Statement

Steuer & Recht

19.01.23

Rechtsfragen bleiben aktuell

Covid-19 als Arbeitsunfall oder Berufskrankheit

Arbeitsunfall, Berufskrankheit, Covid-19, Rechtsfragen

Björn Papendorf, Fachanwalt für Medizinrecht

Die Zeiten der Pandemie scheinen zwar vorüber und so langsam fallen die letzten Beschränkungen, dennoch bleiben die Rechtsfragen rund um das Virus aktuell.

Auch wenn die derzeit dominierende Variante vergleichsweise ungefährlich ist, stellt sich gleichwohl die Frage, ob die Berufsgenossenschaft oder der Arbeitgeber haftet, wenn sich ein Arbeitnehmer bei der Arbeit infiziert. Diese Frage stellt sich insbesondere in den tragischen Fällen, in denen eine Person an der vom Virus ausgelösten Krankheit verstirbt.

Bestehende Ansprüche
Gegen die Berufsgenossenschaft haben die Hinterbliebenen einen Anspruch auf Leistung von Sterbegeld, Erstattung von Überführungskosten, Hinterbliebenenrente und Beihilfe, wenn der Tod infolge eines Versicherungsfalles eingetreten ist. Dies ist jedoch nicht nur für Berufsgenossenschaften, also die Kassenärztlichen Vereinigungen relevant. Für Praxisinhaber und Krankenhäuser ist dies von Bedeutung, weil die Kassenärztlichen Vereinigungen bei den ehemaligen Arbeitgebern mit Argusaugen nach Recht und Ordnung schauen werden, wenn sie solchen Ansprüchen ausgesetzt sind.

Eintretender Versicherungsfall
Ein Versicherungsfall in diesem Sinne sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Die Eigenschaft als Versicherungsfall wird insbesondere nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Arbeitnehmer sich verbotswidrig verhält. Mit anderen Worten führt auch nicht der Verstoß gegen die einrichtungsbezogene Impfpflicht oder Verstöße gegen gesetzlich, behördlich oder betrieblich angeordnete Abstands-, Masken- und Hygieneregelungen zum Ausschluss eines Versicherungsfalles.
Arbeitsunfälle sind Unfälle, die in ursächlichem Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit einer bei der gesetzlichen Unfallversicherung versicherten Person stehen. Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen.

Nach dem sogenannten normativ-funktionalen Krankheitsbegriff des Bundessozialgerichtes wird vorausgesetzt, dass die Covid-19-Infektion symptomatisch verläuft. Asymptomatische Verläufe genügen naheliegender Weise nicht. Damit die Infektion einen Arbeitsunfall darstellt, darf sich ferner nicht lediglich eine Gefahr realisieren, von der alle Menschen in einem Gebiet betroffen sind. Dann läge lediglich eine sogenannte Allgemeingefahr vor, wegen derer grundsätzlich niemand haftet.

Beweislast und Nachweis
Es muss vielmehr konkret nachgewiesen werden, dass die versicherte Tätigkeit Ursache der Infektion ist. Beweisbelastet sind die Hinterbliebenen, die den Anspruch stellen. Dieser Kausalitätsnachweis ist praktisch die größte Hürde. Davor, dass ein Hinterbliebener diesen Beweis erbringt, kann man sich als Inhaber einer Arztpraxis oder als Leiter eines Krankenhauses am besten dadurch schützen, dass man die Covid-19-Schutzmaßnahmen einhält und die getroffenen Maßnahmen protokolliert.

Wenn es sich bei der durch eine Covid-19-Infektion ausgelösten Krankheit um eine Berufskrankheit handelt, verlagert sich die Beweislast auf die Berufsgenossenschaft. Die Kausalität der beruflichen Tätigkeit für die Covid-19-Infektion wird gesetzlich vermutet, wenn es sich bei der Infektion für den Verstorbenen um eine Berufskrankheit handelt und er in erhöhtem Maß der Gefahr der Erkrankung ausgesetzt war. Gleichzeitig dürfen keine Anhaltspunkte für eine Verursachung außerhalb der versicherten Tätigkeit feststellbar sein.

Der Verordnungsgeber definiert als Berufskrankheiten insbesondere auch Infektionskrankheiten, wenn der Versicherte im Gesundheitsdienst, in der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium tätig oder durch eine andere Tätigkeit der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße besonders ausgesetzt war. Zum Gesundheitsdienst zählt das Bundessozialgericht medizinische Einrichtungen für Kranke oder gesundheitlich gefährdete Menschen oder zur Pflege Kranker oder Gebrechlicher. Dies meint vor allem Krankenhäuser und Arztpraxen. Gleichwohl muss bewiesen werden, dass der Erkrankte tatsächlich Kontakt mit Infizierten hatte, dass in seinem Arbeitsbereich eine hohe Gefährdung aufgrund des „Durchseuchungsgrades“ infolge der Zahl der Infizierten bestanden hat, oder dass die Art ihrer konkreten Tätigkeit besonders gefährdend war.

Rechtliche Klippen
Es zeigt sich, dass eine Covid-19-Infektion sowohl Arbeitsunfall als auch Berufskrankheit sein kann. Bei Personen, die im Gesundheitsdienst beschäftigt sind, erleichtert der Gesetzgeber den Nachweis der Kausalität der versicherten Tätigkeit für den Todesfall. In jedem Fall verringert die Einhaltung infektionsschutzrechtlicher Vorgaben das Haftungsrisiko.
Nicht erfasst ist davon der statistisch viel häufigere Fall nicht letaler Infektionen ohne bleibende Folgen. In diesen Fällen besteht kein Anspruch gegen die Unfallversicherung. Daher rückt der eigene Arbeitgeber häufig ins Visier.
Allerdings kommen Ansprüche auf Schadensersatz oder Schmerzensgeld gegen den Arbeitgeber realiter nur im Ausnahmefall in Betracht. Es muss nicht nur nachgewiesen werden, dass der Arbeitgeber eine den Arbeitnehmer schützende Pflicht verletzt hat, sondern auch, dass die Verletzung dieser Pflicht Ursache der Krankheit und des Schadens war. Dieser Beweis dürfte in der Praxis ebenso selten geführt werden, wie der zuvor erörterte Kausalitätsbeweis beim Arbeitsunfall.

Gleichwohl gilt auch diesbezüglich die Devise, die Covid-19-Schutzmaßnahmen einzuhalten und die Einhaltung zu protokollieren. Auf diese Weise kann man effektiv unberechtigter Inanspruchnahme vorbeugen und Ansprüche abwehren. Unterm Strich zahlt sich Compliance auf diesem Gebiet folglich aus. Der Fachanwalt Ihres Vertrauens kann Ihnen dabei helfen, rechtliche Klippen zu umschiffen und gesetzliche Stolperfallen zu überwinden.

Björn Papendorf LLM ist Fachanwalt für Medizinrecht und seit 2011 Partner der kwm. Von 2010 bis 2012 absolvierte er berufsbegleitend den Masterstudiengang (LLM Medizinrecht). Björn Papendorf ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht im Deutschen Anwaltsverein und Autor der Bücher Arztrecht, Zahnarztrecht und Tierarztrecht.

Kontakt
Björn Papendorf LLM
Master of Laws (Medizinrecht)
Fachanwalt für Medizinrecht
papendorf@kwm-law.de
www.kwm-law.de

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