Praxisbericht

Falldokumention

26.10.21

Modulares Implantatkonzept

Individuelle und effiziente Therapieoptionen für Überweiser

­Überweiserkonzept, Chirurgisch-prothetische Zusammenarbeit, digitaler Workflow, Implantatkonzept, intraoraler Scan

Dr. Florian Rathe, PD Dr. Dr. Markus Schlee, Roland Binder

01 – Die vom 3-Shape-System vorgegebene Scanabfolge

Das Forchheimer Implantatkonzept hat das Ziel, die wirtschaftliche Effizienz des überweisenden Zahnarztes bei der prothetischen Restauration zu steigern. Es ist daher besonders für kleine Fälle mit ein bis zwei Implantatkronen ausgelegt, da gerade bei diesen kleinen Versorgungen der Aufwand gemessen am Ertrag besonders hoch ist. Erfolgsfaktor ist die digitale Registrierung der Implantatposition während der Implantation, was, wie im Artikel beschrieben, zu einer erheblichen Verringerung der Behandlungszeit für den Überweiser führt. Das Implantatkonzept funktioniert zum einen rein digital, es bietet aber auch die Möglichkeit, über eines von fünf wählbaren Modulen wieder Anbindung an den analogen Workflow zu suchen, und stellt somit individuelle und effiziente Therapieoptionen für alle überweisenden Zahnärzte zur Verfügung.

Nachgefragt
Welcher Benefit ergibt sich aus dem modularen Vorgehen für den überweisenden Behandler und den Patienten?
Dr. Florian Rathe: Die modulare Vorgehensweise birgt für Patient und Überweiser Vorteile: Zum einen geht es um Termin- und Zeiteffizienz; das bedeutet für den Patienten, dass er weniger häufig zum Zahnarzt beziehungsweise zum Chirurgen in die Praxis kommen muss. Zum anderen reduziert die Vorgehensweise über die Module 2 und 4 das Austauschen der Aufbauteile und verringert damit das Risiko von Knochenabbau. Bei Modul Datentransfer, Modul 3 im Falle einer zementierten Implantatkrone und Modul 5 kommt sogar das One-Abutment-One-Time-Konzept zur Anwendung.

Das Forchheimer Implantatkonzept hat zum Ziel, den überweisenden Zahnarzt zu stärken. Dies geschieht über eine deut­liche Reduktion von Behandlungszeit des überweisenden Zahnarztes und damit zu mehr wirtschaftlicher Effizienz bei der prothetischen Restauration. Das Herzstück des Konzepts ist die digitale Abformung der Implantatposition während der Implantation. Dies ermöglicht die Weiterverarbeitung der Daten während der Einheilung, sodass zum Zeitpunkt der Freilegung bereits der individuelle Gingivafomer, das definitive Abutment et cetera eingegliedert werden können. Da die Weiterverarbeitung der Roh­daten sehr anspruchsvoll und mit einigen Kosten verbunden ist, hilft der alleinige Austausch der Scandaten in dem überwiegenden Teil der Fälle nicht weiter. Ein weiterer wichtiger Aspekt bei einem rein digitalen Workflow ist die Einschränkung der restaurativen Therapie auf einen monolitischen Zahnersatz. Denn wie sollte ein Zahntechniker, ohne Modell eine Krone im ästhetischen Fenster schichten?
Obwohl sehr viel über den digitalen Workflow gesprochen und geschrieben wird, ist die Kombination aus digitalem und analogem Workflow eher die Regel als die Ausnahme. So sucht auch das Forchheimer Implantatkonzept immer wieder die Anbindung an den analogen Workflow. Über seine fünf Module hat unser Implantatkonzept nicht nur den Anspruch, auf die individuellen Wünsche des überweisenden Zahnarztes einzugehen, sondern auch die Wünsche und Anforderungen des Praxislabors im Blick.
Natürlich profitieren auch die Patienten von einem solchen Implantatkonzept, zum einen von seiner Termin- be­ziehungsweise Zeiteffizienz, zum anderen von weniger Knochenabbau dank des „One-Abutment-One-Time“-Konzepts beziehungsweise der geringeren Zahl von Wechseln der Aufbauelemente [1, 2].

Workflow bei der Implantation
Das hier beschriebene Vorgehen ist auf den Trios-Scanner (3Shape) abgestimmt; bei anderen Scannern kann sich eine Änderung des Ablaufs ergeben. Vor der Implantation sind zunächst beide Kiefer zu scannen sowie die Okklusion zu registrieren (Abb. 1). Das Scannen des Implantats wird hier einfach ausgelassen (Schritt 3, siehe Abb. 1), da es sich bei der im System hinterlegten Scanfolge um das Vorgehen nach der Freilegung handelt.
Danach beginnt wie gewohnt die Implantation. Nach der Insertion des Implantats wird als nächstes das Scan­abutment aufgeschraubt und der Scan des eigentlichen Implantats nachgeholt. Dies ist eine Sache von wenigen Minuten.
Anschließend können eventuelle Augmentationen von Hart- und/oder Weichgewebe erfolgen. Bei umfangreichen Augmentationen von Hart- und/oder Weichgewebe ist ein Weichgewebescan circa 14 Tage vor der Freilegung sinnvoll. Die neue Weichgewebssituation wird mit den Daten der Implantatposition aus dem ersten, intra­operativen Scan gematcht, sodass das Emergenzprofil für den individuellen Gingivaformer, das definitive Abutment et cetera (je nach Modul) anhand der aktuellen Situation digital geplant und weiterverarbeitet werden können. Möchte der überweisende Zahnarzt die Rohdaten selbst weiterverarbeiten, erfolgt an dieser Stelle der Datentransfer.

  1. Das Konzept
    All diejenigen überweisenden Zahnärzte, für die die Weiterverarbeitung der Rohdaten nicht infrage kommt, können das für ihren Fall optimale Modul wählen. Es stehen fünf Module zur Auswahl (Abb. 2). Es soll an dieser Stelle nochmals betont werden, dass das Konzept den überweisenden Zahnarzt unterstützen und stärken soll und es nicht darum geht, ihm Arbeit „wegzunehmen“. Aus diesem Grund werden die abrechnungswürdigen Positionen für jedes Modul einzeln aufgeschlüsselt.
  2. Die Module
    Modul 1: Ästhetik plus
    Dieses Modul ist für die Ausformung des Emergenzprofils bei anspruchsvollen Rekonstruktionen innerhalb des ästhetischen Fensters vorgesehen. Für diesen Zweck wird durch den Implantologen bereits bei der Freilegung wahlweise ein individueller Gingivaformer (Abb. 3) oder ein verschraubtes Provisorium aus Polymethylmethacrylat (PMMA) eingegliedert. Nach weichgewebiger Abheilung kann der überweisende Zahnarzt die Abformung des ausgeformten Emergenzprofils vornehmen. Dies würde für den überweisenden Zahnarzt im althergebrachten Verfahren jedoch bedeuten, dass er den Patienten einmal für eine Abformung zur Erstellung eines individuellen Abformlöffels einbestellt. In einem zweiten Termin müsste dann der konventionelle Abformpfosten individua­lisiert werden, da sonst das Emergenzprofil nicht übertragen werden kann, bis schließlich die Abformung vorgenommen werden kann.
    Um dieses umständliche Vorgehen mit zwei Terminen effizienter zu gestalten, sieht das „Ästhetik-plus“-Modul die Zusendung eines individuellen Abform­pfostens inklusive eines gedruckten individuellen Abformlöffels vor (Abb. 4). Somit kann die Übertragung des Emergenzprofils innerhalb eines Termins in nur kurzer Zeit erfolgen (Abb. 5). Wie in Abbildung 6 zu sehen ist, kann der überweisende Zahnarzt dafür alle möglichen Abrechnungspositionen ansetzen.

Modul 2: Modelle
Dieses Modul ist speziell für Zahnärzte mit Praxislabor beziehungsweise für Praxen konzipiert, die mit einem gewerblichen Labor zusammenarbeiten, die nicht die Kosten oder die jährlichen Lizenzgebühren der Scansoftware tragen möchten. So kann der überweisende Zahnarzt wählen, ob er zur Freilegung a) einen konventionellen Gingivaformer, b) einen individuellen Gingivaformer oder c) ein verschraubtes PMMA-Provisorium eingegliedert haben möchte. In jedem Fall erhält das Dentallabor der Wahl gedruckte Modelle mit Laboranalogen, wahlweise mit bereits ausgeformtem Emergenz­profil (Abb. 7).
Abrechnungstechnisch können wiederum fast alle Positionen angesetzt werden (Abb. 8). Die Implantatabformung würde bei diesem Modul natürlich entfallen. Da auch die gedruckten Modelle schädelbezüglich in den Artikulator montiert werden können (Abb. 9), sind die Positionen für Gesichtsbogen und Bissnahme ebenfalls anzusetzen. Der Biss wird zwar bereits bei der digitalen Abformung aufgezeichnet, ohne diesen Scan lässt sich der komplette Datensatz jedoch nicht verschicken. Bei komplexen Bissverhältnissen ist die analoge Bissnahme auf jeden Fall zu empfehlen. Der digitale Biss wird lediglich auf der Basis des Scans der bukkalen Höcker in Schlussbiss errechnet, was bei komplexen Bisslagen zu erheblichen Abweichungen des digitalen Bisses zum tatsächlichen Biss führen kann. In solchen Fällen können funktionsanalytische Maßnahmen ebenso notwendig werden. In jedem Falle ist für die individuelle Einstellung der Gelenkbahnneigung ein Protrusionsbiss möglich und sinnvoll.

Modul 3: Abutments
Das Modul ist für komplexere Fälle geeignet, bei denen nicht nur Implantatzahnersatz eingegliedert wird, sondern auch Zähne präpariert werden müssen. Bei der Freilegung wird wahlweise direkt das definitive Titan- beziehungsweise Zirkonoxid-Abutment und ein PMMA-Provisorium eingegliedert. Der überweisende Zahnarzt bekommt ein Abformkäppchen geliefert, sodass er nach der Präparation der Zähne mit den Käppchen ohne Aufwand eine Sammelabformung erstellen kann. Bei diesem Modul können bis auf die Position des Auswechselns der Aufbauteile alle Abrechnungspositionen angesetzt werden (Abb. 10).

Modul 4: Abutments + Modelle
Dieses Modul ist für Zahnärzte mit Praxislabor gedacht. Wie im Modul „Abutments“ wird das definitive Abutment durch den Implantologen gleich bei der Freilegung zusammen mit einer provisorischen PMMA-Krone eingegliedert. Der Zahntechniker bekommt ein Stumpfmodell geliefert (Abb. 11). Auf diesem Stumpf­modell kann in gewohnter Weise der Zahnersatz im Praxislabor ohne besonderen Aufwand gefertigt werden (Abb. 12). Bei diesem Modul können bis auf die Positionen „Abformung“ und „Auswechseln von Aufbauteilen“ alle übrigen Positionen angesetzt werden. Wie im Modul „Modelle“ wird ein kurzer Zwischentermin nötig, um Bissnahme, Gesichtsbogen und gegebenenfalls funktionsanalytische Maßnahmen durchzuführen. Im zweiten Termin kann der definitive Zahnersatz bereits eingegliedert werden.

Modul 5: Rundum sorglos
Gerade für Zahnärzte, die nicht viel Implantatprothetik machen und lästige Organisation und Fehlerquellen vermeiden wollen, ist dieses Modul prädestiniert. Rundum sorglos bedeutet, dass der Implantologe bei der Freilegung entweder ein definitives Abutment mit zementiertem PMMA-Provisorium oder ein okklusal verschraubtes PMMA-Provisorium eingliedert. Der überweisende Zahnarzt bekommt die fertige Krone zugesandt (Abb. 13). Das heißt, es wird für den überweisenden Zahnarzt nur ein sehr kurzer Termin zur Eingliederung der fertigen Krone nötig; im Falle des zementierten Zahnersatzes werden dafür noch nicht einmal prothetische Schrauber und Ratsche benötigt. Bei diesem Modul kann der überweisende Zahnarzt zwar außer der GOZ-Position 2200 –„Eingliederung einer Implantatkrone“ – keine weiteren Abrechnungspositionen ansetzen, eine für Position 2200 benötigte Behandlungszeit von circa zehn Minuten ist hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit jedoch nicht mehr zu überbieten (Abb. 14).

  1. Fazit
    Mit dem Forchheimer Implantatkonzept können überweisende Zahnärzte abgestimmt für jeden Patientenfall ein entsprechendes Modul auswählen. Die daraus resultierende Zeit- und Ter­min­effi­zienz bedeutet für alle beteiligten eine Win-Win-Situation. Der überweisende Zahnarzt kann durch die Auslagerung schlecht honorierter aber verhältnismäßig lang dauernder Behandlungsschritte mehr Effizienz erreichen. Durch das Einsparen von Behandlungssitzungen profitiert auch der Patient.

Literaturverzeichnis unter
www.teamwork-media.de/literatur

ProduktProduktnameFirma
IntraoralscannerTrios3Shape
ProthetikkomponentenGingivaformer/AbformpfostenCamlog Dedicam
Produktliste

Vita
Dr. Florian Rathe MSc absolvierte sein Studium der Zahnmedizin in den Jahren 1997 bis 2002 an der Justus-Liebig-Universität in Gießen. Anschließend war er zwei Jahre in der Sektion für zahnärztliche Implantologie und Parodontologie der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg im Breisgau (Sektionsleiter: Prof. Dr. G. Krekeler) tätig. Daran schloss sich ein Postgraduiertenstudium „Master of Science in Periodontology and Implantology“ unter der Leitung von Prof. Dr. Dr. Anton Sculean in den Jahren 2005 bis 2008 an, in dessen Verlauf Dr.  Rathe in der parodontologisch-implantologischen Praxis von Dr. Drie, Nijmengen/Niederlande, tätig war. Von 2008 bis 2011 arbeitete Dr. Rathe in der Genfer privatzahnärztlichen Praxis „Centre médico dentaire C1“ (Arbeitsschwerpunkte: Parodontologie und Implantologie). Seit 2011 ist Dr. Florian Rathe in der Gemeinschaftpraxis Schlee & Rathe in Forchheim niedergelassen. Im selben Jahr erwarb er die Qualifikation „Tätigkeitsschwerpunkt Implantologie DGI“. Weitere Qualifikationen sind: Spezialist der EFP (2008), Master of Science (2008) und Spezialist der DGP (2009).

Kontakt
Dr. Florian Rathe MSc
32schönezähne – Zahnarztpraxis für ­Parodontologie und Implantologie –
Bayreuther Str. 39
91301 Forchheim
Fon +49 1719551908
florian.rathe@32schoenezaehne.de

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