Anwenderbericht

Falldokumention

19.10.21

Frontzahnimplantat mit provisorischer Versorgung in nur zwei Sitzungen

Ein strikt patientenorientiertes Überweiserkonzept

­Titanbasis CAD/CAM, Fully Guided Surgery, provisorische Krone verschraubt

Dr. Alexander Volkmann

01 – Röntgenologische Ausgangssituation vor …

Die ästhetisch langzeitstabile implantatprothetische Rehabilitation eines oberen Frontzahns ist auch für einen erfahrenen Operateur kein Routinejob. Zu verschieden ist die jeweilige patientenindividuelle Ausgangssituation der Hart- und Weichgewebe, der Zähne und der Okklusion. Andererseits erwartet der Patient ein funktional und ästhetisch optimales Ergebnis bei minimalem Zeitaufwand. Dafür bedarf es nicht nur hinreichender Empirie des Operateurs und der vertrauensvollen Kooperation mit dem prothetisch tätigen Kollegen. Gestützt auf entsprechende digitale Tools, kann der Operateur bei signifikant verkürzter Behandlungsdauer und mit einem minimalinvasiven Eingriff optimale Voraussetzungen für das vom Zuweiser geplante Endergebnis schaffen.

Frage zur Sofortversorgung

Welche Vorausetzungen braucht es patientenseitig, damit das beschriebene Vorgehen in der ästhetischen Zone gelingt?
Dr. Alexander Volkmann: Wichtig ist die Empathie des Behandlerteams, damit der Patient die Recallempfehlungen des Teams als zahngesundheitserhaltend empfindet. Dafür ist neben dem regelmäßigen zahnärztlichen Recall eine konsequente häusliche Zahn- beziehungsweise Implantatpflege mit den entsprechenden Hilfsmitteln un­umgänglich. In deren richtiger Anwendung muss zuvor sorgfältig und bei Bedarf auch geduldig unterwiesen werden.

Entscheidend ist, dass die angestrebte periimplantäre Situation im Sinne eines prothetisch-chirurgischen Gesamtkonzepts bereits in die präimplantologische Planung einfließt. Planungsgrundlagen sind seitens des Chirurgen eine exakte Situationsanalyse, ein tiefes Verständnis der möglichen biologischen Reaktionen des Hart- und Weichgewebes und daraus abgeleitet die dreidimensional korrekte Positionierung des Implantats sowie seitens des prothetisch tätigen Kollegen entsprechende, fallspezifisch notwendige Vorarbeiten.

Fallspezifische Entscheidungskriterien
Im Rahmen einer geplanten Komplettsanierung im Ober- und Unterkiefer war die 58-jährige Patientin zur implantologischen Beratung überwiesen worden. Zahn 11 war infolge einer externen Resorption nach einem Trauma nicht mehr erhaltungswürdig, und eine Brückenversorgung kam für die Patientin nicht in Betracht. Aufgrund der Pathologie fiel die Entscheidung auf eine Frühimplantation etwa sechs Wochen nach Extraktion. In der Regel ist zu diesem Zeitpunkt hinreichend Weichgewebe mit Bildung keratinisierter Mukosa abgeheilt, was wiederum einen spannungsfreien Wundverschluss begünstigt. Das knöcherne Remodeling der Alveole ist noch nicht abgeschlossen [1] und eventuell notwendige augmentative Maßnahmen können sicher durchgeführt werden. Eine noch spätere Implantation würde das Risiko erheb­licher horizontaler und vertikaler Knochenverluste mit dann umfangreicheren Augmentationen in sich bergen.
Für die Patientin war der Hinweis, dass nach der Extraktion lediglich ein weiterer Termin für die Implantation einschließlich der sofortigen provisorischen Versorgung notwendig sei, der ausschlaggebende Grund, in den implantatchirurgischen Eingriff einzuwilligen. Daraufhin wurde noch in derselben Sitzung eine digitale Volumentomografie (DVT) für die Implantatplanung durchgeführt, die Situation abgeformt und die Patientin für die Extraktion an ihren Hauszahnarzt zurück überwiesen.

Extraktion und Socket Preservation
Bei der Extraktion kommt es darauf an, dass die bukkale Lamelle unversehrt bleibt. Dann kann die Extraktionsalveole im Sinne einer Socket Preservation mit Knochenersatzmaterial (Bio-Oss Collagen, Geistlich) verfüllt werden, um post­implantologische Gewebeveränderungen möglichst in Grenzen zu halten [6]. Bis zur Implantation trug die Patienten eine ästhetisch unauffällige, drahtklammerfreie Interimsprothese (Valplast, Weithas) (Abb. 1 bis 3).

  1. Termin: Präimplantologische Schritte
    In dieser Phase kann die Implantatposition in regio 21 virtuell geplant und die nötigen Komponenten – Bohrschablone für eine „Fully guided“-Implantation und das Provisorium für die Sofortversorgung – können hergestellt werden. Dazu wird die DVT-Aufnahme mit den Scandaten der Situationsabformung gematcht und in eine entsprechend geeignete Planungssoftware (smop, swissmeda) eingelesen.
    Die Positionierung des Implantats ist ein entscheidender Punkt für das Erreichen des gewünschten ästhetischen Erfolgs. Das Implantat, hier ein Screw Line Promote plus 3,8 x 13 mm (Camlog), wird daher mesiodistal, koronoapikal und orofazial in das sogenannte „ästhetische Fenster“ leicht palatinal mit jeweils 1,5  mm Abstand zu den Nach­barzähnen und der Implantatschulter auf Knochenniveau positioniert [4, 5]. Mit solch einer exakt anatomisch orientierten dreidimensionalen Positionierung des Implantats werden Weichgewebs­rezessionen und gräuliches Durchschimmern des Implantatkörpers weitestgehend unterbunden sowie eine stabile knöcherne Unterstützung der Papillen [3] und die angestrebte palatinal verschraubte Supra­konstruktion ermöglicht. Nachträgliche chirurgische Eingriffe zur Deckung würden erhebliche ästhetische Risiken in sich tragen [2]. Ein zu weit palatinal positioniertes Implantat wiederum erforderte die Konstruktion einer bauchigen und damit schwer zu reinigenden Krone („ridge-lap design“) (Abb. 4 bis 7).
    Die zahngelagerte Bohrschablone für die „Fully guided“-Implantation – dabei werden die gesamte Aufbereitung des Bohrstollens sowie die Implantatinsertion durch die Schablone durchgeführt – wurde aus dem generierten Datensatz ­heraus im additiven Verfahren hergestellt. Über die Bohrschablone wird die digital festgelegte, dreidimensionale Implantatposition in den klinischen Workflow sicher und präzise transferiert [7].
    Die Gestaltung und frästechnische Herstellung der provisorischen Krone erfolgte durch Dedicam, den Scan & Design Service sowie die Fertigungsdienstleistung von Camlog, auf der Grundlage des Datensatzes aus der Planungssoftware. In Absprache mit dem Zuweiser sollte die Krone im Hinblick auf eine behutsame Ausbildung der Interdentalpapille am Kronenhals me­sial schlanker gestaltet werden. Mit der Titanbasis CAD/CAM-Krone (Camlog) temporär verklebt, wird im Sinne des „One-­abutment-one-time“-Verfahrens die periimplantäre Mukosa nicht mehr durch einen Abutmentwechsel irritiert, und der Zuweiser kann zudem das Weichgewebemanagement auf Abutmentniveau durchführen (Abb. 8 bis 11).
  2. Termin: Implantation und Versorgung
    Vor dem chirurgischen Eingriff wird die Bohrschablone auf den Zähnen fixiert und auf ihre exakte klinische Übertragung der virtuell geplanten Implantat­position im Patientenmund überprüft.
    Die Aufbereitung des Bohrstollens und die Insertion des Implantats erfolgen gemäß Protokoll durch die zahn- und damit spielfrei gelagerte Bohrschablone hindurch. Vor dem Eingriff wird die Gingiva lediglich mit einer minimalen Kamm­inzision geöffnet. Da somit die Implantation minimalinvasiv ohne Lappenbildung und vertikale Entlastungsinzisionen erfolgt, werden Irritationen des Weichgewebes und mögliche Narbenbildungen vermieden [2], ein entscheidender Parameter für eine ästhetisch ansprechende Prothetik insbesondere im sichtbaren Frontzahnbereich. Für den Patienten verläuft die Implantation in aller Regel weitestgehend schmerzfrei.
    Das Implantat wird final mit der Hand­ratsche bei 30 Ncm eingebracht, wobei die Markierung in der Hülse die exakte Posi­tionierung erleichtert. Der Spalt zur bukkalen Lamelle hin wird mit Bohrspänen und Knochenersatzmaterial aufgefüllt.
    Mit der Fixierung der provisorischen Krone mit 20 Ncm und dem Verschließen des Schraubkanals ist die Sitzung beendet und die Patientin wird lediglich noch zum Recall einbestellt. Die definitive Versorgung nimmt der Hauszahnarzt vor (Abb. 12 bis 25).

Fazit
Mit dem dreidimensionalen digitalen bildgebenden DVT-Verfahren, dem Situa­tionsscan und einer Planungssoftware, die den Import und das Matchen dieser Datensätze erlaubt, kann in jedem Einzelfall die nach chirurgisch-prothetischen Gesichtspunkten optimale Implantat­position gefunden und in eine Bohrschablone transferiert werden.
Damit ergibt sich die Möglichkeit, den gesamten implantatchirurgischen Workflow einschließlich seiner notwendigen Komponenten digital zu planen und die fallspezifisch notwendigen Komponenten noch vor dem Eingriff anzufertigen. Ein weiterer Vorteil im digitalen Workflow ist der weitgehend problemlose Datenaustausch, womit ortsungebundene Kooperationen, sei es in der Therapie oder in der Herstellung, möglich geworden sind. Das darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass nach wie vor die klinische Erfahrung der ausschlaggebende Faktor für die Planung sowie die Durchführung des chirurgischen Eingriffs ist. Jeder implantatgestützte Ersatz von Frontzähnen birgt seine eigenen, patientenindividuellen biologischen und chirurgischen Vorbedingungen sowie verschiedene restaurative Lösungen in sich. Im vorgestellten Fall stand der Wunsch der Patientin, in möglichst wenigen Sitzungen „es hinter sich zu bringen“ der Pathologie infolge der externen Resorption gegenüber. ­Es galt abzuwägen zwischen einer Sofort- und einer Früh­implantation, jeweils mit provisorischer Sofortversorgung. Erst anhand einer individuellen Fallanalyse kann zwischen dem Chirurgen und dem zuweisenden Prothetiker ein Behandlungskonzept entwickelt werden, das in seinem Endergebnis die Wünsche und Erwartungen des Patienten langfristig erfüllt.

Mein Dank gilt dem überweisenden Kollegen Dr. J. Herchenhahn und dem Dental­labor Saalezahn dentaltechnik (beide Rudolstadt)

Literaturverzeichnis unter
www.teamwork-media.de/literatur

ProduktProduktnameFirma
ImplantateScrew Line Promote 3,8 x 13 mmCamlog
InterimsprotheseValplastWeithas
KnochenersatzmaterialBio-Oss CollagenGeistlich
Planungssoftwaresmopswissmeda
TitanbasisCAD/CAM KroneCamlog

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