Bericht

Steuer & Recht

29.08.24

Wachstum nachhaltig finanzieren

Finanzierungsmodell für die BAG und das MVZ

BAG, Berufsausübungsgemeinschaften, Finanzierungsmodell, MVZ, Wachstum

Prof. Dr. Johannes Bischoff

Finanzierungsrisiken von Gesellschaftern einer BAG und einer MVZ-GmbH lassen sich durch eine kluge Strukturierung deutlich vermindern. Und schnelles Wachstum heißt nicht zwangsläufig höhere persönliche Verschuldung. Insbesondere für größere Praxen gibt es spezielle Finanzierungsmodelle, die Wachstum ermöglichen, ohne dass die Inhabenden sich zusätzlich verschulden müssen.

Bei Berufsausübungsgemeinschaften und MVZ-GmbHs ist es heute immer noch weit verbreitet, dass jeder Gesellschafter das einbringt, was an Einlage aus Erspartem möglich ist. Der restliche langfristige Kreditbedarf wird durch einen Bankkredit der Gesellschaft abgedeckt.

Für diese Kredite der Gesellschaft haften bei einer BAG alle Gesellschafter persönlich mit ihrem gesamten Vermögen und bei MVZ-GmbHs wird üblicherweise eine Bürgschaft der Gesellschafter von den Kreditinstituten gefordert. Dies bedeutet, dass jeder Gesellschafter für den gesamten Kreditbedarf allein in Anspruch genommen werden kann.

Wesentlich flexibler und risikoärmer für jeden einzelnen Gesellschafter ist es, wenn nicht die Gesellschaft, sondern jeder Gesellschafter seinen Anteil am Kreditbedarf persönlich finanziert. Sein finanzielles Risiko ist auf die Rückzahlung nur dieses Kredites begrenzt. Er oder Sie haftet also nicht für den gesamten Kreditbedarf der BAG bzw. der MVZ-GmbH.

Außerdem kann die Kreditrückführung an die unterschiedlichen persönlichen Verhältnisse der Gesellschafter angepasst werden. Ein vermögender Gesellschafter kann seinen Anteil am Finanzbedarf schneller tilgen oder sogar ganz oder teilweise aus seinem Privatvermögen abdecken. Ein anderer Gesellschafter kann eine lange Laufzeit wählen, wenn er z. B. durch familiäre Verhältnisse eine schnellere Tilgung nicht stemmen kann.

Tipp: Wird die Finanzierung einer BAG in die Gesellschafterebene verlagert, so muss dies auch bei Entnahmerechten der Gesellschafter berücksichtigt werden, um sicherzustellen, dass die Gesellschafter Zins und Tilgung dieser Kredite bedienen können.

Wachstumspotenziale werden von manchen nicht genutzt, weil sie vor einer weiteren Verschuldung zurückschrecken. Wie Wachstum ohne weitere Verschuldung möglich ist, zeigt das folgende Fallbeispiel.

Fallbeispiel: Gelungene Finanzierung in zwei Schritten
Dr. Kiefer betreibt eine hochprofitable Praxis mit acht Behandlungseinheiten, DVT und moderner Einrichtung. Zusammen mit zwei angestellten Kollegen, einer Ausbildungsassistentin sowie zwei ZMP erzielt die Praxis jährlich 2,7 Mio. EUR Praxiseinnahmen und 700.000 EUR Gewinn. Dr. Kiefer hat sich auf Implantologie, sein Kollege Dr. Zahn auf die Endodontie spezialisiert. Der weitere Kollege und die Ausbildungsassistenz übernehmen die restlichen Versorgungen. Das Praxiskonzept ließe sich problemlos auf einen weiteren Standort übertragen.

Wachstumsschritt 1
Dr. Zahn möchte sich gerne an der Praxis von Dr. Kiefer beteiligen und nach einigen Gesprächen kommen sie auf die Idee, eine überregionale Berufsausübungsgemeinschaft (üBAG) zu gründen. Sie eröffnen in einer nahegelegenen Stadt einen zweiten Standort mit dem Praxiskonzept von Dr. Kiefer. Dieser bringt seine Praxis steuerneutral in die üBAG ein. Dr. Zahn nimmt persönlich einen Gründerkredit (500.000 EUR) auf. Er leistet davon eine Bareinlage in die üBAG, die in die Einrichtung des neuen zweiten Standorts sowie die Erstausstattung mit Material fließt. Mit der Bewertung der Praxis von Dr. Kiefer (2 Mio EUR) durch einen Sachverständigen sind beide einverstanden. Vom Gewinn erhalten beide vorab 25 % des von ihnen erwirtschafteten Honorars. Der Rest des Gewinns wird nach Vermögen verteilt, das heißt Dr. Kiefer erhält davon 80 % und Dr. Zahn 20 %. 

Wachstumsschritt 2
Schon nach anderthalb Jahren läuft der zweite Standort profitabel. Eine weitere Angestellte, Dr. Biss, wagt den Sprung in die Selbstständigkeit und beteiligt sich nach gleichem Muster. Die üBAG mit den beiden gut laufenden Standorten wird inzwischen mit 3,5 Mio. EUR bewertet. Daran ist Dr. Kiefer mit 80% und Dr. Zahn mit 20% beteiligt. In die neue üBAG bringt die neue Kollegin Dr. Biss 500.000 EUR ein. Mit diesem Geld wird der dritte Standort eingerichtet. Der Wert der neuen üBAG beträgt damit 4 Mio. EUR. Dr. Biss wird mit 12,5 % an der üBAG beteiligt (500.000 EUR: 4 Mio. EUR). Spiegelbildlich „verwässert“ sich das Kapital von Dr. Kiefer auf 70 % (0,8 x 3,5 Mio. EUR: 4 Mio. EUR) und das von Dr. Zahn auf 17,5 % (0,2 x 3,5 Mio. EUR: 4 Mio. EUR).

Überzeugendes Ergebnis 
Die Beteiligung von Dr. Kiefer ist 2,8 Mio. EUR wert, deutlich mehr als die seiner Einzelpraxis war (2 Mio. EUR). Er hat jetzt zwar nur noch ein Stück vom Kuchen (70 %), aber der Kuchen ist insgesamt größer geworden (4,0 Mio. statt 2,0 Mio.). Dr. Kiefer ist also erfolgreich gewachsen ohne persönlich einen neuen Kredit aufnehmen zu müssen. Wenn das Konzept erfolgreich ist, können weitere Wachstumsschritte mit neuen Zahnärzten nach genau demselben Prinzip erfolgen.
Auch die Zukunft von Dr. Kiefer ist abgesichert. Es werden sich sicher Kollegen finden, die seinen Anteil einmal zu einem angemessenen Preis übernehmen werden, wenn Dr. Kiefer aus dem Berufsleben aussteigen möchte. Die kollegiale partnerschaftliche Einbindung würde auch im Krankheitsfall den Fortbestand der Praxis sichern.

Bei einer unterstellten Bareinlage weiterer neuer Gesellschafter in Höhe von 500.000 EUR beträgt bei heutigem Zinsniveau und einer vollen Finanzierung (12 Jahre) der monatliche Kapitaldienst ca. 5.000 EUR. Liegt der erwartete Gewinnanteil der „Neuen“ deutlich über dem bisherigen Gehalt zzgl. 5.000 EUR, ist auch für sie eine Beteiligung wirtschaftlich sinnvoll. Absolut erwarten die neuen Gesellschafter einer solchen üBAG in aller Regel auch einen Gewinnanteil der über dem Durchschnittsgewinn eines niedergelassenen Zahnarztes liegt.

Die Kunst dieses nachhaltigen Wachstumskonzepts liegt darin, dass nicht nur die Praxiseinnahmen steigen, sondern das Ergebnis tatsächlich überproportional wächst. Gelingt dies, so partizipieren alle beteiligten Zahnärzte an der hohen Rentabilität und der Wertsteigerung.

Kontakt
Prof. Dr. Johannes Georg Bischoff
Prof. Dr. Bischoff & Partner
Treuhand- & Steuerberatungsgesellschaft
prof.dr.bischoff@bischoffundpartner.de
www.bischoffundpartner.de

Tipp

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