Anwenderbericht

Falldokumention

20.10.21

Digitale Wege zur sicheren Sofort­versorgung

Implantatprothetische Gesamtkieferrestaurationen

3-D-Implantatplanung, komplexe Gesamtkieferrestaurationen, Sofortimplantation/-versorgung

Dr. Detlef Hildebrand

01a – Klinische Lösungen und Konzepte für den zahnlosen Patienten. Hybrid

Die digitale Welt hat unser Leben verändert. Neue Technologien haben Einzug in den Alltag gehalten und auch die moderne Medizin profitiert davon maßgeblich. In der oralen Implantologie haben das digitale Volumentomogramm (DVT) und damit korrespondierende Diagnosetools sowie Planungsmedien die Analysemöglichkeiten als auch die Vorhersagbarkeit für den Zahnarzt/Implantologen deutlich verbessert. Somit können die klinischen Ergebnisse den gesteigerten Anforderungen an Präzision und Sicherheit gerecht werden. Im nachfolgenden Artikel werden digitale, 3-D‑basierte Planungswege vorgestellt und deren Umsetzungen diskutiert. Am Ende zählt nur eins: der vorhersagbare, unmittelbare und langzeitorientierte Erfolg, erzielt mit größtmöglicher Sicherheit, für das beste individuelle und ästhetisch-funktionelle Endergebnis einer Patientenversorgung.

Fragen zum Behandlungskonzept

Was ist der wichtigste Aspekt für die Nachhaltigkeit einer festsitzenden Implantat-Rekonstruktion?
Dr. Detlef Hildebrand: Die Herstellung eines geeigneten Weichgewebemanagements zur optimalen Mundhygiene ist der entscheidende Aspekt im Hinblick auf die Lang­lebigkeit einer implantatgestützten Versorgung. Es gilt: je besser die attached Gingiva, umso langlebiger die Versorgung.

Welche zwei Messmethoden zur Evaluation der Implantatstabilität gibt es?
Es gibt die Messung des Eindrehmoments und die Messung des ISQ-Werts mit der Resonanz-­Frequenz-Analyse (RFA). Das Eindrehmoment beziffert den Eindrehwiderstand, gibt also mehr die Qualität des Knochen(widerstands) wieder; die ISQ-Messung mittels RFA-Analyse misst einen axialen Widerstandswert, hat also für die Sofortversorgung einen höheren Stellenwert.

Die orale Implantologie mit enossalen Dental-Implantaten (EDI) gehört zum festen Repertoire einer zahnärztlichen Versorgung für die ästhetische und funktionelle orale Rehabilita­tion. Standen in den Anfangsjahren der Implantologie noch vermehrt entwicklungstechnische Aspekte wie Implantateinheilzeiten, unterschiedliche Oberflächenbeschaffenheit der Implantate oder neue prothetische Verankerungsmechanismen im Fokus der Diskussion, so betrachten wir heute vermehrt vor allem die digitalen Aspekte implantologischer Konzepte:
Wie funktioniert die Planung von Dental-Implantaten heute?
Was sind sichere Planungswege in der dentalen Implantologie?
Wie definieren wir vorhersagbare Ergebnisse zur Lösung komplexer Rehabilitationen bei schwierigen Ausgangssituationen?
Was benötigen wir für die intra­operative Sofortrekonstruktion?
Wohin führt die Entwicklung oraler Implantatsysteme?

Diese Fragestellungen werden diskutiert und anhand einiger komplexer Patientensituationen exemplarisch dargestellt. Dabei wird aber auch vor allem die klinische Umsetzbarkeit und Sicherheit in den Mittelpunkt aller Betrachtungen gestellt.

Digitale Unterstützung in der Befundung und Diagnostik
Wir benötigen bei jedem Patienten immer eine umfassende Planung für die Realisierung unserer oralen Rehabilitation. Diese begründet sich in einer sehr ausführlichen Anamnese und Befunderhebung. Dabei werden nicht nur die radiologischen, sondern auch und vor allem die klinischen – also die anatomischen, funktionellen und ästhetischen – Aspekte gewürdigt. Nur wenn wir diese gründlich erheben, dokumentieren und in der Planung berücksichtigen beziehungsweise essenziell darin als Bestandteil einbringen, werden wir erfolgreich sein und unsere Patienten glücklich machen können. Weiterhin dürfen auch die sozial-ökonomischen Umstände nicht unberücksichtigt bleiben, das bedeutet, ausgehend von der Patientensituation müssen Argumente wie Patientenalter, Motivationsfähigkeit und manuelle Geschicklichkeit sowie auch die wirtschaftliche Tragfähigkeit des einzelnen Patienten evaluiert werden. Häufig erleben wir junge Patienten, die aufgrund ihrer sozialen Herkunft eine sehr schlechte Mund­situation aufweisen, die ihnen mit den fehlenden oder behandlungsbedürftigen Zähnen eine Integration in ein intaktes soziales Umfeld verwehren könnte. Oftmals weiß diese Patientengruppe um ihr dentales Desaster und versucht alles, um ihre Situation schnellstmöglich zu verbessern.

Patientenevaluation und -bedürfnisse
Bei der Betrachtung aller klinischen Konzepte zur Planung und Versorgung mit Implantaten unterscheiden wir grundsätzlich drei Versorgungsarten:
Hybrid-Prothetik herausnehmbare Versorgungen festsitzende Implantatbrücken (Abb. 1)
Während die Hybridversorgungen der älteren Patientenklientel vorbehalten bleiben, diskutieren wir permanent mit unseren jüngeren Patienten, ob die Versorgung idealerweise festsitzend oder herausnehmbar – also zur Mundpflege entfernbar – gestaltet werden sollte. Die herausnehmbaren Arbeiten zeichnen sich dadurch aus, dass die Patienten die Durchführung ihrer Mundhygienemaßnahmen deutlich leichter handhaben können, währenddessen die Patientengruppe mit festsitzender Versorgung vor allem durch einen hohen zeitlichen Behandlungsaufwand sowie durch ein hohes wirtschaftliches Engagement beansprucht wird. In den meisten Fällen werden zur Realisierung festsitzender Varianten umfangreiche Sanierungs- und Aufbaumaßnahmen der alveolären Kieferknochenareale notwendig, die an Behandler und Patienten hohe Anforderungen hinsichtlich Planung und Umsetzung stellen. Oft werden große Knochenaufbaumaßnahmen notwendig, die die Gesamtbehandlungszeit mit Aus- und Einheilungszeiten massiv extendieren (Abb. 2 und 3). Zudem muss vor Beginn einer festsitzenden implantatgestützten Versorgung sichergestellt werden, dass die Patienten in der Lage sind, ihre aufwendigen oralen Rehabilitationen auch einer anspruchsvollen Mundhy­giene zuzuführen und diese dauerhaft zu etablieren. Aufgrund der zunehmend älteren Patientenpopulation wird damit die Patientencompliance ein entscheidender Aspekt für die Prognose und die Nachhaltigkeit einer festsitzenden Implantatversorgung.
Ziel bei einer implantatgestützten Rekonstruktion muss es sein, alles dafür zu tun, eine stabile und prothetisch korrekt ausgeformte periimplantäre Weichgewebesituation zu generieren. Ohne ein erfolgreich durchgeführtes Weichgewebemanagement wird es keine langzeitstabilen, periimplantär gesunden Verhältnisse geben. Dieses Ziel ist unabdingbar (Abb. 4 und 5).

Sämtliche klinischen und implantologischen Parameter müssen in eine Behandlungsplanung prospektiv zahnloser Patienten mit einbezogen werden:
Welche Art der Versorgung können beziehungsweise wollen wir anstreben? (Möglichkeiten)
Wie soll die Planung der späteren Versorgung umgesetzt werden? (Ablauf)
Ist ein festsitzender oder ein herausnehmbarer Zahnersatz die bessere Lösung? (Umsetzbarkeit)

Gerade bei der Planung prospektiv zahnloser Patienten, – die noch mit vollständiger oder teilweiser (Rest-)Bezahnung zu uns in die Praxis kommen –, gilt umso mehr, dass sämtliche Parameter für die Totalsanierung der Kiefer herzuleiten sind. In diesen Fällen müssen dann – neben den bekannten Planungsaspekten wie der Beurteilung der hart- und weichgewebigen Konditionen – auch und vor allem die notwendigen Extraktionen sowie gegebenenfalls indizierte Reduzierungen des danach zu erwartenden Knochen­niveaus einbezogen werden. Dies erfordert ein hohes Maß an klinischer Erfahrung und Routine im Umgang mit der Planung und Umsetzung oralchirurgischer Möglichkeiten. Häufig haben wir es in diesem Behandlungsspektrum mit einer noch relativ jungen Patienten­klientel zu tun. Diese Patienten sind entweder genetisch oder sozial prädisponiert oder gehören sehr häufig zur Gruppe der Angstpatienten.
In Abbildung 6 erscheint exemplarisch ein komplexes Patientenbeispiel. Dieses ist geprägt von umfassender Planung und implantat-chirurgischer Umsetzung nach dem Immediate-Loading-Verfahren. Der einzeitige Implantateingriff fand in Narkose (ITN) statt. Als Ziel wurde die direkte, sofortige, komplette Implantat­rehabilitation nach Abschluss des OP-Eingriffs definiert.Bei dieser Angstpatientin musste aus Zeit- und Kostengründen auf eine 3-D-basierte Schablonentechnik verzichtet werden, sodass nur eine Orientierungsschablone zur Initialbohrung zuhilfe genommen werden konnte. Dieser Umstand erhöht natürlich das Risiko etwaiger Komplikationen während der OP und die Komplexitiät des Umsetzungsprozederes in die Sofortversorgung wesentlich. Zudem stellten die distalen (abgewinkelt inserierten) Implantatbohrungen ohne die Orientierung über eine 3-D-Schablone eine chirurgische Herausforderung dar.
Heute ist es klinischer Standard, derart komplexe implantologische Fragestellungen mittels 3-D-Diagnostik und 3-D-Planungssoftware zu realisieren. Hierfür gibt es eine Vielzahl an Möglichkeiten. Beinahe jeder Implantathersteller liefert einen Beitrag zu dem Thema 3-D-Planungssoftware. Die gängigsten Softwaremodule kommen aus der reinen Implantatplanung, wobei seinerzeit nicht die Herstellung/Umsetzung einer 3-D-Schablone im Vordergrund stand, sondern die Analyse des Knochenangebots und die sich daraus ergebende Orientierung der Implantate auf Basis von 3-D/CT- oder DVT-Daten der anatomischen Befunde des jeweiligen Kieferknochens.

Komplexe Herausforderungen geplant und präzise umsetzen
Vor mehr als 20 Jahren prägte die Gruppe um Kirsch/Ackermann den Begriff des Backward Planning. Dies bedeutet, dass zunächst im Team aus Patient + Behandler (= Implantologe + Prothetiker) + Zahntechniker ein individuelles Ziel für den Patienten definiert werden muss. Dieses zu erreichende Ergebnis beschreibt das für den Patienten individuelle Behandlungsoptimum aus medizinischer Indikation, kommunizierten Patientenbedürfnissen und erzielbarer Umsetzbarkeit. Alles, was dazu behandlungstechnisch notwendig sein wird, muss zwingend in die Planung der jeweiligen Sanierung einfließen. Nur so lassen sich Irrtümer und Behandlungsfehler sicher vermeiden und der gewünschte Behandlungserfolg erzielen.

Vorbehandlung und ­Befundaufnahme
Im Zuge der Behandlungseröffnung müssen alle patientenrelevanten Daten und Parameter erhoben und dokumentiert werden. Dabei geht es um alle anatomischen, dentalen, funktionellen und parodontalen Faktoren. Hinzu kommen die Ansprüche und Vorstellungen des Patienten bezüglich seiner späteren Versorgungsart sowie die Umsetzung dieser Rehabilitation. In der frühen Phase einer Behandlung sollten entzündliche Prozesse gestoppt, parodontale Entzündungen eingedämmt und nicht erhaltungswürdige, infektiös beherdete Zähne unbedingt sofort entfernt werden, um akute Infektionen einzudämmen. Dies ist umso dringlicher, wenn in der nachfolgenden implantologischen Phase eine eventuelle Sofortversorgung geplant wird. Diese Vorbehandlungsphase ist wichtig und reduziert später das Risiko einer Infektion bei einer geplanten simultanen Implantat­insertion und Sofortversorgung.

Planung und Behandlungsvorbereitung
Sobald die Vorbehandlung beendet ist, startet die Phase der Behandlungsplanung und Realisation, die eng mit der Beschreibung aller Planungsschritte verbunden ist. Nun geht es um die Analyse, Auswertung und Einbindung aller essenziellen Befunde. Zudem müssen alle klinischen und radiologischen Parameter für eine verbindliche Planung unter den relevanten Kriterien zusammengeführt werden, um eine erfolgreiche Sanierung mit Implantaten zu realisieren. Dabei bildet das digitale Volumentomogramm (DVT) die Grundlage aller 3-D-Analyse- und Planungsschritte, und die 2-D-Bildgebung wird um eine 3-D-Bildgebung erweitert. Diese umfasst neben dreidimensionalen Darstellungsmöglichkeiten auch die digitale Analyse der Knochenqualität und -quantität (Abb. 7).
Im digitalen Zeitalter ist die Herstellung einer Guide-Schablone unerlässlich, denn sie implementiert alle planungsrelevanten Befunde und projektiert die Implantatlokalisationen ebenso wie die Implantatgrößen. Wichtig ist dann die Weiterverarbeitung dieser 3-D-Daten. Sie müssen via Datentransfer in eine Planungssoftware importiert werden (Abb. 8). Hier sind in mehr als 20 Jahren einige Planungswege entstanden, die sich konsequent weiterentwickelt haben: ­Module wie Simplant, CoDiagnostix, Med3D, Smop und weitere haben hier wichtige (Vor-)Arbeit geleistet.
Heute haben sich diese 3-D-Planungsmedien mehrheitlich an Implantathersteller gebunden. Diese engen Verknüpfungen haben dazu geführt, dass einzelne Kombinationen zu guten bis sehr guten klinischen Ergebnissen führen.
Einen ganz anderen Weg hat die Firma Megagen eingeschlagen. Mit R2Gate hat der Implantatanbieter eine Plattform geschaffen, die sich auch für Implantatsysteme anderer Hersteller öffnet. Mit der Planungsplattform ist es vorhersagbar möglich, auch sehr komplexe Fälle zu managen, zu planen und konsequent drei­dimensional für die Chirurgie handhabbar zu gestalten (Abb. 9 und 10).
Um mit dem R2Gate-System arbeiten zu können, müssen nur ein paar vorbereitende Maßnahmen ergriffen werden. Mithilfe von Abformungen/Intraoralscans und der 3-D-Aufnahme unter Einsatz eines speziellen Tray-Löffels wird gewährleistet, dass in der Planungsphase die 3-D-Bilder des DVTs mit den Bildern des Modellscans gematched werden können. Diese vorbereitenden Abläufe sind für die spätere Planung unerläßlich. Diese Vorgänge können an ein R2Gate-Planungs-center delegiert werden. Dort stehen den Anwendern Experten zur Seite, mit deren Erfahrung und Hilfe auch schwierige Patientenfälle zuverlässig geplant und gelöst werden können.

Danach erfolgt die virtuelle 3-D-Planung, die ausschließlich unter prothetischen Gesichtspunkten und online via Teamviewer oder mittels Computer-/iPAD-basierter R2Gate-Planungssoftware erfolgen kann. Hierbei werden die späteren prothetischen Rekonstruktionen als Set-up eingeblendet und die Implantate anhand dieser Vorgaben platziert. Aus dieser Position heraus generiert die Planungssoftware für den Implantologen die spätere Bohr-/Guide-Schablone (siehe Abb. 10).

Chirurgische Umsetzung und prothetische Versorgung
Musste man als Implantologe bislang häufig auf Komplikationen innerhalb einer OP vorbereitet sein, so kann man nun davon ausgehen, dass ein Implantateingriff mit exakt geplanter Guide-Schiene eine sehr sichere Angelegenheit wird. Im Grunde reduziert dieses 3-D-Planungsprozedere den zeitlichen operativen Aufwand in der OP und natürlich auch das Risiko für den Patienten. Vergessen darf man aber an dieser Stelle nicht die Tatsache, dass die zeitliche Reduktion intraoperationem durch viel Zeit für die präoperative Planung kompensiert wird. Am Ende ist es ein „Nullsummenspiel“: Der Implantologe spart während des OP-Eingriffs Zeit, die jedoch für die Planung im Vorfeld einer OP investiert werden muss. Diese Tatsache sollte logistisch berücksichtigt werden. Umso wichtiger ist es für den sorgfältigen Implantologen, das Follow-up seiner prä-, intra- und postoperativen Timetable zu koordinieren. Zeitmanagement und der Teamapproach mit dem Zahntechniker sind hierbei essenziell und mehr denn je gefragt.
Mit den 3-D-Guide-Schablonen können nun komplexe Implantat-Rehabilita­tionen vorhersagbar gelöst werden. Der Implantologe erhält nach der Planungssession mit dem R2Gate-Center neben der eigentlichen Guide-Schablone auch die notwendigen Planungsprotokolle (siehe Abb. 10) und die benötigten Guide-­Bohrer nebst Bohrer-Box (Abb. 11); sogar passende Abutments oder eine im 3-D-Druck hergestellte (provisorische) Versorgung kann mitbestellt und zur OP geliefert werden.

In Abbildung 10 erkennt man die präoperative Planung aller Implantate, inklusive der ortsständigen Knochenqualität, sowie die Position für die Ankerpins. Die mitgelieferte Guide-Schablone ist nun im normalen Heißluftsterilisator vom Team in der zahnärztlichen Praxis unbedingt vor dem chirurgischen Eingriff zu sterilisieren.

Wie präzise sind nun unsere Guide-Schablonen? Je nach Schablonensystem erhalten wir Genauigkeiten in einem Bereich von 0,3 bis 0,8 mm. Diese 3-D-Schienen besitzen den Vorteil, dass sie in den meisten Fällen auch über einen vertikalen Tiefenstopp verfügen. Das schafft auch für die Implantatlänge eine hohe Präzision, die es erlaubt, die Bohrung bis auf 1,5 bis 2 mm an sensible Strukturen, zum Beispiel den Nervus alveolaris inferior, anzunähern (Abb. 13).
Währenddessen die klassische All-on-X-Versorgung immer eine distal angulierte Implantatstellung postuliert, die je nach System mit mehr oder weniger schlecht zugänglichen Putzräumen gerade im distalen Bereich verknüpft ist, bietet das Anyridge-Implantatsystem (Megagen) gerade bei dieser Versorgungsart Vorteile. Aufgrund seiner Varianz von sieben Implantatlängen von 5,5 bis 15 mm und zehn Durchmessern (3,5 bis 8,0 mm) können in mehr als 90 Prozent aller klinischen Fälle die distalen Implantate als kurze aber achsenparallele – also senkrecht zur Okklusalfläche – ­Pfeiler geplant und positioniert werden. Die klinischen Vorteile liegen dabei auf der Hand.
Diese klinische Varianz des Implantatsystems erleichtert dem Chirurgen im OP-Einsatz das Leben ungemein. Vier, fünf oder sechs Implantate lassen sich deutlich einfacher inserieren, wenn sie parallel zueinander positio­niert werden können. Anhand eines klinischen Patientenfalls wird mittels ­All-on-6-Konzeption sehr plausibel gezeigt, wie dieses modifizierte All-on-X-Konzept auf Anyridge-Implantaten funktioniert (Abb. 14).

Warum festsitzendm und warum sofortversorgt?
Ein zentraler Punkt, der die Entscheidung für die komplexe Art der Sofortversorgung immer wieder beflügelt, ist: Es gibt keine zahnlose unversorgte Übergangsphase für den Patienten. Zudem ist aufgrund der vorhersagbar präzisen Implantationsmethoden das Verfahren mit einer Sofortimplantation und abschließender Sofortversorgung am Tag der Extraktion die klinisch zuverlässigste Möglichkeit, Implantatverluste zu vermeiden. Erfahrene Implantologen fürchten genau die Situationen, in denen Implantate in frische Extraktionsalveolen (Immediate-­Placement-Verfahren) oder in einen Knochentyp geringer Dichte (Typ-III oder Typ-IV) inseriert und anschließend auf die einheilenden Implantate unkontrollierte Kaukräfte durch bewegliche Deck- oder Teilprothesen übertragen werden. Dies kann zu einer leichten Implantat­einheilungskomplikation bis hin zum Verlust der Osseointegraton und damit dem Verlust des Implantats führen. Somit sollten derartige unkontrollierbare Situationen unbedingt vermieden werden.

Ein weiterer interessanter Patientenfall demonstriert die Kompensation gleich mehrerer Risikofaktoren (Abb. 15). Der Fall demonstriert die perfekte Symbiose aus: Umsetzung einer komplexen Planung, Ausheilung parodontaler Defekte nach multipler Zahnextraktion und Sicherstellung der Kaufunktion sowie der Osseointegration durch prothetisch ­positionierte Implantate.
Um intraoperativ die Möglichkeit zur Sofortversorgung zu verifizieren, bedarf es der konsequenten Anwendung des Resonanz-Frequenz-Analyseverfahrens. Mithilfe dieser berührungsfreien Messmethode gelingt es, die Stabilität der Implantate hinsichtlich axialer Belastungen zu evaluieren. Viele Implantologen wählen als einzige Methode zur Verifizierung ihrer Implantatstabilitäten das beim Eindrehen der Implantate gemessene Drehmoment (Ncm). Diese Eindrehkraft ist einerseits eine rein rotatorische Kraft, die wenig hinsichtlich der axialen Belastbarkeit der frisch inserierten Implantate aussagt. Andererseits läßt sich dieses Drehmoment ab einer gewissen Größenordnung nur noch schwer messen (> 50 Ncm).
Die Resonanz-Frequenz-Analyse (RFA) wird mittels spezieller kleiner Eindreh­abutments (Smart-Pegs) validiert und besitzt einen wissenschaftlichen Background für die Aussagen zur Implantatstabilität und -belastbarkeit. Somit erscheint dieser ISQ-Wert sehr repräsentativ, um frühzeitig eine Aussage hinsichtlich der Implantatstabilitäten des jeweiligen Patientenfalls zu generieren (Abb. 16).
Aufgrund seines Knife-Thread-Designs (Messerschneiden-Design) erfährt das Anyridge-Implantat in der Regel hohe Eindrehkräfte und damit gute Primärstabilitäten. Selbst im sehr weichen Knochentypus funktioniert das selbstschneidende Design dieses Implantatsystems. Hiermit erfährt der Chirug nach der Implantatinsertion in der Regel verläßlich gute ISQ-Werte.

Klinische Erfahrung und Fazit
Die Kombination aus 3-D-Diagnostik, 3-D-Planung und 3-D-gestützter Guided-Surgery eröffnet uns Implantologen die Möglichkeit, sichere klinische Konzepte zu entwickeln, die unseren Patienten klinische, ökonomische und wirtschaftliche Vorteile bieten. Unseren Patienten geht es damit wunderbar; sie lieben diese Sofortversorgungskonzepte und halten sich 100-prozentig an die Vorgaben: Zwei Wochen kein Abbeißen, die nächsten zwei Wochen nur weiche Kost kauen. Erst danach können wir sicher sein, dass den Implantaten in der Einheilphase nichts Traumatisches widerfährt.
Und: Wir haben mit der Resonanz-Frequenz-Analyse ein Tool zur Verfügung, das uns – im Sinne eines QM-Managements – regelmäßig die Möglichkeit zur Validierung unserer klinischen Abläufe ermöglicht. Ein typischer ISQ-Value-Verlauf mit den bereits genannten Anyridge-Implantaten im Knochen-Typ II/II ist:
Messung nach Implantatinsertion: ISQ 75–78
Messung nach sechs Wochen mit ­Sofortversorgung: ISQ 78–82
Messung nach sechs Monaten mit Sofortversorgung: ISQ > 82

Damit können wir uns dem Thema Sofortversorgungskonzept entspannt nähern. Die Diagnostik mittels DVT-basierter Knochenanalyse funktioniert nachhaltig gut. Die 3-D-Planungsmodule, die sich auf DICOM-Daten stützen, stehen für Systemorientierung und Abstimmung. Hier sind die offenen Planungsplattformen wie R2Gate zu empfehlen. Sie sind systemunabhängig, hochpräzise und so interaktiv, dass sowohl Implantologie-Einsteiger als auch erfahrene Implantologen davon profitieren.
Letztlich entscheidet nicht nur das geeignete Planungsmodul über den Erfolg, sondern vor allem das geeignete Implantat am richtigen Ort im Kieferknochen des Patienten. Implantologie-Einsteigern kann eine derartige Planungsplattform zahlreiche Hilfen bieten, um trotz fehlender Erfahrung im Umgang mit komplexen Patientensituationen ein solides und nachhaltiges Ergebnis anzusteuern.
Die digitalen Entwicklungen sind nicht aufzuhalten. Somit werden wir die Zahnmedizin im Allgemeinen und die Implantologie im Besonderen weiter voranbringen und lernen (müssen), diese neuartigen Tools und digitalen „Assistenzen“ für uns und unsere Patienten gewinnbringend einzusetzen beziehungsweise anzuwenden.

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