantären Knochenabbau. Die Autoren der Studien betonen jedoch die limitierte Evidenz ihrer Ergebnisse.
Darum bleiben auch wichtige klinische Fragen offen, beispielsweise jene, wie dick das periimplantäre Weichgewebe sein muss oder sein sollte. Unklar ist auch, ob eine Methode zur Gewebeverdickung den anderen überlegen ist.
Zwei Empfehlungen: die Ästhetik bzw. die Hygienefähigkeit verbessern
Darum haben der federführende Autor PD Dr. Dr. Markus Schlee (Forchheim) und seine Kollegen, koordiniert von Prof. Dr. Dr. Robert Sader (Frankfurt), zwei Empfehlungen mit einem Empfehlungsgrad B (sollte/sollte nicht) mit starkem Konsens formuliert.
Der ersten Empfehlung zufolge sollte bei objektivierbaren Weichgewebedefiziten – oder einem entsprechenden Patientenwunsch – eine periimplantäre Weichgewebe-Augmentation mittels autologem Bindegewebe angeboten werden, um das ästhetische Ergebnis zu verbessern, da von dieser Maßnahme kein negativer Effekt auf den Knochenabbau zu erwarten ist.
In der Empfehlung Nummer 2 raten die Fachleute vor allem bei vorbestehender verschmälerter oder fehlender keratinisierter Mukosa zu einer Augmentation von periimplantärer keratinisierter Mukosa mittels autologem Schleimhauttransplantat, um die Hygienefähigkeit zu verbessern. Auch hier betonen die Autoren, dass diese Therapie den Knochenabbau nicht verstärkt.
Keine Aussagen zu einzelnen Therapieverfahren
Bei der Erstellung der Leitlinie konnten die Autoren die Kosten-Nutzen-Relation der einzelnen Therapieverfahren nicht berücksichtigen, da diese nicht mit belastbarer Evidenz untersucht worden ist. Die Autoren treffen aufgrund fehlender Untersuchungen auch keine Aussagen zu anderen Aspekten. Zu diesen gehören:
- Art und Zeitpunkt der Augmentationstechnik,
- wechselseitige Interaktionen mit einer knöchernen Augmentation oder GBR-Techniken
- zur Abhängigkeit von Art und Indikation der Implantatinsertion, der Implantateinheilung und von individuellen biologischen Faktoren (z.B. gingivaler Biotyp, systemische Erkrankungen).
Zwei Empfehlungen auf einen Blick
Das ästhetische Ergebnis verbessern: Die periimplantäre Weichgewebe-Augmentation mittels autologem Bindegewebe hat bezüglich Knochenabbau, auch bei einer Sofortimplantation keinen negativen Effekt und sollte bei objektivierbaren Weichgewebsdefiziten und/oder Patientenwunsch zur Verbesserung des ästhetischen Erscheinungsbildes angeboten werden.
Die Hygienefähigkeit optimieren: Die Augmentation von periimplantärer keratinisierter Mukosa mittels autologem Schleimhauttransplantat führt zu keiner Erhöhung des Knochenabbaus und sollte aufgrund der besseren Hygienefähigkeit, insbesondere bei vorbestehender verschmälerter oder fehlender keratinisierter Mukosa therapeutisch angeboten werden.
Quelle: Deutsche Gesellschaft für Implantologie im Zahn-, Mund- und Kieferbereich e.V. (DGI)
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