Fachbericht

Themen & Materialien

19.10.21

Endlich Durchblick – wissen, wie’s geht!

Befestigung: Verfahren und Materialien

Befestigungs­­materi­a­lien

Annett Kieschnick, Dr. Philipp Eigenwillig, Dr. Rebecca Jungbauer, PD Dr. Anja Liebermann MSc, Prof. Dr. Dipl.-Ing. Bogna Stawarczyk MSc

01 – Eine Auswahl an Befestigungsmaterialien für die adhäsive Befestigung

Mit der stetigen Zunahme an dentalen Werkstoffen im Bereich der festsitzenden Restaurationen steigen die Anforderungen an Befestigungsmaterialien und an deren Handhabung. Nachdem lange Zeit hauptsächlich Zinkphosphat- oder Glasionomerzemente für das Eingliedern prothetischer Restaurationen zur Verfügung standen, gibt es heute zahlreiche Möglichkeiten und Materialien. Provisorisch befestigt, zementiert, selbstadhäsiv oder adhäsiv befestigt – die Vielfalt und deren Kombinationsmöglichkeiten sind groß. Essenzielle Faktoren für ein langzeitstabiles Ergebnis sind fundiertes Wissen über Befestigungsmaterialien, deren Einsatzmöglichkeiten und mechanische sowie chemische Vorbehandlungsschritte von Zahnhart­substanz und Restaurationsinnenfläche. Frage trifft Antwort – um die Praxisrelevanz und den Leser-/Anwendernutzen des Beitrags zu erhöhen, stellt sich das Autorenteam einigen grundlegenden Fragen aus dem klinischen Alltag und beantwortet diese mit werkstoffkundlichen Fakten.

Was wird womit und wie befestigt? Glaskeramik-Veneer, Zirkonoxid-Brücke, VMK-Restauration, selbstadhäsiver oder konventioneller Befestigungskomposit, traditioneller Befestigungszement – die zuverlässige Befestigung dentaler Restaurationen erfordert ein hohes Fachwissen auf dem Gebiet der Werkstoffkunde. Die Wahl des Restaurationswerkstoffs, die Präparation der Pfeilerzähne, die Vorbehandlung der Zahnhartsubstanz und des Restaurationswerkstoffs sowie die Wahl des Befestigungsmaterials obliegen Regeln, die auf werkstoffkundlichen Grundlagen basieren. Diesem vielschichtigen Thema widmen sich dieser Beitrag und im Detail das Curriculum Befestigung, das im Jahr 2020 vom Verlag teamwork media in Zusammenarbeit mit der Werkstoffkundeabteilung der Poliklinik für Zahnärztliche Prothetik der LMU erstmals angeboten wird. In Theorie und Praxis werden innerhalb von vier Modulen alle Aspekte umfassend dargestellt.

  1. Befestigung – ein allgemeiner Überblick
    – Welche Befestigungsmaterialien können im Allgemeinen unterschieden werden?
    – Traditionelle Zemente
    – Zinkphosphatzemente, Carboxylat­zemente, Silikatzemente, Glasiono­merzemente
    – Kunststoffmodifizierte Glasionomerzemente und Kompomere
    – Adhäsive Befestigungsmaterialien
    – Konventionelle Befestigungskomposite auf Monomerbasis (zum Beispiel auf Bis-GMA-, TEGDMA- oder auf UDMA-Basis)
    – Selbstadhäsive Befestigungsmaterialien mit multifunktionellen Phosphormethacrylaten, zum Beispiel Phosphorsäureester, Carbonsäure oder Aminosäurederivate.

Was ist der grundlegende Unterschied zwischen dem Zementieren und dem adhäsiven Befestigen?
Zementieren: formschlüssiger Verbund
Beim Zementieren werden Restauration und Zahnhartsubstanz durch das Abbinden eines Zements mechanisch/formschlüssig miteinander verbunden. Grundsätzlich wird ein sogenannter Formschluss durch das Ineinandergreifen zweier Objekte oder durch das Einbringen eines Verbindungselements erreicht. Bei der Zementierung dentaler Restaurationen erfolgt der Formschluss über eine Art „Verkeilung“, weshalb eine retentive Präparation notwendig ist. Dabei spielen die Rauheit der Restaurationsoberfläche, die Passung sowie der Konvergenzwinkel und die Stumpfhöhe des Pfeilers eine entscheidende Rolle.

Merke: Theoretisch können Einzelzahn-Restaurationsmaterialien ab einer Festigkeit von 350 MPa zementiert werden, wobei es jedoch Indikationseinschränkungen und Nachteile gibt.

Adhäsive Befestigung: kraftschlüssiger Verbund
Bei der adhäsiven Befestigung polymerisiert ein Befestigungskomposit und bindet chemisch/physikalisch an die Restauration und die Zahnhartsubstanz. Der kraftschlüssige Verbund wird durch eine Art Haftreibung erzielt. Bei der adhäsiven Befestigung dentaler Restaurationen spielt die Präparationsgeometrie eine untergeordnete Rolle. Das retentive Ätzmuster entsteht durch die Vorbehandlung der Restaurationsoberfläche.

Merke: Eine adhäsive Befestigung kann die Gesamtstabilität der prothetischen Versorgung steigern und ist bei Restaurationsmaterialien mit geringen Festigkeiten (< 350 MPa, zum Beispiel Leuzitkeramik) zwingend notwendig. Grundsätzlich können auch keramische Restaurationen mit höherer Festigkeit wie Zirkonoxid adhäsiv befestigt werden.

Nach welchen Kriterien sollte das Befestigungsmaterial ausgewählt werden?
Wichtiges Kriterium für die Auswahl ist die Stabilität beziehungsweise die Biegefestigkeit des Restaurationsmaterials. Restaurationsmaterialien mit Festigkeiten < 350 MPa (wie Leuzitkeramik) können beispielsweise nur adhäsiv eingegliedert werden. Doch auch andere Kriterien gilt es in die Entscheidung einzubeziehen, zum Beispiel ästhetische Anforderungen (hohe Ästhetik = adhäsive Befestigung), Pfeilergeometrie und Präparationsform (Stumpfhöhe < 4 mm oder stark konische Präparation = adhäsive Befestigung), Möglichkeiten der Trockenlegung (keine Trockenlegung möglich = Zementieren), Ausdehnung des Zahnhartsubstanzdefekts und etwaige Unverträglichkeiten seitens des Patienten. Im klinischen Alltag fällt die Auswahl durch die Vielzahl der angebotenen adhäsiven Befestigungsmaterialien oft schwer (Abb. 1).

Welche Befestigungsmaterialien dienen dem Zementieren?
Verwendet werden Zemente, deren Hauptbestandteile Zinkoxid oder fluorhaltiges Aluminium-Silikatglas in Kombination mit verschiedenen Säuren oder Phenolen sind, zum Beispiel Zinkoxideugenolzement, Zinkphosphatzement oder Glasionomerzement. Die Zemente „verkeilen“ die Restauration am Zahn.

Welche Befestigungsmaterialien werden für die adhäsive Befestigung verwendet?
Für die adhäsive Befestigung stehen Befestigungskomposite – sogenannte methacrylatbasierte Systeme – zur Verfügung, die in einer radikalischen Polymerisation aushärten. Sie bestehen aus einer Monomermatrix, die mit anorganischen Füllstoffen verstärkt ist. Chemische Zusammensetzung, Füllkörpergehalt und Initiatorsystem beeinflussen die mechanischen und optischen Eigenschaften der Befestigungskomposite sowie deren Handling und die Qualität. Untergliedert werden können adhäsive Befestigungsmaterialien nach der Art der Polymerisationsreaktion in: lichthärtend, dualhärtend und chemisch härtend.
Zur Anbindung an die Zahnhartsubstanz werden auf das Befestigungsmaterial abgestimmte Adhäsivsysteme benötigt. Bei einem Mehrschrittsystem sind das Primer und Bonder, je nach Zusammensetzung teilweise nach oder sogar ohne Ätzung der Zahnhartsubstanz mittels Phosphorsäuregel.

Kurz gefragt: Wofür dient das Phosphorsäuregel?
Die Phosphorsäure dient im Rahmen der adhäsiven Befestigung dem Ätzen der Zahnhartsubstanz für die Vergrößerung der Oberfläche respektive das Entstehen einer mechanischen Retention (Ätz­­­­mus­ter).

Kurz gefragt: Welche Funktion hat der Primer?
Der Primer ist ein Bestandteil des adhäsiven Befestigungssystems. Er hat die Aufgabe, an die Zahnsubstanz zu binden. Um dies zu gewährleisten, benetzt der Primer die geätzte und gereinigte Zahnoberfläche, dringt in die freigelegten Dentintubuli und das Kollagennetzwerk und reagiert mit der Zahnhartsubstanz. Manche Primer-Materialien beinhalten bereits saure Monomere, wodurch das Ätzen mit Phosphorsäure entfällt. Zudem werden Primer verwendet, um einen adhäsiven Verbund zum Restaurationswerkstoff herzustellen. Diese Primer beinhalten bei Silikatkeramiken Silane und bei Oxidkeramiken phosphorsäurehaltige Monomere (wie MDP).

Kurz gefragt: Welche Funktion hat der Bonder?
Auch der Bonder ist ein Bestandteil des adhäsiven Befestigungssystems (Mehrschrittsystem). Es handelt sich um ein dünnflüssiges Befestigungskomposit aus Dimethacrylaten geringer Molmasse. Der Bonder bindet auf einer Seite an den Primer und auf der anderen Seite an das Befestigungskomposit.

Welche Alternative gibt es, wenn eine adäquate Trockenlegung für das adhäsive Einsetzen der Restauration nicht möglich ist?
Kann bei subgingival liegenden Präparationsgrenzen eine absolute Trockenlegung nicht garantiert werden, erfolgt eine relative Trockenlegung, zum Beispiel mittels Watterollen und gegebenenfalls bukkal platzierten Parotiskissen. Bei einer relativen Trockenlegung sollten selbstadhäsive Befestigungskomposite bevorzugt werden, sofern es die Indikation erlaubt.

Was ist die Besonderheit selbstadhäsiver Befestigungskomposite?
Selbstadhäsive Befestigungskomposite wurden entwickelt, um die Behandlungsschritte und somit den Aufwand beim Einsetzen von Restaurationen zu verringern. Selbstadhäsive Befestigungsmaterialien enthalten modifizierte Dimetha­crylate mit sauren Gruppen, zum Beispiel Carboxylatgruppen, Phosphorsäureester oder MDP. Die sauren Gruppen gehen mit den Kalzium-Ionen im Hydroxylapatit der Zahnhartsubstanz eine chemische Bindung ein und demineralisieren die Zahnhartsubstanz in einem Schritt. Daraus resultiert der chemische Verbund des Kunststoffnetzwerks an der Zahnhartsubstanzoberfläche. Eine zusätzliche Ätzung ist theoretisch nicht erforderlich. Allerdings zeigen sich durch die selektive Ätzung der Schmelzareale mit Phosphorsäure meist höhere Haftwerte.

Merke: Selbstadhäsive Komposite sind nicht in der Lage, konventionelle Befestigungskomposite ausnahmslos zu ersetzen. Zudem erfordern sie ein ausreichend retentives Präparationsdesign und eine gute Passgenauigkeit der Restaurationen.

  1. Befestigung von keramischen Restaurationen
    Keramische Dentalmaterialien haben in den vergangenen Jahren eine erhebliche Entwicklung erfahren. Unter anderem hat die CAD/CAM-Fertigung einen großen Anteil an der weiten Verbreitung von Vollkeramiken. Sowohl Silikatkeramiken (zum Beispiel Lithiumsilikatkeramik) als auch Oxidkeramiken (zum Beispiel Zirkonoxid) können dieser Gruppe zugeordnet werden. Zur Gewährleistung einer stabilen und dauerhaft erfolgreichen Restauration spielt die intraorale Befestigung und die damit verbundene Vorbehandlung der Materialoberfläche sowie der Zahnsubstanz eine entscheidende Rolle. Die korrekte Befestigung obliegt verschiedenen Kriterien, die hauptsächlich von der Werkstoffkunde bestimmt werden.

Nach welchen Kriterien lassen sich moderne keramische Restaurationsmaterialien einteilen und welchen Einfluss haben die werkstoffkundlichen Unterschiede auf die Befestigung?
Dentalkeramiken können nach ihrer Zusammensetzung (Basis) eingeteilt werden in Silikatkeramiken (zum Beispiel Leuzitkeramik, Lithiumsilikatkeramik) und Oxidkeramiken (zum Beispiel Zirkon­oxid).
Die werkstoffkundlichen Unterschiede der Keramiken bestimmen auch die Wahl des Befestigungskonzepts. Wesentlicher Punkt ist die Biegefestigkeit. Voraussetzung für das Zementieren ist eine Biegefestigkeit von mehr als 350 MPa. Silikatkeramiken auf Feldspatbasis (circa 60 bis 80 MPa) beziehungsweise Leuzit-verstärkte (circa 90 bis 120 MPa) haben eine niedrigere Biegefestigkeit und müssen daher zwingend adhäsiv befestigt werden.

Wann sollte eine keramische Restauration adhäsiv eingegliedert werden?
Sobald die Biegefestigkeit des Restaurationsmaterials unter 350 MPa liegt, sollte eine adhäsive Befestigung durchgeführt werden. Darüber hinaus spielt das Präparationsdesign des Pfeilerzahns eine entscheidende Rolle. Bei einer Stumpfhöhe von weniger als 4 mm und einem Konvergenzwinkel von mehr als 6° bis 15° sollte die Restauration stets adhäsiv befestigt werden. Ebenfalls wird empfohlen, bei allen keramischen Brücken eine adhäsive Befestigung zu bevorzugen.

Adhäsiv befestigt oder zementiert – Was sind die Vor- und Nachteile?
Bei der adhäsiven Befestigung wird durch den Klebeverbund die Restzahnhartsub­stanz stabilisiert. Da keine mechanischen Retentionen erforderlich sind, kann die Präparation defektorientiert und minimalinvasiv erfolgen. Adhäsive Befestigungsmaterialien bieten eine gewisse Transluzenz und sind in verschiedenen Zahnfarben verfügbar. Daher können sie in gewissem Maße die Farbgebung der Gesamtrestauration mitbeeinflussen. Als Nachteile sind das „knifflige“ Handling und die reduzierte Anwenderfreundlichkeit sowie die geringe Feuchtigkeitstoleranz anzumerken. Hingegen ist das Zementieren sehr anwenderfreundlich. Doch während die präzise Passung der Restauration bei der adhäsiven Befestigung weniger relevant ist, verlangt die Zementierung nach einer hervorragenden Passgenauigkeit, um eine Art „Verkeilung“ zu gewährleisten. Auch hinsichtlich der Ästhetik sind Einschränkungen zu nennen. Zemente sind in der Regel opak. Gerade bei transluzenten keramischen Restaurationen kann die Farbgebung durch das Zementieren negativ beeinflusst werden, was insbesondere im Frontzahnbereich bedacht werden sollte.

Kann eine Restauration aus einer transluzenten Zirkonoxid-Keramik adhäsiv befestigt werden?
Ja, Zirkonoxid-Restaurationen können – und sollten in vielen Fällen – adhäsiv befestigt werden. Dies ist unabhängig von der jeweiligen Zirkonoxid-Generation. Zu beachten ist allerdings die entsprechende Oberflächenmodifikation vor dem Einsetzen. Zirkonoxid weist eine schlechte Benetzbarkeit* auf, weshalb die Restaurationsoberfläche modifiziert werden sollte (zum Beispiel durch Silikatisieren, sanftes Korundstrahlen oder eine Plasmavorbehandlung). Die Abbildungen 2 bis 4 stellen beispielhaft die schrittweise mechanische und chemische Vorbehandlung einer Zirkonoxid-Restauration dar.

  • Benetzbarkeit beschreibt das Verhalten von Flüssigkeiten unterschiedlicher Viskosität an Werkstoffoberflächen. Die Benetzung ist abhängig von der Oberflächenspannung und der Rauigkeit.

Merke: Zirkonoxid-Restaurationen für die adhäsive Befestigung sollten nicht mit Phosphorsäure gereinigt werden. Die für den chemischen Verbund notwendigen O²-Stellen würden sonst vorzeitig mit Phosphorgruppen belegt werden, sodass kein Verbund zwischen Zirkonoxid und Befestigungsmaterial mehr entstehen kann. Es wird empfohlen, Zirkonoxid-Restaurationen im Ultraschall mit Alkohol oder destilliertem Wasser gründlich zu reinigen.

Wie werden silikatkeramische Materialien vor dem adhäsiven Einsetzen vorbereitet?
Jede Restaurationsoberfläche ist für eine sichere, langzeitstabile Befestigung mechanisch sowie chemisch vorzubehandeln. Hieraus ergibt sich eine mikroretentive Oberflächenvergrößerung als Basis für die Befestigung. Die Oberflächenvergrößerung für das mechanische Haften bei glasbasierten Keramiken wird idealerweise durch eine Flusssäure-Ätzung erzielt.

Merke: Je nach Silikatkeramik (Leuzitkeramik versus Lithiumsilikatkeramik) können die Ätzzeiten variieren. Hier sind die Vorgaben der Hersteller zu beachten.

Als Alternative zur Flusssäureätzung können säurehaltige Adhäsivsysteme verwendet werden. Die Applikation erfolgt in einem Schritt und ist daher effektiver und schneller.

Labor oder Praxis – wo sollte die Oberflächenvorbehandlung erfolgen?
Die Oberflächenvorbehandlung der keramischen Restauration – Ätzen beziehungsweise Strahlen – sowie das Konditionieren mit dem Adhäsivsystem sollten am besten direkt in der Praxis unmittelbar vor der eigentlichen intraoralen Befestigung stattfinden. Sowohl Zahnarzt als auch Zahntechniker beherrschen diese wichtige Arbeit. Wie immer gilt: Es bedarf einer guten Absprache innerhalb des Behandlungsteams. Eine Vorbehandlung im Anschluss an die gründliche Reinigung nach der intraoralen Einprobe gilt als der sicherste Weg zum dauerhaften Verbund.

Wie wird die Zahnoberfläche für eine adhäsive Befestigung vorbereitet?
Grundsätzlich gilt, dass ohne die effektive Vorbehandlung der Zahnhartsubstanz kein dauerhafter adhäsiver Verbund zwischen Zahnoberfläche und Restauration möglich ist. Bewährt hat sich die Säure-Ätz-Technik mit 37%iger Phosphorsäure. Ziel der Ätzung ist allgemein eine Oberflächenvergrößerung und eine Entfernung – teils auch Modifikation – der Schmierschicht. Es gibt verschiedene Ätzstrategien:

  • Etch-and-Rinse (ätzen und spülen),
  • Selective-Etching (selektive Ätzung),
  • Self-Etching (selbstätzend).

Etch-and-Rinse-Systeme entfernen durch die Phosphorsäure die Schmierschicht komplett. Durch das Ätzen mit Phosphorsäure wird auf der Zahnhartsubstanz eine retentive Oberfläche erzielt. Self-Etch-Systeme beinhalten saure Monomere. Diese entfernen die Schmierschicht nicht vollständig, sondern machen sie durchlässig beziehungsweise bauen sie in die Hybridschicht ein. Die Schmelz- und die Dentinätzung unterscheiden sich in ihrer Funktionsweise, vor allem auch in den Ätzzeiten. Grundsätzlich ist der Verbund an Dentin aufgrund der hydrophilen Oberfläche schwieriger zu erzielen als an Schmelz. Dem Dentinätzen folgt die Infiltration des freigelegten Kollagengeflechts und der Dentintubuli mit Adhäsivsystemen, die die Oberfläche hydrophobisieren und die Bindung an das Befestigungskomposit ermöglichen (Abb.  5). Eine spezielle Anwendung des Etch-and-Rinse-Verfahrens ist die selektive Schmelzätzung (Selective-Etching) mit abschließender gründlicher Entfernung des Materials. Bei selbstadhäsiven Befestigungsmaterialien (Self-Etching) kann auf eine Dentinvorbehandlung verzichtet werden. Jedoch kann eine Vorbehandlung durch selektive Schmelzätzung die Haftung erhöhen.

… und für die Zementierung?
Wird eine Restauration zementiert, muss die Zahnoberfläche in der Regel nicht konditioniert werden. Zum Schutz kann das pulpanahe Dentin mit einem Calciumhydroxid-Liner abgedeckt werden.

Merke: Der präparierte Zahn sollte vor der Befestigung nicht übertrocknet werden, um Hypersensibilitäten zu vermeiden.

Ist es möglich, eine Zirkonoxid-Restauration provisorisch zu befestigen?
Ja, theoretisch ist das möglich. Soll die Restauration später adhäsiv eingegliedert werden, sind für das provisorische Einsetzen eugenolfreie temporäre Befestigungsmaterialien zu verwenden. Für eine intraorale Einprobe von adhäsiv zu befestigenden transluzenteren Zirkonoxid-Restauration sollten, wie bei Silikatkeramiken auch, entsprechende Try-In-Pasten verwendet werden. Alternativen wie Vaseline oder Silikone sind ungeeignet, denn sie können das Ergebnis der Befestigung negativ beeinflussen. Zudem können sie die entsprechende „Farbe“ des eigentlichen Befestigungsmaterials nicht imitieren – im Gegensatz zu Try-in-Pasten.

Wie sollte die Befestigungsfuge nach der Eingliederung idealerweise ­gesäubert werden?
Zunächst ist auf die Wichtigkeit der Versäuberung hinzuweisen. Überschüsse der Befestigungsmaterialien müssen gründlich entfernt werden, um Entzündungen des marginalen Parodonts zu vermeiden. Bei der Zementierung erfolgt die Reinigung der Fuge nach der vollständigen Aushärtung mit einer Sonde oder einem Scaler. In approximalen Bereichen ist das Versäubern mit Zahnseide unumgänglich. Bei der adhäsiven Befestigung kann die Reinigung auf zwei verschiedenen Wegen erfolgen, wobei die Step-by-Step-Vorgehensweise auch vom jeweiligen Befestigungsmaterial (autopolymerisierend oder dualhärtend) abhängig ist. Einerseits kann das überschüssige Befestigungsmaterial nach einer kurzen Abbindephase – gegebenenfalls mittels kurzer Lichthärtung – mit dem Scaler abgesprengt beziehungsweise abgeschält und andererseits alternativ vor der Polymerisation mit einem Schaumstoffpellet entfernt werden. Um Gingivitiden vorzubeugen, ist eine gründliche abschließende Kontrolle der Befestigungsfuge auf mögliche Materialreste nach dem finalen Aushärten dringend zu empfehlen. Abb. 6 bis 8 veranschaulichen die Vorbereitung der Restaurationsinnenfläche mit Befestigungskomposit bis hin zur initialen Lichthärtung vor der finalen Säuberung der Befestigungsfuge.

  1. Befestigung von polymer­basierten Restaurationen
    Hochleistungspolymere sind im Anmarsch! Durch die industrielle Polymerisation dieser Werkstoffe werden die mechanischen Eigenschaften erhöht und die freien Kohlenstoff-Kohlenstoff-Doppelbindungen an der Oberfläche reduziert. Die höhere Konversionsrate erschwert das dauerhafte adhäsive Kleben der Polymerrestaurationen, da die Befestigungsmaterialien nicht ohne gezielte Vorbehandlung und Konditionierung der Oberfläche haften können. Insbesondere die Befestigung von Restaurationen aus monomerfreien Thermoplastmaterialien der Gruppe PAEK beziehungsweise deren Konditionierung bedarf fundiertem werkstoffkundlichem Grundwissen.

Wie kann man Hochleistungspolymere einteilen?
Zu den wichtigsten und am meisten eingesetzten CAD/CAM-Hochleistungspolymeren zählen PMMA-Kunststoffe, Komposite und Polyaryletherketone (PAEK). Für eine adhäsive Befestigung benötigt jeder dieser Werkstoffuntergruppen eine gezielt gewählte Vorbehandlung und Konditionierung der Restauration. Es ist wichtig, dass der Zahnarzt vor dem Einsetzen der Restauration die Werkstoffuntergruppe kennt, um das richtige Befestigungsprotokoll zu wählen. ­PMMA-Kunststoffe benötigen teils andere Adhäsivsysteme als Komposite.

Wie können Polymere vor der ­Befestigung gereinigt werden?
Polymere sollten generell nicht mit Alkohol (Ethanol, Methanol, Aceton) gereinigt werden. Die PMMA-Kunststoff- und Kompositoberfläche kann vom Alkohol angegriffen werden und dadurch die Res­tauration milchiger erscheinen lassen. Zugleich wird die polierte Oberfläche angegriffen und die Plaqueakkumulation auf der Restaurationsoberfläche verstärkt. PMMA- und Kompositrestaurationen sollten im Ultraschall im Wasserbad gereinigt werden. Hingegen kann zwar bei PAEK-Werkstoffen Alkohol zur Reinigung verwendet werden, allerdings sollten die Lagerungszeiten im Alkohol nicht länger als fünf Minuten betragen. Eine Sterilisation im Autoklaven bei 134°C kann bei allen Hochleistungspolymeren vorgenommen werden. Es ist zu bedenken, dass Polymere aufgrund der geringeren Härte und des geringeren E-Moduls im Vergleich zu Keramiken oder Legierungen empfindlich sind. Daher ist eine Nachpolitur der Oberfläche bereits nach wenigen Monaten in situ notwendig.

Müssen Hochleistungspolymere ­immer adhäsiv eingesetzt werden?
PMMA-Kunststoffe sind für permanente Restaurationen kontraindiziert, sollten jedoch bei der Verwendung als Langzeitprovisorium adhäsiv eingesetzt werden. PMMA zeigt einen E-Modul von circa 2 GPa. Bei einer adhäsiven Befestigung wird die Restauration durch das Befestigungskomposit zusätzlich stabilisiert (Abb. 9).

Durch den geringen E-Modul kann eine provisorisch befestigte Restauration eventuell debonden. Für eine dauerhafte Lösung sollten Hochleistungspolymere immer adhäsiv befestigt werden.

Welche Oberflächenvorbehandlung vor der Befestigung hat sich bei ­Hochleistungspolymeren bewährt?
Es ist wichtig, dass die Restaurations­innenfläche vor der Befestigung gereinigt, die Benetzbarkeit und somit die Oberflächenspannung optimiert und eine retentive Oberfläche geschaffen werden.

All diese drei Punkte werden bei Polymeren durch Korundstrahlen mit Aluminiumoxid (mittlere Partikelgröße von 50 µm) erreicht (Abb. 10 und 11).

Es ist wichtig, dass die Restauration stets in 45° mit einem Abstand von circa 10  mm korundgestrahlt wird. Bei PMMA-Kunststoffen und Kompositen sollte der Druck nicht höher als 1 bar sein, da diese Werkstoffe einen hohen Abtrag aufweisen. Ein zu hoher Druck und das zu lange Strahlen kann die Passung der Restauration stark beeinträchtigen und die Ränder zerstören. Bei den Thermoplasten der Polyaryletherketon (PAEK)-Gruppe hingegen wird beobachtet, dass durch die Erhöhung des Strahldrucks eine dauerhafte Einbettung der Aluminiumoxidpartikel stattfindet. Diese ist vorteilhaft für die Befestigung, da das Adhäsivsystem zusätzlich an den Aluminiumoxidpartikeln binden kann.

Bei welchen Restaurationswerkstoffen können MMA-haltige Adhäsivsysteme eingesetzt werden, um einen dauerhaften Verbund zu erzielen?
MMA-Monomere sind in zahlreichen Bondern und Universaladhäsivsystemen enthalten. Bei der Befestigung einer PMMA- oder PAEK-Restauration sind diese Monomere für den dauerhaften chemischen Verbund zuständig. Komposite benötigen nicht zwingend MMA-Monomere im Adhäsivsystem (Abb. 12).

Sind Silane beim Befestigen von Kompositrestaurationen notwendig?
Komposite bestehen aus einer Monomermatrix und Füllstoffpartikeln. Als Füllstoffe werden Dentalgläser, Glaskeramiken, Oxidkeramiken verwendet. Traditionell wird ein Silan benötigt, um den Verbund zwischen Füllstoff und Kunststoff zu erzielen. Allerdings benetzt Silan die Monomermatrix und beeinträchtigt den Verbund der Füllstoffe zu dieser. Folglich ist die Lösung für die Bindung an die Füllstoffe mithilfe von ionischen Wechselwirkungen durch Säuregruppen – wie mit MDP-Monomeren – zu generieren. Zudem sind weitere Monomere sowie Amino- und Hydroxylgruppen für den Verbund notwendig. Monomere binden zusätzlich über die Kohlenstoff-Kohlenstoff-Doppelbindungen an die Monomermatrix und erhöhen die Gesamtstabilität der Restauration. Zusammenfassend kann formuliert werden, dass ein reines Silan keinen dauerhaften Verbund zu Kompositrestaurationen herstellen kann.

Können Polymere intraoral repariert werden?
PMMA-Kunststoffe und Komposite können intraoral repariert werden. Die Reparatur erfolgt analog zu der Reparatur einer Kompositfüllung. Hierzu muss die Oberfläche im ersten Schritt durch vorsichtiges Strahlen oder eine tribochemische Behandlung beziehungsweise durch Aufrauen mit rotierenden Werkzeugen vorbehandelt werden. Ist der Polymerwerkstoff nicht genau bekannt, sollte die Konditionierung mit einem Universaladhäsivsystem erfolgen, um alle Bindungsarten zu aktivieren. Zusätzlich ermöglichen „Flowable“-Komposite eine gute Benetzbarkeit und werden für eine Reparatur empfohlen. Bei den Thermoplasten der PAEK-Gruppe ist eine intraorale Reparatur nicht möglich.

  1. Befestigung in der Kieferorthopädie
    Die Befestigung in der Kieferorthopädie ist eine große Herausforderung. Die Brackets sollen gut haften, damit keine Debondings während der Behandlung entstehen. Dennoch darf der Verbund nicht zu stark sein, um eine saubere Entfernung der Brackets nach der Behandlung zu gewährleisten. Heute werden Zahnstellungskorrekturen nicht nur bei Kindern und Jugendlichen vorgenommen, sondern zunehmend auch bei Erwachsenen, die den Wunsch einer „perfekten“ Ästhetik haben. Somit ist nicht nur die Haftung an der Zahnhartsubstanz wichtig, sondern gegebenenfalls auch an diversen Restaurationswerkstoffen. Die Befestigung kann sowohl auf einem konventionellen Weg erfolgen, bei dem jedes Bracket einzeln per Hand positioniert und befestigt wird, als auch mithilfe digitaler Technologien, wobei eine Klebeschablone verwendet wird.

Auch in der Kieferorthopädie unterscheiden sich die Befestigungsprotokolle je nach Art des Substrats (Zahnhartsubstanz oder Restaurationsmaterial). Die Befestigungsmaterialpalette ist groß und nicht immer selbsterklärend. In Abhängigkeit von der Klebetechnik werden unterschiedliche Anforderungen an die Viskosität des Befestigungskomposits gestellt.

Welche Vorteile hat die digital geplante Klebeschablone?
Die Positionierung der Brackets kann im Labor softwaregestützt exakt vorgenommen werden (Abb. 13). Anschließend erfolgt die Kontrolle durch den Kieferorthopäden. Für eine erfolgreiche Behandlung mit der Straight-Wire-Technik ist eine bestmögliche Positionierung der Brackets entscheidend. Die Übertragungsschablone, die ebenfalls digital geplant wird (Abb. 14 und 15), kann in der Praxis oder extern gedruckt werden (3-D-Druck). Die Brackets werden vor der Befestigung in der Schiene fixiert und anschließend mit der Schablone zur Befestigung in den Patientenmund eingebracht (Abb. 16). Bei dieser Befestigungsart ist es vorteilhaft, niedrigvisköse Befestigungskomposite zu verwenden. Allerdings ist die Schrumpfung dieser Befestigungskomposite höher und muss anderweitig kompensiert werden. Diese Klebetechnik wird als indirektes Kleben bezeichnet.

Welche Nachteile hat die digital hergestellte Klebeschablone?
Bei der Verwendung von Klebeschablonen (Bonding-Tray), egal ob laborgefertigt oder digital hergestellt, ist die Entfernung der plaqueretentiven Befestigungsmaterialreste schwieriger und muss wie beim direkten Kleben gewissenhaft und vorsichtig erfolgen. Bislang gibt es noch keine validen wissenschaftlichen Daten über die Genauigkeit der Übertragung mit digital hergestellten Klebeschablonen und die Auswirkung verschiedener Druckmaterialien (hart oder elastisch) (Abb. 17 und 18).

Wie gut haften Brackets auf einem demineralisierten Schmelz (White Spots)?
Bei bereits bestehenden White Spots ist nicht nur der Verbund der Brackets schlechter. Darüber hinaus müssen ­geeignete Maßnahmen ergriffen werden, um ein Fortschreiten dieser „Läsionen“ zu verhindern. Untersuchungen zeigen, dass eine Vorbehandlung mit einem infiltrierenden Harz (zum Beispiel iCon) das Fortschreiten der Karies verhindert und zusätzlich den Verbund der Brackets an der Zahnhartsubstanz erhöht.

Kleben an Silikatkeramik – worin liegt die Herausforderung?
Werden Brackets auf mit Silikatkeramik restaurierten Zähnen befestigt, muss im ersten Schritt die Oberfläche der Restauration vergrößert (retentiver gestaltet) werden. Der intraorale Einsatz von Flusssäure kann durch eine Silikatisierung (CoJet) ersetzt werden. Außerdem gibt es neue Adhäsivsysteme auf Säurebasis, die gleichzeitig Silane beinhalten. Um Keramikfrakturen vorzubeugen, sollte die Keramikoberfläche schonend vorbehandelt werden. Nach dem Entfernen der Brackets muss die Restauration wieder intensiv auspoliert werden, um Mikrorisse zu vermeiden und das Frakturrisiko der Silikatkeramik-Restauration im Anschluss an die Behandlung nicht zu erhöhen.

Wie muss eine Zirkonoxid-Oberfläche vorbehandelt werden, um einen Verbund der Brackets zu generieren?
Ein Verbund mit Befestigungsadhäsiven ohne Phosphatgruppen ist nicht möglich. Auch reine Silane (MEMO-Basis) liefern keinen Verbund zur Zirkonoxid-Oberfläche. Hier ist es zwingend notwendig, die genaue Zusammensetzung des verwendeten Adhäsivsystems zu kennen. Alle selbst­ätzende Adhäsivsysteme oder selbst­ätzende Befestigungskomposite haften dank der enthaltenen sauren Gruppen gut am Zirkonoxid.

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