Fachbericht

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18.10.21

Was funktioniert in der Praxis?

Kritischer Rückblick: technische Innovationen in der Endodontie

Endodontie, Innovationen, Technik, Wurzelkanalbehandlung

Prof. Dr. Michael Hülsmann

In den vergangenen Jahrzehnten hat sich die Endodontie in vielerlei Hinsicht weiterentwickelt: Einerseits hat die Grundlagenforschung neben vielen noch nicht in die Praxis transferierbaren Erkenntnissen über die Funktionen, Erkrankungsmechanismen und Heilungsverläufe der Pulpa sowie der periradikulären Gewebe auch deutliche – bereits praxisrelevante – Fortschritte erbracht. So konnte zum Beispiel hinsichtlich der Vital­erhaltung bei vermeintlich irreversibler Pulpitis das Indikationsspektrum der Pulpotomie erheblich erweitert werden und mit der regenerativen Endodontie ein (fast) vollständig neuer Therapieansatz implementiert werden, der sich bereits klinisch zu bewähren scheint. In der klassischen Wurzelkanalbehandlung dominierten andererseits weniger konzeptionelle Neuerungen und Fortschritte als vielmehr zahlreiche technische Neu- oder Weiterentwicklungen. Einige dieser technischen Innovationen der vergangenen Jahrzehnte sollen im Folgenden vorgestellt, auf ihre Bedeutung für die Endodontie beleuchtet und kritisch diskutiert werden.

Nachgefragt
Welches technische Hilfsmittel wäre für meine Praxis und meine Wurzelkanalbehandlungen das wichtigste beziehungsweise welches sollte ich mir unbedingt zulegen?

Prof. Dr. Michael Hülsmann: Die Antwort auf diese oft gestellte Frage ergibt sich aus einer (selbst-)kritischen Bewertung der eigenen Tätigkeit. Am sinnvollsten erscheint es zu überprüfen, ob die erkannten Mängel, zum Beispiel in Diagnostik, Präparation, Desinfektion oder Obturation mit neuen Geräten behoben werden können. Oft sind jedoch Verbesserungen des Konzepts wichtiger und effektiver als die Beschaffung neuer Geräte. Das Dentalmi­kroskop und Hilfsmittel zur Intensivierung der Desinfektion, zum Beispiel Ultraschall oder Eddy, sollten auf der Einkaufsliste weit vorne stehen.

Die Wurzelkanalbehandlung ist eine ­biologisch orientierte Therapieform, die auf die Vitalerhaltung der Pulpa oder die Prävention und Heilung apikaler ­Parodontitiden fokussiert. Dies setzt ein primär biologisch, das heißt im Wesentlichen antibakteriell ausgerichtetes Behandlungskonzept voraus, das aber nicht ohne apparative Hilfsmittel realisierbar ist. Der folgende Beitrag beleuchtet kritisch die Entwicklung der technologischen Hilfsmittel für eine Wurzelkanalbehandlung über die vergangenen Jahrzehnte.

Diagnostik
Die exakte Diagnostik des Zustands der Pulpa und der periapikalen Gewebe ist die Grundlage einer zielgerichteten, kausal orientierten Therapie. Nach wie vor stellt jedoch die Diagnostik eine gravierende Schwachstelle der modernen End­odontie dar. Ein Rückblick auf die vergangenen Jahrzehnte zeigt, dass es in diesem essenziellen Bereich keine signifikanten Fortschritte gegeben hat [1 – 3]. Die Diagnose des Pulpazustands basiert derzeit nach wie vor nicht auf der Analyse von Entzündungsmediatoren, sondern auf der wenig gesicherten und sehr fehleranfälligen Bewertung von Surrogaten (Sensibilitätstests, klinische Symptome). Die Dia­gnose der Periapikalregion fußt auf der nicht minder approximativen Bewertung von Perkussionstest und Röntgenbild. Die jeweiligen Sensitivitäten und Spezifitäten endodontischer Diagnoseverfahren lassen auch im 22. Jahrhundert in vielen Fällen keine verlässliche Diagnose zu. Lediglich zwei Ansätze zur genaueren Bestimmung des Entzündungsgeschehens verdienen Erwähnung:
die Laser-Doppler-Flowmetrie: mithilfe einer Lasermessung wird versucht, die Fließgeschwindigkeit der Erythrozyten in der Pulpa zu ermitteln und hieraus Rückschlüsse auf den Entzündungsstatus zu ziehen [4]. Der Ansatz verspricht eine hohe Präzision, das Verfahren ist aber technik- und gerätesensitiv und derzeit noch nicht praxisreif.
die Messung inflammatorischer Zyto­kine in der Pulpa: diese Art der Bestimmung des pulpalen Entzündungszustands basiert auf dem qualitativen und quantitativen Nachweis von Entzündungsmediatoren (Zytokine) im Dentinliquor. Die Gewinnung ausreichender Mengen an Dentin­liquor aus der (noch) nicht exponierten Pulpa ist schwierig, die Bestimmung ist nur über laborchemische Verfahren, also mit zeitlichem Verzug und nicht chairside möglich. Rückschlüsse von der Zusammensetzung und Menge der Zytokine auf Zustand und Prognose der Pulpa sind derzeit noch nicht mit ausreichender Sicherheit möglich [5].
Beide Ansätze messen direkt den Ent­zündungsprozess und versuchen nicht nur, klinische Symptome zu quanti­fizieren und in ein Diagnose- und nachfolgend ein Therapieschema zu transferieren.

Die digitale Volumentomografie
Seit einigen Jahren steht neben dem zweidimensionalen Röntgen auch die digitale Volumentomografie (DVT) zur endodontischen Diagnostik zur Verfügung. Die DVT erlaubt dabei erstmals die dreidimensionale Darstellung eines Zahns. Für endodontische Zwecke wird in der Regel nicht die Vollansicht, sondern eine Aufnahme mit einem kleinen, sogenannten „Field of view“ genutzt. Es wurde bereits nachgewiesen, dass die DVT dem Röntgenbild in der Darstellung von Feinstrukturen in der Regel deutlich überlegen ist; so werden damit circa 20 % mehr periapikale Läsionen dargestellt als mit einer Röntgenaufnahme. Ungewollter Nebeneffekt ist hierbei natürlich, dass sich auch in den endodontischen Recallaufnahmen, sofern sie ebenfalls mit dem DVT angefertigt werden, 20 % mehr Zähne als Misserfolge mit persistierenden Läsionen präsentieren. Würde präoperativ ein DVT angefertigt, postoperativ aber eine konventionelle Röntgenaufnahme, ließen sich demzufolge 20 % der Läsionen ohne jegliche klinische Intervention „heilen“.
Als Nachteile der DVT sind neben den hohen Investitionskosten der erhöhte Zeitaufwand bei der Auswertung und die erhöhte Strahlenbelastung der Patien­ten zu nennen. Metallische Strukturen, zum Beispiel Wurzelstifte oder Kronen, können Artefakte hervorrufen und die Auswertung behindern. Als eine der wichtigsten Indikationen zur Anfertigung einer DVT gilt das dentale Trauma: Dank der präziseren Darstellung der knöchernen Strukturen können beispielsweise bei einer Alveolarfortsatzfraktur oder Fraktur der bukkalen Knochenlamelle diese Verletzungen sicherer diagnostiziert und die Schienungszeiten entsprechend angepasst werden. Auch bei unklarer Diagnostik, sehr komplexen anatomischen Strukturen, einer Beteiligung der Kieferhöhle oder des Nervus alveolaris inferior oder zum Management endodontischer Komplikationen kann eine digitale Volumentomografie unter Umständen hilfreich sein. Eine Aufnahme sollte aber immer nur dann angefertigt werden, wenn tatsächlich therapierelevante Informationen zu erwarten sind. Die Regeln des Strahlenschutzes (ALARA) sind zu beachten!
In einer Reihe von Studien wurde gezeigt, dass die Therapieentscheidung nach zusätzlicher Anfertigung einer DVT modifiziert wurde [6,7].

Das Dentalmikroskop
Zu den bedeutendsten Innovationen in der Endodontie zählt zweifellos das Dentalmikroskop. Der Ursprung der Anwendung eines Mikroskops in der Endodontie reicht allerdings schon viel weiter zurück; aufgrund von Verbesserungen in den Optiken und der Einführung erheblich verbesserter Lichtquellen, zum Beispiel von LED-Licht, stehen heute deutlich leistungsstärkere Geräte zur Verfügung.
Das Mikroskop kann für viele einzelne Schritte und Indikationen in der Endodontie eingesetzt werden: Dies reicht von der präoperativen (Risse, Sprünge, Frakturen), intrakoronalen (Cracks, Kalzi­fikationen, Dentikel, Wurzelkanaleingänge) und intrakanalären Diagnostik (Füllungsreste, Gewebezustand, Kalzifikationen, Fremdkörper) bis zum Einsatz beim Management von Behandlungsproblemen (Perforationsverschluss, Revisionsbehandlungen, Umgehen von Stufen et cetera). Mit Studien nachgewiesen sind bislang aber nur erhöhte Erfolgsquoten bei der Entfernung frakturierter Instrumente und bei der Darstellung des zweiten mesiobukkalen (mb2) Wurzelkanals in Oberkiefermolaren [8,9] (Abb. 1). Das Mikroskop gehört mit Sicherheit zu den wichtigsten und hilfreichsten Innovationen der vergangenen Dekaden in der Endodontie.

Anästhesie
Ergänzend zur klassischen Infiltrations- oder Leitungsanästhesie haben sich vor allem in der Endodontie die intraligamentäre und intrapulpale Anästhesie etabliert. Sie erweisen sich vor allem bei der Wurzelkanalbehandlung an pulpitischen Unterkiefermolaren als sehr hilfreich, da diese häufig mit den üblichen Methoden nicht vollständig und ausreichend zu anästhesieren sind. Für diese Anästhesietechniken wurden zahlreiche unterschiedliche Druckspritzensysteme entwickelt. Ein weiteres Hilfsmittel steht mit der intraossären Injektion zur Verfügung, bei der das Anästhetikum mit Druck direkt ortsnah in den Alveolarknochen appliziert wird. Moderne Systeme wie Stabident (Fairfax Dental) oder The Wand (Cumdente) injizieren das Anästhetikum computergesteuert extrem schmerzarm [10–12].

Längenbestimmung
Die Entwicklung der elektrischen Messung der Wurzelkanallänge geht zurück auf erste Versuche durch Custer im Jahre 1913. Suzuki (1942) und Sunada (1962) legten mit ihren Studien, in denen sie einen konstanten Widerstand zwischen Mundschleimhaut und apikalem Desmodont nachwiesen, die Grundlagen für den Aufschwung der Endometrie in den 60er und 70er Jahren. In Deutschland erlangte dieses anfangs auf einer Widerstandsmessung mit Gleichstrom beruhende Messverfahren breitere Popularität mit der Aufnahme einer entsprechenden Gebührenposition in die GOZ 1984. Die heutigen Endometriegeräte verwenden, beruhend auf Arbeiten von Kobayashi et al. (1994), statt der Widerstandsmessung die deutlich präzisere Impedanzquotienten- oder Impedanzgradientenmessung, bei der mit mehreren Frequenzen gemessen wird, zum Beispiel RootZX (Morita). Mithilfe der elektrischen Messung sind eine erheblich präzisere Lokalisation der apikalen Konstriktion, der engsten Stelle des Wurzelkanals, und eine genauere Messung der Wurzelkanallänge möglich. Die auf diesen Messungen basierende Definition der endodontischen Arbeitslänge verbleibt aber weiterhin in zahnärztlicher Hand. Es liegen keine Nachweise vor, dass die mit einiger Regelmäßigkeit angebotenen neuen Endometriegeräte jeweils auch eine höhere Messgenauigkeit aufweisen [13,14].

Präparation
Bis vor wenigen Jahren stellte die Erweiterung mit Handinstrumenten aus Edelstahl den Standard der Wurzelkanalpräparation dar, obwohl die maschinelle Präparation bereits seit den 60er Jahren ebenfalls weitverbreitet war. Mit dem Endolift (Kerr), dem IntraEndo-Winkelstück (KaVo), dem 1958 vorgestellten Racer (Cardex), dem DDR-Winkelstück Alternator, dem Endocursor (W & H) oder dem Dynatrak (Dentsply) wurden mehrere End­odontiewinkelstücke mit unterschiedlichem Bewegungsmodus (Rotation, Hubbewegung, starre Kombination aus Rotation und Hub) angeboten (Abb. 2).
Das bekannteste Hilfsmittel war jedoch das Giromatic-Winkelstück (MicroMega) (Abb. 3), das mit einer wechselseitigen 90 °-Bewegung arbeitete und somit als Pionier der reziproken Präparation gelten kann. Mitte der 80er Jahre kam mit dem „Canal-Finder-System“ (CFS/SET) erstmals ein Endodontie-Winkelstück auf dem Markt, das nicht mehr mit einem absolut starren Bewegungsablauf agierte, sondern einen teilweise flexiblen Bewegungsmodus aufwies: Eine initial reine Hubbewegung, deren Hubhöhe mit zunehmender Drehzahl kleiner wurde, wurde durch Drehbewegungen ergänzt, sobald die Feile im Wurzelkanal Friktion bekam. Damit beeinflusste erstmals die Wurzelanatomie den Bewegungsablauf. Über ein integriertes Leitungssystem wurde zusätzlich NaOCl auf die eingespannte Feile gelenkt, sodass die Präparation unter permanenter Flüssigkeitszufuhr erfolgte. Der Canal-Finder war zudem das erste Winkelstück, das parallel zur Präparation eine elektrische Längenmessung (mit begrenzter Messgenauigkeit) durchführte. Eine Reihe der bereits mit dem Canal-Finder eingeführten Modifikationen und Ergänzungen finden sich bei derzeit gängigen Präparationssystemen wieder, dazu zählen: adaptive Präparation, variabler Bewegungsablauf, integrierte Flüssigkeitsapplikation und integrierte Längenmessung.
Ein zweites Präpariersystem mit inte­grierter Längenmessung war das TriAutoZX­ (Morita; die Weiterentwicklung wird unter dem Namen Dentaport vertrieben), ein kabelfreies Winkelstück, das bei Erreichen der Arbeitslänge die Feilenrotation stoppte.
Im Jahre 1998 wurden die ersten NiTi-Instrumente vorgestellt, zunächst mit konventioneller ISO-Geometrie als reine Handinstrumente; die Weiterentwicklung zur maschinellen Anwendung erfolgte aber nur wenig später. Die Instrumente wurden zunächst im konventionellen Winkelstück mit freier Wahl der Geschwindigkeit durch den Anwender eingesetzt, was in einer inakzeptabel hohen Inzidenz von Instrumentenfrakturen resultierte. Konsequenterweise wurden in der Folge Spezialmotoren mit konstanter Geschwindigkeit und einprogrammierten Torquewerten vorgestellt, mit deren Hilfe es gelang, eine ausreichende Arbeitssicherheit zu gewährleisten. Neuere Versionen dieser Motoren sind – wie bereits der Canal-Finder und das TriAutoZX – mit integrierter elektrischer Längenmessung ausgestattet, allerdings weiterhin nur mit begrenzter Messgenauigkeit und einer deutlichen Tendenz zur Überinstrumentierung („Bremsweg“) [15,16].
Die Geschichte der NiTi-Systeme begann mit Instrumenten, deren Geometrie der klassischen ISO-Norm entsprach (unter anderem 2%ige Steigung), und die in der Standardtechnik eingesetzt wurden. Beginnend mit kleinen Instrumenten wurde von Beginn an auf Arbeitslänge präpariert. Um die Instrumente im Wurzelkanal zu zentrieren, waren sie mit seitlichen Führungsflächen versehen. Die Arbeitsweise war überwiegend eher passiv schabend. Mit LightSpeed (Kerr) kam Mitte der 90er Jahre erstmals ein Instrument mit einer von der ISO-Norm vollständig abweichenden Geometrie auf den Markt. Die Instrumente waren im Prinzip konstruiert wie Gates-Glidden-­Bohrer: mit einem kleinen, an der Spitze nichtschneidenden, Köpfchen unterschiedlicher Größe und Konizität und einem langen, dünnen hochflexiblen NiTi-Schaft (Abb. 4). Aufgrund der nur wenige Millimeter betragenden Länge des Arbeitskopfes musste jedes Instrument nur eine kurze Strecke des Wurzelkanals aktiv schneidend bearbeiten, es resultierten eine geringe Belastung der Instrumente und extrem kurze Arbeitszeiten pro Instrument (jeweils wenige Sekunden). Mit LightSpeed war aufgrund der hohen Flexibilität und des Arbeitsprinzips in der Regel eine um ein bis zwei, manchmal drei Größen weitere Präparation als mit anderen seinerzeit gängigen NiTi-Systemen möglich. LightSpeed-Instrumente werden von Endodontie-Spezialisten auch heute noch gerne zum Ausmessen des Durchmessers der apikalen Konstriktion verwendet.
Mit der Markteinführung der ProFile-­Instrumente (ProFile .04 oder Pro­File .06/Dentsply) (Abb. 5) änderten sich Instrumentengeometrie und Präparationstechnik grundlegend. Anstelle der von der ISO-Norm vorgegebenen 2 %-­Konizität wiesen die Instrumente eine 4 %ige oder sogar 6 %ige Steigung auf. Begonnen wurde nun mit großen Instrumenten, die bis zum Erreichen der Arbeitslänge kontinuierlich kleiner wurden, das heißt, entweder Durchmesser oder Steigung (oder beides) nahmen ab. Diese sogenannte Crown-down-Technik war allerdings lange zuvor schon für die manuelle Präparation beschrieben worden. Wie schon bei den LightSpeed-Instrumenten war die zugrunde liegende Absicht, dass jedes Instrument nur einen begrenzten Abschnitt des Wurzelkanals bearbeiten muss und dadurch die Belastung des Instruments reduziert wird. Neben einer Verkürzung der Arbeitszeit sollen Crown-down-Techniken zu weniger Begradigungen des Wurzelkanals und geringeren Mengen apikal extrudierten Debris führen. In der folgenden, zweiten Generation der NiTi-Instrumente (Abb. 6) wurden die breiten Führungsflächen (radial lands) durch effektiver arbeitende Schneidendesigns ersetzt, zum Beispiel ProTaper (Dentsply) oder FlexMaster (VDW); die Mehrzahl der Instrumente entsprach aber immer noch dem Typ des Reamers [17]. Die ProTaper-Instrumente (Abb. 7) waren neben den LightSpeed-Instrumenten die ersten, die sich nicht mehr nach der ISO-Norm richteten und statt einer uniformen 2%igen Steigung unterschiedliche Konizitäten in einem Instrument aufwiesen: Bei den Shaping-Feilen von apikal nach koronal zunehmend, bei den Finishing-Feilen umgekehrt. Erst in der dritten Generation wurden zunehmend Instrumentensysteme mit einem effektiveren Hedstroem­Feilendesign angeboten (zum Beispiel Mtwo/VDW). Die Innovationen betrafen nun hauptsächlich die Metallurgie: anstelle der „klassischen“ NiTi-Legierung wurde nun mit Modifikationen gearbeitet, zum Beispiel M-wire, die die Instrumente nochmals deutlich flexibler machten. In den bislang letzten beiden Generationen erfolgten Veränderungen des Bewegungsablaufs, zum Beispiel ­vibrierend: SAF (ReDentNova), schwingend: XPEndo, (FKG), reziprokierend: Reciproc (VDW), WaveOne (Dentsply) oder adaptiv: Twisted Files Adaptive (Kerr), und Veränderungen des Instrumentenquerschnitts, zum Beispiel SAF; ProTaper Next (Dentsply) [17].
Die Instrumentensets wurden weiter verkleinert bis hin zu den Single-File-Systemen, zum Beispiel Reciproc (VDW), WaveOne (Dentsply), ­Procodile (­Coltene) und den Single-use-Instrumenten. Durch thermische Vorbehandlung während der Herstellung der Instrumente konnten eine Erhöhung der Flexibilität und eine Verbesserung der Schneidfähigkeit erreicht werden, wie beispielsweise bei WaveOne Gold (Dentsply) oder Reciproc Blue (VDW). Die Innovationszyklen auf dem Instrumentensektor verliefen und verlaufen aber teilweise so schnell, dass eine zeitnahe wissenschaftliche Überprüfung der Instrumenteneigenschaften kaum noch stattfindet, das bedeutet, dass viele Instrumente ohne ausreichenden Nachweis ihrer Eigenschaften, Vor- und Nachteile auf den Markt gebracht werden.
Bestimmendes Merkmal der Instrumentenentwicklung über die gesamten Jahre ist, dass es weniger um die Einführung neuer Einzelinstrumente, sondern um die Fort- und Neuentwicklung von Instrumentenystemen mit genau berechneten Instrumentensequenzen geht [17]. Neben Detailveränderungen deuten sich auch konzeptionelle Neuorientierungen an: Während bislang allen Instrumenten die Zielvorgabe der Präparation eines möglichst perfekt runden Wurzelkanals zugrunde lag – nichts anderes ist letztlich mit rotierenden (oder reziprokierenden) Instrumenten mit rundem, dreieckigem, quadratischem oder rechteckigem Querschnitt möglich – gehen zwei Systeme einen anderen Weg, die einen notwendigen und logischen Paradigmenwechsel in der Präparation einleiten könnten:
– XP Endo (FKG)
Das aus einer modifizierten NiTi-Legierung gefertigte Instrument (Abb. 8) ändert seine Form je nach Temperatur: Aus einem geraden Instrument wird bei Körpertemperatur ein mehr oder weniger gewelltes Instrument, dessen Amplitude bei einer Rotationsbewegung bis an die Wurzelkanalwand reicht. In engen Wurzelkanälen ist die Amplitude kleiner, in weiteren größer, Limit ist jeweils der Wandkontakt. Auf diese Weise bestimmt nicht so sehr das Instrument die spätere Präparationsform, sondern der originäre Wurzelkanalquerschnitt die Präparation durch die Feile. Idealerweise können so die präoperative Wurzelkanalgeometrie besser erhalten, Begradigungen vermieden und ein größerer Anteil der Wurzelkanalwand bearbeitet werden [18].
Der Unterschied zur ebenfalls vibrierenden Ultraschallbearbeitung des Wurzelkanals mit unkontrolliertem Materialabtrag und häufiger Stufenbildung besteht in der hohen Flexibilität der verwendeten Instrumente.

– Self Adjusting File (SAF)
Ist bei den XPEndo-Instrumenten die „traditionelle“ Instrumentengeometrie noch erkennbar, geht die SAF einen vollständig anderen Weg (Abb. 9a & b). Zwei breite NiTi-Lamellen sind durch zahlreiche feinere Querverstrebungen miteinander verbunden, wodurch sich das im Inneren hohle Instrument zu einem flach-ovalen Querschnitt zusammenpressen lässt. Aufgrund dieses flexiblen und variablen Querschnitts kann sich die vibrierend, nicht rotierend arbeitende SAF sehr gut an den originären Kanalquerschnitt anpassen und beispielsweise einen ovalen Wurzelkanal so zirkumferent erweitern, dass die postoperative Querschnittsform immer noch oval ist. Der Substanzabtrag im Dentin erfolgt nicht schneidend, sondern eher schmirgelnd. Über das hohle Innere der SAF erfolgt während der gesamten Präparation ein kontinuierlicher Zufluss von NaOCl, das durch die vibrierende Feile aktiviert wird und – neben der bereits während der Präparation erfolgenden Desinfektion – eine exzellente Reinigung des Wurzelkanals bewirkt [19].
Für beide Systeme liegen mittlerweile bereits zahlreiche Studien vor, die ihre Praxistauglichkeit belegen [19]. Als noch nicht gelöstes (Folge-)Problem bleibt festzustellen, dass die resultierende Präparationsform nicht klar definiert ist und noch keine präparationskonforme Fülltechnik beschrieben ist.
Sowohl bezüglich der Präparationsinstrumente als auch der Präparationstechniken wurden in den letzten Dekaden extreme Fortschritte erzielt, die die Präparation schneller, einfacher und sicherer machen und zu besser vorhersagbaren Ergebnissen bezüglich der Präparationsform führen. Ein Nachweis, dass dies auch in besseren klinischen Erfolgsquoten resultiert, steht allerdings nach wie vor aus.
Nicht durchsetzen konnte sich der Versuch einer nichtinstrumentellen ­Technik (Non-Instrumental Technik, NIT), bei der versucht wurde, das Wurzelkanalsystem mithilfe einer Art Vakuumpumpe von Geweberesten zu befreien, zu desinfizieren und mit einem Sealer zu verschließen [20].
Fazit: Zusammenfassend lässt sich bezüglich der Wurzelkanalpräparation an Fortschritten festhalten: das Revival der reziprokierenden Kinematik, die Entwicklung flexiblerer Instrumente, die Einführung vibrierender und schwingender Präparationstechniken. Weniger Instrumente, kürzere Arbeitszeiten, eine bessere Formgebung mit weniger Präparationsfehlern und eine substanzschonendere Präparation stellen ebenfalls wichtige Errungenschaften dar.
Keine entscheidenden Fortschritte gibt es in Bezug auf eine signifikante Verbesserung der Reinigungswirkung (Ausnahme SAF) und der Keimreduktion, auch die Simplifizierung (Single-File-Konzepte) und die Überbewertung der (röntgenologisch erkennbaren) Präparationsform sind kritisch zu diskutieren.
Ungeklärt bleiben die Bedeutung des Gleitpfads, die Vor-/Nachteile der Patency-­Technik und die Definition und Ermittlung der optimalen Präparationsgröße (Durchmesser, Taper).
Keinen Hinweis gibt es bislang, dass neue Präparationsinstrumente und -techniken sich auch in einer erhöhten klinischen Erfolgsquote widerspiegeln. Nachgewiesen sind lediglich die Überlegenheit gegenüber Handinstrumenten aus Edelstahl in der Formgebung und die Reduktion von Präparationsfehlern, vor allem bei Ungeübten, zum Beispiel Studierenden.

Guided endodontics
Seit wenigen Jahren häufen sich Berichte und Untersuchungen zu den sogenannten „Guided endodontics“. Mithilfe entsprechender Computersoftware, die auf den Daten einer Computertomografie (DVT) aufbaut, soll eine präzisere Präparationsplanung – hinsichtlich Lage und Größe der Zugangskavität, Länge, Durchmesser, Taper und Einschubrichtung der Instrumente – ermöglicht werden. Bewährt hat sich diese Technologie bislang vor allem bei der Behandlung von Zähnen mit kalzifiziertem Endodont. Eine nach den DVT-Daten angefertigte Bohrschablone erlaubt das Auffinden der Wurzelkanäle auch in schwierigen Fällen, zum Beispiel bei Kalzifizierung nach einem Trauma [21–25].

Desinfektion
1883 Cohn: Elektrosterilisation, 1898 Diathermie, 1925 Joulisierung, 1934 Ozonisation, 1936 Chlorgasmethode, 1953 Heiße Spülung nach Prader, 1957 EDTA nach Nygaard-Østby: Diese kurze und unvollständige Aufzählung zeigt bereits, dass die Desinfektion neben der Präparation schon immer im Mittelpunkt des endodontischen Interesses stand und steht. Nicht wenige dieser scheinbar antiquierten Techniken tauchen interessanterweise in modifizierter Form heute wieder auf, wie EDTA, warme Spülung oder die Ozonanwendung.
Im Jahre 1957 schlug Richman erstmals die Verwendung von Ultraschall während der WSR vor, 1976 propagierten Cunningham & Martin die Ultraschallaktivierung von Instrumenten zur Präparation und zur Verbesserung von Reinigung und Desinfektion des Wurzelkanals, das „Ultrasonic synergistic system of endodontics“ [26]. Während sich die Ultraschallpräparation nicht durchsetzen konnte, unter anderem wegen häufiger Begradigungen und Stufenpräparationen in gekrümmten Wurzelkanälen, galt die Ultraschallaktivierung lange Zeit als Goldstandard der Desinfektion. Hochfrequent schwingende Stahlinstrumente, in der Regel ISO-Größe 15, sollen – idealerweise ohne Wandkontakt – die Desinfektionslösung in Schwingungen versetzen (acoustic streaming), Kavitationseffekte erzeugen (cavitation) und die Lösung auf diese Weise aktivieren (Abb. 10). Die Kombination aus chemischen und mechanischen Effekten resultiert sowohl in einer vergleichsweise guten Reinigungswirkung (Abb. 11) als auch einer Verbesserung der antibakteriellen Wirkung [26]. Die sogenannte PUI (passive ultrasonic irrigation) [27] markierte einen der größten technologischen Fortschritte mit hoher klinischer Relevanz der 80er Jahre.
Versuche, die Desinfektion mithilfe der Elektrosterilisation (Endox, Lysis), Druckanwendung bei der Applikation (hydrodynamische Desinfektion: Rins­Endo, Duerr), der aus den 30er Jahren wiederbelebten Depotphorese (Humanchemie) [28] oder der Ozonanwendung (HealOzone, KaVo) [29] zu verbessern, konnten sich nicht durchsetzen.
Die bereits aus den 1980er Jahre stammende Idee, den Wurzelkanal mithilfe von Unterdruck zu reinigen (Non-instrumental technique), wurde bei der Entwicklung des EndoVac-Systems (Discus Dental) (Abb. 12) wieder aufgenommen [30, 31].
Bei der Photoaktivierten Desinfektion (PAD) beziehungsweise der Photodynamischen Therapie (PDT) (zum Beispiel Photosan, Loser; PAD, Cumdente oder aPTD, Helbo) werden Photosensibilisatoren in den Wurzelkanal appliziert, die sich in Bakterienzellwänden ansammeln und durch Bestrahlung mit Licht bestimmter Wellenlängen aktiviert werden. Es entsteht kurzlebiger Singulett-Sauerstoff, der eine oxidative Zerstörung von Enzymen und Lipiden in der Bakterienzellwand bewirkt [32, 33].
Widersprüchliche Daten finden sich zur Wurzelkanaldesinfektion mit Lasern. Diodenlaser, Nd:YAG- und Er:YAG-Laser scheinen CO₂-Lasern in der Entfernung der Schmierschicht und der Desinfektionswirkung überlegen zu sein, ein signifikanter Vorteil in der Desinfektion ist umstritten, Probleme der Applikation – Eindringtiefe und Fraktursicherheit der optischen Fasersysteme, Vermeidung von Hitzeschäden, ideale einzelzahnbezogene Applikationsparameter – sind nicht zufriedenstellend gelöst [33, 34].
Die Aktivierung der Desinfektionslösung durch Laserstrahlung (LAI, Laser Activated Irrigation) könnte aber ebenso wie das Photon Induced Photoacoustic Streaming (PIPS) oder das Shock Wave Enhanced Emission Photoacoustic Streaming (SWEEPS) neue Perspektiven der Desinfektion eröffnen. Durch die Applikation von Laserstrahlen nicht an die Kanalwand, sondern in die Desinfektionslösung werden Strömungsphänomene induziert, wie Vakuum, Blasenbildung und -implosion sowie Schockwellen, die in einer Aktivierung der Lösung und einer verbesserten mechanischen Reinigungswirkung resultieren. Eine abschließende Bewertung dieser Technologien erscheint zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht möglich [35–37].
Das GentleWave-System (Sonendo) generiert Schallwellen im Pulpakavum, die eine hydrodynamische Kavitation mit einem breiten Frequenzspektrum bewirken. Über Reinigung und Desinfektion liegen sehr positive Berichte vor [38].
Der von Clifford Ruddle entwickelte EndoActivator (Dentsply) und Eddy (VDW) nutzen niedrige Schwingungsfrequenzen (EndoActivator: Spezialhandstück mit circa 600 Hz, Eddy: Airscaler mit circa 6000 Hz) zur Aktivierung der Desinfektionslösung mithilfe von Plastikspitzen (Größen: Eddy 25/.04; EA 20, 25, 30, alle mit 4 % Steigung). Aufgrund der deutlich höheren Intensität scheint Eddy hinsichtlich Reinigung und Desinfektion das überlegenere System zu sein, das der passiven Ultraschalldesinfektion offenbar nur geringfügig unterlegen ist. Neben Kostenaspekten liegen entscheidende Vorteile beider Techniken in der Sicherheit (Frakturen) und der im Gegensatz zu Ultraschall nichtinvasiven Arbeitsweise [39]. Ebenfalls schwingend arbeitet der aus NiTi hergestellte XP­Endo Finisher (FKG) (Abb. 13), der vergleichbar dem bereits vorgestellten XPEndo-Shaper ebenfalls sein Kristallgitter und in Folge seine Form bei Temperaturänderung von 20 °C auf 35 °C verändert [39].
Auch für die SAF ist eine gute Reinigungs- beziehungsweise Desinfektionswirkung nachgewiesen (Abb. 14), die auf die Kombination aus mechanischer Schmirgelwirkung, permanenter Zufuhr großer Mengen an Desinfektionslösung und deren Aktivierung zurückzuführen ist [19].
Zu beachten ist, dass neben den zahlreichen unterschiedlichen technischen Lösungsansätzen zur Verbesserung und Effizienzsteigerung der Reinigung und Desinfektion auch zahlreiche Initiativen und Forschungsansätze zur Optimierung der Desinfektionslösungen verfolgt werden, dazu zählen Octenidin, Kombinationspräparate, Biogläser, Etidronsäure und weitere [41].
Fazit: Die Wurzelkanaldesinfektion ist letztendlich ein Prozess mit zahlreichen Variablen, deren individueller Einfluss auf die Prognose einer Behandlung bislang nicht nachgewiesen ist [42].

Obturation
Vergleichsweise wenig Innovationen finden sich im Bereich der Wurzelkanalfüllung. Nach wie vor stellen Guttapercha in der Alpha- (thermoplastische Obturation) oder Beta-Konfiguration (kalte laterale Kompaktion) in Kombination mit einem Sealer die Standardmaterialien dar, für deren Verarbeitung einzelne Geräte entwickelt wurden [43].
Bereits 1967 beschrieb Herbert Schilder die Technik „warm vertical compaction“ mithilfe von manuell eingesetzten Pluggern. Zehn Jahre später, 1977, erlaubte das Obtura-System (ADS) (Abb. 15) die maschinelle Injektion extraoral bei Temperaturen von 200 °C verflüssigter Alpha-Guttapercha. Das Ultrafil-Gerät (1984, Coltene) und aktuell BeeFill (VDW) (Abb. 16) arbeiten nach ähnlichen Prinzipien der Guttapercha-Injektionstechnik.
Die auch heute noch zur Single-Cone-Obturation verwendeten Thermafil-Stifte (Dentsply) wurden 1978 vorgestellt. Der ursprünglich verwendete Metallkern wurde später durch einen Kunststoffträger ersetzt. Eine Übersicht über klinische Studien mit Thermafil-Obturation zeigte eine mittlere Erfolgsquote von 83  % ­(CI 66 – 91 %) [44]. Vergleichbare Systeme verwenden anstelle des Plastikträgers einen Kern aus kreuzvernetzter Guttapercha, zum Beispiel GuttaCore (Dentsply) oder GuttaFusion (VDW). Versuche der adhäsiven Wurzelkanalfüllung (Resilon/Pentron Clinical Technologies)) [45] erwiesen sich hingegen langfristig als nicht erfolgreich, da es zur Degradation des Materials im Wurzelkanal kam und materialinhärente Probleme (Aushärtung, C-Faktor) nicht zufriedenstellend gelöst werden konnten.
Das von Lussi et al. 1993 beschriebene Nicht-Instrumentelle System (NIT, siehe eingangs) sollte auch die vakuumbasierte Obturation mit einem „eingesaugten“ Sealer erlauben, konnte sich jedoch aufgrund gravierender technischer Probleme nicht durchsetzen.
Die wichtigsten Innovationen in der Obturation betreffen die Entwicklung neuer Sealer-Materialien, vor allem der kalzium­silikatbasierten Sealer [46].

Weitere Innovationen
Zur Entfernung frakturierter Instrumente wurden anfangs Handinstrumente verwendet, bis in den 60er Jahren das Masseran-Kit (MicroMega) einen ersten Versuch markierte, Fragmente mit einem maschinell betriebenen Trepanbohrer freizulegen, sie in einem Hohlrohr zu verkeilen und dann aus dem Wurzelkanal herauszuziehen. Mit dem von C. Ruddle entwickelten Instrument-Removal-System (IRS, Dentsply) wurde ein ähnliches System vorgestellt. Überwiegend wurde aber die Verwendung von Ultraschallinstrumenten unter dem Mikroskop präferiert [47]. Die erstmals 1983 als „Lasso-Technik“ bezeichneten Entfernungstechniken wurden in den vergangenen zehn Jahren erneut aufgegriffen und in Form des FragRemovers (HanChaDent) (Abb. 17 a –c), BTR Pen (Lydenti), Terauchi File Retrieval Kit (ADS) oder EndoCowboy (Köhrer) in Geräte umgesetzt [48–50].
Die Anwendung der Magnetresonanz-Tomografie (MRT) wurde zur Ermittlung der Pulpavitalität vorgeschlagen. Hiermit könne zum Beispiel bei der regenerativen Therapie frühzeitig festgestellt werden, ob wieder durchblutetes Gewebe in den Wurzelkanal eingesprosst ist. Dentale Hart- und Weichgewebe können bis in feinste Details, zum Beispiel Micro­cracks, dargestellt werden. Auch die präzisere Differenzialdiagnose zwischen apikaler Parodontitis und Zyste soll ermöglicht werden [51,52].

Erfolgsquoten
Primärziele technischer Innovationen sind vielfach die Erleichterung (und möglichst auch Beschleunigung) der Behandlung oder zumindestens einzelner Therapieschritte. Insbesondere die maschinelle Präparation mit wenigen NiTi-Instrumenten hat sicherlich zu einer deutlichen Zeitverkürzung beigetragen, die Anwendung des Mikroskops wirkt sich – vor allem in der relativ langen Lernphase – hingegen eher gegenläufig in einem erhöhten Zeitbedarf aus, was ebenso für die Diagnostik und Therapieplanung mithilfe eines DVT gilt.
Zwischenziele technischer Innovationen können die Vermeidung intraoperativer Zwischenfälle und Probleme und die Schmerzreduktion der Patientinnen und Patienten sein. Für die NiTi-Präparation ist nachgewiesen, dass vor allem Ungeübten weniger Präparationsfehler (Begradigungen, Stufenbildung, Instrumentenfrakturen) unterlaufen als mit Stahlinstrumenten). Mithilfe des Dentalmikroskops gelingt häufiger die Darstellung zusätzlicher Wurzelkanäle, die Differenz beträgt circa 10  % [6,53]. Die Entfernung frakturierter Instrumente ist häufig ohne Mikroskop nicht möglich, mit dessen Unterstützung sind Erfolgsquoten von bis zu 90  % nachgewiesen [54].Hauptziele sollten aber die Qualitätsverbesserung der Behandlung beziehungsweise einzelner Behandlungsschritte und in letzter Konsequenz die Steigerung der klinischen Erfolgsquote sein. Dies betrifft die Prävention periapikaler entzündlicher Parodontitiden, die Heilung bereits präsenter Läsionen und die langfristige Überlebensquote der behandelten Zähne als voll funktionsfähige Kaueinheiten.
Für das DVT wurde mehrfach gezeigt, dass die Auswertung der Scans in bis zu 60  % der Fälle die Therapieentscheidung gegenüber der Röntgendiagnostik verändert [55].
Die Verwendung rotierender NiTi-Instrumente resultiert nicht in einer nachweisbaren Steigerung der Erfolgsquote [56]. Zwei jüngere Studien deuten eine etwas geringere Prävalenz periapikaler Parodontitiden als vor zehn Jahren und früher an [57, 58], ob und wieweit dies auf die Nutzung neuerer Technologien zurückzuführen ist, lässt sich den Daten nicht entnehmen.
In einer detaillierten retrospektiven Auswertung von Studien zur Erfolgsquote endodontischer Behandlungen zeigte sich eine nur geringfügig höhere Erfolgsquote für die Verwendung von Vergrößerungshilfen und rotierender NiTi-Instrumente [59].

Fazit
Der Erfolg einer Wurzelkanalbehandlung beruht in allererster Linie auf einer korrekten Diagnostik und einer gründlichen Desinfektion in einem geschlossenen konsistenten Behandlungskonzept. Technische Hilfsmittel für einzelne Behandlungsschritte können die Wurzelkanal­behandlung deutlich erleichtern, die Arbeitszeit verkürzen und die technische Qualität verbessern. Ein direkter Einfluss technischer Hilfsmittel auf die Erfolgsquote von Wurzelkanalbehandlungen ist nicht nachgewiesen.

Vita
Prof. Dr. Michael Hülsmann absolvierte sein Studium der Zahnmedizin von 1974 bis 1980 an der Georg-August-Universität in Göttingen. Nach Ableistung seines zivilen Ersatzdienstes war er bis 2021 in der Poli­klinik für Präventive Zahnmedizin, Parodontologie und Kariologie in Göttingen tätig, seit 1993 als Oberarzt. Seine Habilitation erfolgte 1998. Von 1999 bis 2000 und von 2009 bis 2013 leitete er die Abteilung als Kommissarischer Direktor. Er ist Chefredakteur der Zeitschrift Endodontie, Autor von über 300 Publikationen und mehrerer Bücher und hat mehr als 700 Vorträge und Fortbildungen bestritten. Seit April 2021 ist er in Teilzeit als Gastprofessor an der Universität Zürich und in einer Praxis bei Göttingen endodontisch aktiv.

Kontakt
Prof.  Dr.  Michael Hülsmann
Klinik für Zahnerhaltung und
Präventivmedizin
Universität Zürich
8032 Zürich · Schweiz
michael.huelsmann@med.uni-goettingen.de

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