{"id":2446,"date":"2021-11-15T10:46:59","date_gmt":"2021-11-15T09:46:59","guid":{"rendered":"https:\/\/teamwork-zahnmedizin.de\/?p=2446"},"modified":"2022-05-31T16:58:14","modified_gmt":"2022-05-31T14:58:14","slug":"socket-preservation-neu-interpretiert","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/teamwork-zahnmedizin.de\/socket-preservation-neu-interpretiert\/","title":{"rendered":"Socket Preservation neu interpretiert"},"content":{"rendered":"\n

Zum Erhalt der bukkalen Lamelle vor Implantation gibt es diverse Therapie\u00adans\u00e4tze. Die forcierte Extrusion ist entscheidend f\u00fcr die atraumatische Zahnentfernung. Durch Zugimpulse im parodontalen Faserapparat wird die Knochenregeneration angeregt und der Zahn so weit minimalinvasiv gelockert, dass er anschlie\u00dfend v\u00f6llig atraumatisch entfernt werden kann. Im Bereich des supraalveol\u00e4ren Faserapparats wird eine formkongruente Wurzelscheibe replantiert. Die Wurzelscheibe stabilisiert mechanisch die Extraktionsalveole und beg\u00fcnstigt dentointegrativ die Knochenregeneration. Dieses Verfahren unterscheidet sich grundlegend von anderen Verfahren der Socket preservation.<\/p>\n\n\n\n

Fragen zu den Patientenf\u00e4llen<\/p>\n\n\n\n

Worin lagen die Herauforderungen bei den beiden Frontzahnf\u00e4llen?<\/strong>
Dr. Gernot M\u00f6rig: Im Fall 1 war alio loco ein Implantat mit vorausgehender Augmentation geplant worden. Davon ausgehend, dass nur noch eine reduzierte stark kompromittierte bukkale Restknochenwand vorhanden war, h\u00e4tte dieser klassische Therapieansatz ein h\u00f6heres operatives Risiko, mehr Zeitaufwand und h\u00f6hereKosten bedeutet. Im Fall 2 w\u00e4re die direkte Entfernung der frakturierten Wurzel bezogen auf den Erhalt der bukkalen Lamelle risikoreich gewesen. Die Abheilung der Alveole ohne zus\u00e4tzliche Ma\u00dfnahmen h\u00e4tte eine typische Atrophie des bukkalen Knochens bewirkt.<\/p>\n\n\n\n

Welche L\u00f6sung mit welcher Prognose konnten Sie den Patienten anbieten?<\/strong>
Dr. Laura Podolsky, M.Sc.: Mittels forcierter Extrusion und Repositionierung einer Wurzelscheibe konnte im Fall 1 mit geringem Aufwand Knochen generiert werden, sodass eine optimale Versorgung mittels Implantat und Krone m\u00f6glich wurde. Im Fall 2 erm\u00f6glichte die zweit\u00e4gige forcierte Extrusion der frakturierten Wurzelspitze eine v\u00f6llig atraumatische Enfernung mittels Pinzette. Mithilfe einer replantierten Wurzelscheibe konnte hier sowohl die bukkale Knochenwand als auch das umliegende Weichgewebe, insbesondere die Papillen, komplett erhalten werden.<\/p>\n\n\n\n

Seit geraumer Zeit dominiert die Frage, welche Ma\u00dfnahmen nach der Zahnentfernung zum Erhalt des Kieferknochens nachweislich reproduzierbare, gute Ergebnisse liefern. Insbesondere der Erhalt der bukkalen Knochenwand nach der Extraktion, besonders im \u00e4sthetisch relevanten Bereich, hat zu unterschiedlichen Therapieans\u00e4tzen gef\u00fchrt. Aktuelle Untersuchungen gehen von der \u00dcberlegung aus, nach der Zahnentfernung entweder sofort in die vorhandene Alveole zu implantieren [8] oder die leere Alveole mit allogenen, alloplastischen oder xenogenen Materialien und unter Einsatz von Membranen zu regenerieren sowie gegebenenfalls zus\u00e4tzlich mit Weichgewebstransplantaten zu verschlie\u00dfen. Ebenfalls wurde postuliert, eine grazile bukkale Scheibe der Wurzel als Resorptionsschutz zu belassen [24]. Gut umschrieben sind Therapien, welche dem Zweck dienen, den \u201eschicksalhaften\u201c bukkalen Knocheneinfall sp\u00e4ter mit viel chirurgischem Aufwand zu rekonstruieren [1,2,4,19]. Hier werden teils sehr aufwendige Verfahren sowohl in zeitlicher als auch in finanzieller Hinsicht mit h\u00e4ufig eingeschr\u00e4nkter Vorhersagbarkeit vorgeschlagen [18].
Ziel dieser Fallpr\u00e4sentation ist es, neben herk\u00f6mmlichen chirurgischen Behandlungsmethoden den Blick auf minimal\u00adinvasive Therapien zum Erhalt oder sogar Gewinn der bukkalen Lamelle zu richten.<\/p>\n\n\n\n

Vorgehensweise<\/strong>
Das Prinzip der forcierten Extrusion. Wir gehen seit geraumer Zeit von dem Ansatz aus, die k\u00f6rpereigene Kompetenz zu nutzen und mithilfe biologischer Verfahrenstechniken der Resorption bukkaler Knochenwand \u00e0 priori entgegenzuwirken und gegebenenfalls sogar Knochen neu zu generieren [1,7,9,13]. Ausgehend von den Erkenntnissen der intentionellen Replantation hochresezierter Z\u00e4hne [21,22], hat S. Neumeyer konsequent ein Konzept entwickelt, welches minimalinvasiv und im Regelfall v\u00f6llig schmerzfrei in wesentlich k\u00fcrzerer Behandlungszeit einen vollst\u00e4ndigen Erhalt der bukkalen Knochenwand beziehungsweise sogar teilweise die Regeneration alveol\u00e4rer und gingivaler Strukturen erreichen kann. Eine Schl\u00fcsselrolle dieses Prozesses bildet das parodontale Ligament. \u201eBei der Replantation und Extrusion von Wurzelsegmenten wird das biologische Potenzial des supraalveol\u00e4ren Faserapparates und des parodontalen Ligaments genutzt\u201c, postuliert S. Neumeyer [21,22]. Autogenes Dentin scheint zudem \u00fcber Osteokonduktion und -induktion die Knochenregeneration nachhaltig positiv zu beeinflussen [5,12,15,22]. Die vertikale desmodontale Distraktion ankylosierter Z\u00e4hne entspricht auf zellul\u00e4rer Ebene \u2013 bezogen auf die Induktion der Geweberegeneration \u2013 der forcierten Extrusion [25].
Die Grundidee ist simpel: Unmittelbar nach noninvasiver Extraktion, der im Regelfall eine kurzzeitige, aber kraftintensive Extrusion (250 bis 850 cN) vorausgegangen ist [20], wird ein Wurzelsegment \u2013 eine zirka 2,0 bis 3,0 mm dicke, m\u00f6glichst formkongruente Scheibe \u2013 direkt an jener Stelle replantiert (Abb. 1), an der das Wurzelsegment vor der Extraktion \u00fcber den Faserapparat mit dem umliegenden Gewebe verbunden war (Abb. 2). Dieses hochresezierte Wurzelsegment st\u00fctzt sofort nach der Repositionierung das umliegende Weichgewebe optimal (einschlie\u00dflich der Papillen), w\u00e4hrend eine sich selbst \u00fcberlassene Alveole bereits unmittelbar nach der Extraktion sichtbar kollabiert und im weiteren Verlauf atrophiert (Abb. 3).
Das Therapiespektrum, das sich aus diesem Gedankenansatz entwickelt, ist sehr umfangreich und soll im Folgenden speziell als pr\u00e4implantologische Vorbehandlung zur Erhaltung des physiologischen Knochenangebots dargestellt werden.<\/p>\n\n\n\n

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