Praxisbericht
Falldokumention
18.10.23
Minimalinvasive Alternative zur Endo-Krone
Aus Komposit gefrästes „Endo-Overlay“ auf thermoviskosem Komposit-Aufbau
Endo-Krone, indirekte Restaurationen, Materialindikation, minimalinvasiv, Nano-Hybrid-Komposit
Weltweit bemühen sich Zahnärzte um eine möglichst substanzschonende Behandlung im Rahmen der vorgegebenen Materialindikationen. In diesem Fallbericht aus der Praxis stellt der Autor eine minimalinvasive Alternative zur Endo-Krone vor, die er als „Endo-Overlay“ bezeichnet. Dabei stützt er sich auf die jüngsten Fortschritte bei Nano-Hybrid-Kompositen für CAD/CAM, insbesondere auf die von Voco entwickelten Materialien, die eine grazile Gestaltung von indirekten Restaurationen ermöglichen.
Eine 37-jährige Patientin stellte sich mit einer unvollständigen mesiopalatinalen Längsfraktur des oberen rechten ersten Molaren (Zahn 16) vor, die sich bis subgingival erstreckte. Ein Spezialist für Endodontologie hatte bereits eine Wurzelkanalbehandlung durchgeführt und die Patientin für die postendodontische Rekonstruktion überwiesen.
Fallbeschreibung
Anamnese
Die Patientin hatte zwei Jahre zuvor ihren oberen rechten zweiten Molaren (Zahn 17) ebenfalls durch eine Fraktur verloren. Die allgemeine Anamnese war unauffällig. Die Erwartungen der Patientin waren, dass ihr Zahn gerettet und mit einem Höchstmaß an Ästhetik und Funktion wiederhergestellt werden könnte. Sie wünschte sich eine metallfreie Versorgung.
Befunde und Diagnose
Klinische, radiologische und instrumentelle Befunde ergaben: Neben der unvollständigen subgingivalen Fraktur von Zahn 16 zeigte das präoperative Röntgenbild einen periapikalen entzündlichen Prozess (siehe Abb. 12). Die Diagnose war eine unvollständige Längsfraktur des Zahns 16 bei periapikalem Granulom.
Therapie
Behandlungsplanung
Auf der Grundlage der Diagnose und weiterer, während der endodontischen Behandlung gesammelter Befunde wurden zwei Vorgehensweisen in Betracht gezogen:
- Eine Restauration mit einem glasfaserverstärkten Komposit-Stift und einer metallfreien Krone oder
- ein biomimetischer Ansatz, der eine Anhebung der tief liegenden Kavitätenränder (Deep Margin Elevation, DME) mit Komposit, einen adhäsiven Aufbau und ein metallfreies Endo-Overlay umfasste.
Die bukkale Wand des Zahns war nur 2 mm dick. Das Entfernen von weiteren 1 mm für die Kronenpräparation hätte die verbleibende Wand erheblich geschwächt. Aufgrund der geringen Wandstärke wurde der biomimetische Ansatz gewählt. Eine weitere wesentliche Entscheidung war, welches Material für die prothetische Versorgung verwendet werden sollte: Keramik oder ein CAD/CAM-Komposit. Die Wahl fiel auf ein hochmodernes nanokeramisches Hybridmaterial für hochwertige CAD/CAM-Restaurationen (Grandio blocs), da es eine ausgezeichnete mechanische Stabilität aufweist, einfach zu handhaben und schnell zu fräsen ist.
Abfolge der Behandlungsschritte
Die unvollständige Fraktur am Zahn 16 wurde klinisch dargestellt (Abb. 1). Da die Fraktur bei der Anwendung von Caries Marker unauffällig war, wurde ein Hybrid-Komposit verwendet, um sie direkt bei der Kastenelevation zu verschließen.
Der zu behandelnde Zahn wurde zunächst mit Kofferdam isoliert und geätzt (Abb. 2). Danach wurden mit Futurabond U (Abb. 3) und GrandioSO (A2) – ausgewählt aufgrund seines mechanischen Verhaltens – die tief liegenden Kavitätenränder angehoben (Abb. 4).
Für den Aufbau wurde das thermokontrollierbare Bulk-Fill-Komposit VisCalor bulk verwendet (Abb. 5), das in der Form einer Retentionskavität gestaltet, gehärtet und gefräst wurde (Abb. 6b-c). Da vollständig glatte Präparationen beim Zementieren Schwierigkeiten bereiten können, ist es besser, sie mit einer Vertiefung vorzusehen, um eine Fehlpositionierung der Restauration zu vermeiden. Daher wurde eine leicht ringförmige Vertiefung zentral geschaffen (sichtbar in Abb. 6b als ein 0,5 mm tiefer, okklusaler Kasten), um die Positionierung des Endo-Overlays und seine adhäsive Zementierung zu erleichtern (Abb. 9).
Die verbleibenden Höcker wurden geometrisch angepasst, indem mit rotierenden Diamantinstrumenten eine Randabschrägung präpariert wurde (820 und 859 EF, Jota; Fräse 820 siehe Abb. 6a). Dabei wurde im Höckerbereich vertikal 1 mm abgetragen (Abb. 8b-c), 1,5 mm bei den tragenden Höckern (Abb. 8a). Die fertige Präparation wurde gescannt (Cerec Omnicam, Dentsply Sirona), die Restauration wurde in Exocad (Align Technology) konstruiert (Abb. 7a) und anschließend auf einer Cerec MC XL (Dentsply Sirona) aus Grandio blocs (Voco) gefräst (Abb. 7b-8). Für die chromatische Charakterisierung von Schmelzfissuren wurde FinalTouch (Voco) in Braun- und Orangetönen verwendet.
Konditionierung der indirekten Restauration
Da das Endo-Overlay aus dem Nano-Hybrid-Komposit für CAD/CAM Grandio blocs gefräst wurde, musste seine Oberfläche gemäß der Voco-Gebrauchsanweisung nicht zusätzlich mit Ätzmittel konditioniert werden. Es genügte, sie mit Al2O3 abzustrahlen (50 µm, 2 bar, Rocatec, 3M) und für 60 s mit dem Silan-Haftvermittler Ceramic Bond (Voco) zu konditionieren sowie anschließend für 5 s im sanften Luftstrom zu trocknen.
Konditionierung des Build-ups und des Hartgewebes
Die Oberfläche des Komposit-Aufbaus auf Zahn 16 wurde ebenfalls abgestrahlt (50 µm, 2 bar, Rocatec, 3M), um das Retentionspotenzial zu erhöhen, und abschließend mit Wasser gespült. Mit dem selbstätzenden dualhärtenden Universaladhäsiv Futurabond U (Voco) ist das vorherige Ätzen der Zahnhartsubstanz mit Phosphorsäure-Gel optional. Tatsächlich erzielt Futurabond U allein eine hohe Haftkraft an Schmelz und Dentin. Daher ist es möglich, wie in diesem Fall, die Hartsubstanz ohne vorheriges Ätzen zu behandeln. Lediglich unpräparierter Schmelz muss zu Beginn des Bondingvorgangs im Etch-and-Rinse-Modus geätzt werden. Die erzeugten Mikroretentionen verhelfen dem dualhärtenden Befestigungssystem Bifix QM (Voco) zu einer guten Haftung am Hartgewebe. Zu Beginn der chemischen Härtungszeit von 3 Minuten wurde zunächst 30 s gewartet, damit sich das Bifix QM im Randbereich setzen konnte (Abb. 9a). Diese Wartezeit von 30 s soll Schrumpfungen und Spaltbildungen verhindern, die bei zu frühem Verstreichen des Zements auftreten können. Erst danach wurde es mithilfe von einem Schaumstoffpellet (Pele Tim, Voco) in den Randbereichen verstrichen. Somit wurden alle weichen Überschüsse entfernt. Auf diese Weise konnte sichergestellt werden, dass nach 3 Minuten kein ausgehärteter Adhäsivüberschuss zurückblieb (Abb. 9b).
Nach sorgfältiger Reinigung (nicht abgebildet) wurde von vestibulär bis palatinal lichtgehärtet (Celalux 3, Voco), um eine vollständige Polymerisation des Zementmaterials im Randbereich sicherzustellen. Der Kofferdam wurde entfernt, die Okklusion angepasst (Abb. 10) und das Endo-Overlay poliert (Abb. 11).
Diskussion
In dem beschriebenen Fall gab es mehrere Herausforderungen, die jeweils einen eigenen Ansatz erforderten. Eine unvollständige longitudinale Fraktur kann eine schwierige Entscheidung darstellen, da eine versehentliche Vergrößerung der Fraktur mit Instrumenten zu Schäden am Boden der Pulpenkammer, Beschwerden und zum Verlust des Zahns führen kann [1]. Die hier beschriebene unvollständige palatinale Längsfraktur hätte als Eintrittspforte für Mikroorganismen oder als mechanische Basis für ein Cracked-Tooth-Syndrom dienen können. Daher musste sie direkt mit einem Komposit (GrandioSO, Voco) verschlossen werden.
Eine weitere Schwierigkeit bestand darin, eine gute, absolute Isolierung zu erreichen – eine Voraussetzung für eine Anhebung tiefliegender Kavitätenränder (Deep Margin Elevation) [2] mit vorhersagbaren Langzeitergebnissen [3, 4]. Eine mechanische Gingivaretraktion bereitete das Operationsfeld für eine leichtere Platzierung des Kofferdams vor und gewährleistete so eine gute Feuchtigkeitskontrolle der adhäsiven Kontaktfläche. Die Versetzung des Zervikalrands beeinträchtigt den parodontalen Gesundheitszustand der Patienten nicht, sofern die Bindegewebsfasern des suprakrestalen Gewebeattachments nicht verletzt werden [5].
Die Situation zu diesem Zeitpunkt entsprach einer großen Kavität der Klasse 1. Um diese ohne die mit Komposit verbundenen Probleme der spannungsbedingten Schrumpfung füllen zu können, wurde entschieden, ein Bulk-Fill-Material zu verwenden. Fortschritte in der Entwicklung modernster Haftvermittler und Bulk-Fill-Komposit für die Verwendung im Bereich der Pulpakammer haben deren Anwendungsspektrum erweitert und die Techniksensitivität verringert [7, 9]. Im Allgemeinen können Bulk-Fill-Materialien in 4 mm dicken Schichten appliziert und polymerisiert werden [8]. Dank der thermisch induzierten Fließfähigkeit von VisCalor bulk (Voco) lässt sich ein stopfbares Bulk-Fill-Komposit wie ein Flowable applizieren und passt sich hervorragend an die Kavitätenwände und den Boden an. Bereits nach wenigen Sekunden ist VisCalor bulk abgekühlt und somit nochmals stopfbar, was eine einfache Formgebung ermöglicht [9].
Unter Verwendung von Diamantinstrumenten wurden abgeschrägte Ränder präpariert [10], um dadurch biomechanische Vorteile für das Endo-Overlay zu erzielen und einen besseren Schutz für die darunterliegende Zahnstruktur zu bieten. Kürzlich durchgeführte Finite-Element-Analysen [11] zeigen, dass minimalinvasive flache „Butt joint”-Präparationen nicht so optimal sind wie stumpfe „Butt joint”-Präparationen mit 20° Abschrägung. Dies gilt auch für das nanokeramische Hybrid-Material Grandio blocs (Voco). Somit war es hier möglich, keine axiale Reduktion auszuführen, um die Integrität der restlichen Wände zu erhalten.
Um die Positionierung des Endo-Overlays zu erleichtern, wurde eine ringförmige zentrale Vertiefung präpariert (sichtbar auf Abb. 6b-c als ein nur 0,5 mm tiefer okklusaler Kasten). Wie zuvor beschrieben, wurde das Endo-Overlay mit einer Dicke von 1 mm (1,5 mm auf den tragenden Höckern) hauchdünn hergestellt [12].
Aufgrund des korrekten Designs und der Präzision des Systems musste die Restauration okklusal nur geringfügig eingeschliffen werden [13].
Fazit
Die Patientin war mit dem Aussehen und der Funktion ihres Zahns vollständig zufrieden.
Literaturliste
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Kontakt
Dr. Lucas Echandia, Zahnarzt
lucasechandia85@gmail.com
Associate Professor, Klinische zahnärztliche Prothetik II; Katholische Universität Córdoba, Obispo Trejo 323, X5000 IYG, Córdoba, Argentinien
Centro Odontológico Echandía-Meloni, José Otero 2090, X5009 HSX, Córdoba, Argentinien
Praxisbericht
Falldokumention
18.10.23
Minimalinvasive Alternative zur Endo-Krone
Aus Komposit gefrästes „Endo-Overlay“ auf thermoviskosem Komposit-Aufbau
Endo-Krone, indirekte Restaurationen, Materialindikation, minimalinvasiv, Nano-Hybrid-Komposit
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