Praxisbericht

Falldokumention

10.10.22

#Safe-Konzept

Bisshebung für Angstpatienten in nahezu digitaler Vorgehensweise

Angstpatient, Bisshebung, digitale Kieferregistrierung, digitaler Workflow, Vermessungssystem

Dr. Lara Hansen, Fabian Völker

07 – Herstellung eines Eierschalenprovisoriums für den ersten Quadranten sowie eines 3D-Druckmodells, auf dem das Eierschalenprovisorium bereits in Position sitzt.

Kommt ein Angstpatient in die Praxis, stehen oft umfangreiche Therapiemaßnahmen an. Zahnärztliche Behandlung und prothetische Umsetzung müssen in solchen Fällen Hand in Hand gehen und mit möglichst wenig Sitzungen und in kurzen Behandlungszeitfenstern gut geplant werden. Wie das funktionieren kann, zeigen die Autoren anhand ihres Behandlungskonzepts #Safe für Angstpatienten, das eine rein digitale Planung der Versorgung vorsieht, die schrittweise im digitalen Workflow des Labors umgesetzt wird.

Der 70-jährige Patient stellte sich als Angstpatient vor, Ursache dafür ist eine vor 40 Jahren ohne Betäubung durchgeführte Wurzelbehandlung. Beim ersten Besuch in der Praxis ging es deshalb vornehmlich darum, das Vertrauen des Patienten zu gewinnen und ihn in seiner ‧Motivation zu stärken. Nach der professionellen Zahnreinigung (PZR) und der Erstuntersuchung schlug die Zahnärztin eine direkte prothetische Versorgung vor, da großer Behandlungsbedarf vorlag. Die Frontzähne waren stark kompromittiert und die Bisslage aufgrund der abge‧brochenen Seitenzähne inakzeptabel (Abb. 1). Um dem Patienten die Situation visuell zu verdeutlichen, wurde ein Intraoralscan (medit i500, Schütz Dental) durchgeführt. Der Patient wurde anhand der Bilder über die Vorgehensweise bei der prothetischen Versorgung in mehreren Teilschritten aufgeklärt (Abb. 2 bis 4).
Die Präparation und provisorische Versorgung erfolgte zunächst für die Zähne 16 und 15. Die Zähne 23 und 26 wurden extrahiert und mit einem Langzeitprovisorium versehen; die Zähne 21 und 18 wurden mit einer Füllung versorgt. Parallel erfolgten während der gesamten Therapiedauer PZR- und Paro‧dontalbehandlungen mit photo‧dyna‧mi‧scher sowie Ligosan-Therapie. Zudem fand eine begleitende Physiotherapie statt.

Funktionsreport des Patienten
Bei der digital basierten Kieferregistrierung mit dem Vermessungssystem Tizian JMA Optic by zebris wurden die Kiefergelenksbahnen aufgenommen, um daraus eine optimierte dynamische Bewegung für den späteren Zahnersatz zu generieren. Die Testung fand in der provisorischen Phase mit der Umsetzungsplanung für die definitive Versorgung statt. Es erfolgte das Matching der Daten aus dem Intraoralscan mit den Kieferregistrierungsdaten. Danach stellte der Zahntechniker digital die Bisshebung unter Berücksichtigung der optimalen Okklusion nach der Kieferrelation her (Abb. 5).

Erstellung eines digitalen Wax-ups nach der Bisshebung
Der Behandlungsplan der Zahnärztin sah eine quadrantenweise Präparation und Behandlung der Zähne vor. Da eine Bisshebung auf einer Seite nicht machbar war, nutzte der Zahntechniker die Vorteile eines Eierschalenprovisoriums und stellte dies nach der Präparation des ersten Quadranten her (Abb. 6 bis 8).
Nach drei Tagen erfolgte die Präparation des zweiten Quadranten sowie die Extraktion von Zahn 24. Erneut wurde das Eierschalenprovisorium mit dem Einsatzschlüssel in Position gebracht. Die komplette Bisshebung wurde in zwei Sitzungen durchgeführt. Um eine optimale Bisssituation zu erzielen, wurden im Unterkiefer die Zähne 36 bis 37 und 45 bis 46 mit PMMA-Onlays versorgt. Damit war die erste provisorische Phase abgeschlossen (Abb. 9 bis 15).

Korrektur der vertikalen Höhe
Die erhebliche Bisssperrung von 7 mm und die sehr ungewohnte neue Bisssituation führten dazu, dass der Patient häufig mit den Zähnen klapperte und nuschelte, sodass sich das Team dazu entschied, neue Provisorien herzustellen. Nach einem erneuten Intraoralscan wurden CAD-Provisorien auf die Präparationsgrenze gesetzt und der Biss um 1 mm auf 6 mm abgesenkt. Die Eierschalenprovisorien wurden heruntergenommen und die neuen nach dem Intraoralscan designten und in der CAM-Maschine gefrästen PMMA-Provisorien eingesetzt.

Die definitive Versorgung
Drei Monate lang dauerte die provisorische Phase, in der der Patient testete, ob er mit der neuen Okklusion gut klar kommt. Nach seiner positiven Einschätzung und Freigabe erfolgte die finale Präparation in beiden Quadranten. Während der Provisoriumsphase entschied sich der Patient dazu, auch die vorhandene Lücke bei den Unterkieferfrontzähnen mitversorgen zu lassen. Ebenfalls im CAD/CAM-Verfahren wurden Veneers aus e.max Press MT B3 von Zahn 32 bis Zahn 42 hergestellt. Auf Patientenwunsch wurden die unteren Frontzähne 31 und 41 einen Touch höher als die Zähne 32 und 42 gestellt. Dieser Wunsch resultierte aus der Vergangenheit, da die Originalzähne ebenso standen. Die Oberkieferversorgungen wurde aus Zirkonoxid-Blanks gefräst und mit Keramik individuell verblendet (Abb. 16 und 17).

Fazit
Dank des #Safe-Konzepts ist es möglich, eine vorausschauende digitale Planung vorzubereiten, die im Dialog zwischen dem Zahnarzt und dem Patienten vorab besprochen und komplett digital durchgeführt wird. Für den Patienten ist dieses Kommunikationstool wichtig, um jederzeit seine Wünsche mit einzubringen. Die digital basierte Kiefergelenksregistrierung bietet eine wichtige Grundlage für die Herstellung eines optimalen Bisses und eine sichere Prothetik, sodass Schmerzen im Kopf-, Nacken- und Rückenbereich vermieden werden.

Dr. Lara Hansen ist Zahnärztin. Nach einem zahntechnischen Praktikum 2007–2008 in einem Karlsruher Dentallabor entstand bei Lara Hansen der Wunsch, Zahnmedizin zu studieren. Sie absolvierte ihr Studium an der Philipps-Universität Marburg und approbierte als Zahnärztin. Nach mehreren Jahren der Assistenztätigkeit promovierte sie zum Thema „Einfluss verschiedener medikamentöser Einlagen auf den Haftverbund von AH Plus zum Wurzelkanaldentin“. Im Jahr 2017 gründete sie ihre eigene Praxis in Marburg.

Fabian Völker ist gelernter Zahntechniker. Seit 2019 ist er in der Geschäftsleitung der Zahntechnik Heidlindemann in Marburg tätig. Jahrelang war er in der Dentalindustrie mit dem Aufgabengebiet der instrumentellen Funktionsanalyse mit der digital basierten Kieferregistrierung in Zahnarztpraxen und Dentallaboren unterwegs. In dieser Funktion ist Fabian Völker auch heute noch als Referent bundesweit aktiv.

Kontakt
Dr. Lara Hansen
info@dr-lara-hansen.de
www.dr-lara-hansen.de
Zahntechnik Heidlindemann
info@zahntechnikheidlindemann.de
www.zahntechnikheidlindemann.de

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