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28.08.23

Restaurieren mit funktions­abrasionsstabilen Flowables

MIH-Hypomineralisation und Frontzahnästhetik

Chairside, Flowables, Hypomineralisation, Kompositrestauration, minimalinvasiv, Verfärbungen

Ulf Krueger-Janson

Hypomineralisationen im Front-und Seitenzahnbereich werden derzeit immer häufiger als zivilisatorisches Phänomen bezeichnet, deren kausale Ursachen noch undefiniert sind. Der betroffene Bereich erscheint überwiegend kalkig weißlich, kann aber auch bräunliche Verfärbungen aufweisen. Durch die Minderqualität des Schmelzes ist die Resistenz des Zahns reduziert. Ulf Krueger-Janson ist Experte für Kompositrestaurationen und zeigt, wie farblich discolorierte Inzisalkanten chairside mittels Flowables minimalinvasiv und hochästhetisch restauriert werden können.

Im Inzisalbereich bewirken kaufunktionelle Bewegungsabläufe – bei einer Hypomineralisation – partielle Frakturen und führen zu einer verkürzten Zahnlänge. Liegt das Dentin frei, erscheint dieser Bereich dann meistens gelb bis dunkelbraun. Dies ist bei einer Nichtanlage des Schmelzes im posterioren Bereich zu befunden. Befinden sich die farblichen Veränderungen im oberflächlichen Schmelzbereich, kann sich eine Infiltrationsbehandlung (Icon/DMG) anbieten. Geht die Hypomineralisation jedoch tiefer und stört das ästhetische Empfinden eines Patienten, ist ein invasiveres Vorgehen nötig. Stark discolorierte Bereiche abzudecken, ist schwierig, wenn sie sehr hell und weißlich sind. Behandlungen zeigen, dass solche Verfärbungen durch das Komposit hindurch leuchten. Für eine Rekonstruktion mit Komposit sollten sie deshalb entfernt werden. Müssen discolorierte Areale verbleiben, sollten sie mit einem Opaker abgedeckt werden. Ist der Opaker sehr hell, kann eine dunklere Flow-Dentinfarbe dazu gemischt werden. Um eine bessere Farbadaption zu gewährleisten, ist das Mischen der Farbkomponenten direkt auf dem Zahn sehr förderlich.

Inzisalkanten-Rekonstruktion

Mock-up mit Flowables
Für die Rekonstruktion einer Inzisalkante (Abb. 1 – Eingangsbild) wird zunächst ein Mock-up angefertigt. In vielen Fällen eignet sich ein mäßig fließendes Flowable, das direkt auf die nichtkonditionierte Inzisalkante aufgetragen wird. Dies kann in mehreren Schritten erfolgen. Geringes Modellieren ist möglich.

Nach der Aushärtung können funktionelle Parameter überprüft und störende Bereiche eingeschliffen werden. Es folgt die palatinale Abformung mit einem Silikon, um einen Silikonschlüssel anzufertigen. Ein vestibuläres Überlappen des Silikons sollte vermieden oder zumindest nach der Aushärtung reduziert werden, um den weiteren Schritten nicht im Wege zu stehen (Abb. 2 und 3).

Reduzieren des verfärbten ­Schmelzbereichs
Im nächsten Schritt wird die Reduzierung des insuffizienten Schmelzbereichs vorgenommen. Ist das Dentin ebenso betroffen und weist starke Discolorationen auf, ist eine Entfernung empfehlenswert. Nach tiefer Reduktion der betroffenen Strukturen kann jedoch eine Verfärbung verbleiben (Abb. 4). Um eine saubere Oberfläche zu erhalten, wird der zu rekonstruierende Bereich mit einem Aluminiumoxid- Pulver (50 µ) abgestrahlt. Das Pulver ebnet die Schlifffacetten im Übergangsbereich zur gesunden Zahnsubstanz ein und ermöglicht einen sauberen reflexionsfreien Verlauf des Komposits.

Maskierung mit Opaker
Nach Konditionierung des Schmelzes (Abb. 5) und des Dentins muss der discolorierte Bereich abgedeckt werden. Die Erfahrung zeigt, dass diese sehr intensiv discolorierten Areale auch von einem opaken Dentin Komposit nicht ausreichend abgedeckt werden. Eine direkt auf der Zahnoberfläche angefertigte Mischung aus einem Grundopaker (Beautifill Opaker, Shofu) mit einem opaken Dentin Flowable (Beautifil Flow Plus X F00/A20, Shofu) stellt daher das Mittel der Wahl dar (Abb. 6). Eine individuelle Farbanpassung ist so möglich.

Inzisalkantenaufbau mit Flowables
Grundsätzlich kann konstatiert werden, dass Flowables aufgrund der Fließfähigkeit über einen geringeren Fülleranteil, und somit über eine höhere Transluzenz verfügen. Die Farbkomponente Inc (=Inzisal) ist nahezu transparent mit bläulich weißlichen, opaleszierenden Reflexionseigenschaften. Bei natürlichen Frontzähnen sind diese Farbbereiche im inzisalen aber auch im lateralen Bereich ausgeprägt und sehr gut zu erkennen. Im inzisalen Drittel werden diese Bereiche meist noch von weißlichen wolkenartigen Strukturen überdeckt (Abb. 7 und 8). Es entsteht eine dreidimensionale Tiefenwirkung, da mehrere Schichtbereiche erkennbar sind. Der Zahn erscheint vital.

Der Einsatz von Flowables zum Aufbau verlorener Zahnsubstanz ist ein wertvoller Gewinn in der rekonstruktiven Zahnheilkunde. Besonders dann, wenn die Materialien über eine hohe Widerstandskraft und Abrasionsstabilität verfügen. Beautifil Flow Plus X kann deshalb zum Aufbau von Funktionsflächen im anterioren Bereich verwendet werden. Grazile, farb­adäquate Schichtungen für hochästhetische Kompositaufbauten sind möglich und erweitern das Einsatzspektrum erheblich. Der Umgang mit diesen Materialien kann spielerisch erlernt werden. Im Gegensatz zu den pastösen Materialien kann der Auftrag auf farbkonforme Integration sofort überprüft werden. Ein weiterer Vorteil besteht in der Mischbarkeit von verschiedenen Farbkomponenten. Zur Gestaltung der bereits beschriebenen weißlich eingetrübten Areale in Abgrenzung zu transparenten Arealen, können die Komponenten Inc und BW gemischt werden (Abb. 9 und 10). Es entstehen naturanaloge opaleszierende Farbareale wie in den Abbildungen 11 und 12 im inzisalen Bereich gut zu erkennen ist.

Muss die Farbe angepasst werden, besteht die Möglichkeit, dies im Sinne einer Reparatur auch noch einige Wochen später durchzuführen. Bei stark dehydrierenden Zähnen kann ein Helligkeitsunterschied entstehen, der nach einer partiellen Reduktion (Cut-back) neu aufgebaut wird.

Formgebung, Konditionierung und ­Auftrag weiterer Schichten
Nach dem Abtragen der unpassenden Farbbereiche (Abb. 13) wird die Oberfläche mit Pulver abgestrahlt. Nach Ätzung der Fläche, wird durch den anschließenden Auftrag des silanhaltigen Universaladhäsivs BeautiBond Xtreme der Verbund zum Komposit zusätzlich erhöht (Abb. 14).

Der weitere Schichtauftrag erfolgt mit den Flowables A1 und A2. Je nach Bedarf können die Materialien auch gemischt werden (Abb. 15). Ein blasenfreier Auftrag ist möglich, wenn das Material mit der Sondenspitze ohne mehrmaliges Eintauchen verteilt wird. Für die finale Farbgestaltung wird der gesamte Bereich mit Inc überschichtet (Abb. 16).
Das Material erscheint bei einer dickeren Schicht eingetrübt, obwohl es über eine sehr hohe Transluzenz verfügt. Der bläulich weißliche und transluzente Effekt erscheint nach Ausarbeitung und Reduzierung der Schichtstärke (Abb. 17).

Fazit
Die ästhetische Wiederherstellung und Versorgung eines stark discolorierten Inzisalkantenbereichs wird durch eine gezielte Farbauswahl von fließfähigen und dadurch mischbaren Materialien möglich. Verfügen die Flowables zudem noch über eine hohe Stabilität und Abrasionsfestigkeit, ist eine lange Lebensdauer mit einem ästhetisch ansprechenden Erscheinungsbild gewährleistet. Die Option, Flowables zu mischen, ermöglicht hochästhetische Ergebnisse.
Mithilfe des Cut-back-Verfahrens können zusätzlich gezielte Farbeffekte angefertigt werden, wie dies bisher nur mit keramischen Materialien möglich war. Eine zukunftsweisende Anwendung von Kompositmaterialien im Sinne einer minimal notwendigen Invasivität, mit Gestaltung einer maximalen Ästhetik, kann als eine erfolgreiche zeitgemäße Behandlung bezeichnet werden.

Kontakt
Ulf Krueger-Janson
Stettenstraße 1
60322 Frankfurt am Main
Tel. +49 69 590303
ulf.krueger-janson@email.de

Ulf Krueger-Janson ist seit 1991 niedergelassener Zahnarzt in eigener Praxis in Frankfurt. Seit 2012 ist er Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Restaurative und Regenerative Zahnheilkunde (DGR²Z). Er hat sich als Experte für Kompositrestaurationen einen Namen gemacht, insbesondere für ästhetische Versorgungen in der Front. Viele seiner Vorgehensweisen, wie die Verwendung des Teflonbands, das Mischen von Flowfarben zur farblichen Gestaltung der Oberfläche und die Anwendung der dynamischen Streifentechnik zur Gestaltung morphologisch adäquater Konturen, sind mittlerweile State of the Art. Sein Erfahrungsspektrum mit vollkeramischen Systemen erstreckt sich ebenfalls über einen Zeitraum von mehr als 30 Jahren. Er ist Buchautor (Komposit 3D), Autor zahlreicher nationaler sowie internationaler Publikationen und erfahrener Referent.

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