Und wer hat\u2018s erfunden? Diesmal nicht die Schweizer, sondern der japanische Chemiekonzern Kuraray. Dort wurde in den 1990er Jahren das 10-MDP Monomer entwickelt, das die moderne Adh\u00e4sivtechnik erm\u00f6glicht hat. Dr. Heinz Schuh ist Senior Technical Advisor bei Kuraray. Mit seiner Ausbildung in Chemie und Wirtschaft begleitete er die Markteinf\u00fchrung in Europa, und schrieb an der Erfolgsstory des Monomers mit, das Zahnmedizinern hilft, Patienten mit langlebigen, \u00e4sthetischen Restaurationen zu versorgen.<\/p>\n\n\n\n
Herr Dr. Schuh, Sie sind seit nahezu 20 Jahren bei Kuraray Noritake, waren also bei der Markteinf\u00fchrung des 10-MDP Monomers um die Jahrtausendwende dabei. Welche Philosophie verfolgte man damals bei Kuraray in der Verbundtechnologie?<\/strong> Welches war die Motivation und die treibende Kraft zur Entwicklung des 10-MDP Monomers?<\/strong> Welcher war der wichtigste Entwicklungsschritt bei den Adh\u00e4siven und welche Vorteile bieten sie gegen\u00fcber anderen Verbundmethoden?<\/strong> Was genau macht das 10-MDP Monomer so einzigartig im Praxisalltag?<\/strong> Die Patente sind vor einigen Jahren ausgelaufen. Damit war die Vorreiterrolle von Kuraray erst einmal vorbei und 10-MDP Monomer ist seither Bestandteil zahlreicher Befestigungsprodukte unterschiedlicher Hersteller\u2026<\/strong> Um in der Rolle des Vorreiters zu bleiben, muss man Entwicklungen vorantreiben. Welche Entwicklungen verfolgt Kuraray Noritake in der adh\u00e4siven Zahnheilkunde?<\/strong> Vielen Dank f\u00fcr das interessante Gespr\u00e4ch.<\/p>\n\n\n\n Das Interview f\u00fchrte Natascha Brand.<\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":" Und wer hat\u2018s erfunden? Diesmal nicht die Schweizer, sondern der japanische Chemiekonzern Kuraray. Dort wurde in den 1990er Jahren das 10-MDP Monomer entwickelt, das die moderne Adh\u00e4sivtechnik erm\u00f6glicht hat. Dr. Heinz Schuh ist Senior Technical Advisor bei Kuraray. Mit seiner Ausbildung in Chemie und Wirtschaft begleitete er die Markteinf\u00fchrung in Europa, und schrieb an der…<\/p>\n","protected":false},"author":7,"featured_media":3762,"comment_status":"open","ping_status":"open","sticky":false,"template":"","format":"standard","meta":{"_kad_post_transparent":"","_kad_post_title":"","_kad_post_layout":"","_kad_post_sidebar_id":"","_kad_post_content_style":"","_kad_post_vertical_padding":"","_kad_post_feature":"","_kad_post_feature_position":"","_kad_post_header":false,"_kad_post_footer":false,"footnotes":""},"categories":[37],"tags":[746,747,632],"autor":[603],"bagde":[484],"darstellung":[819],"yoast_head":"\n
Schaut man auf unsere Konzern-Web\u00adsite, findet man dort unter anderem den Claim: \u201eUnser Ziel ist die Entwicklung neuer Gesch\u00e4ftsfelder unter Nutzung bahnbrechender Technologien, die unsere Lebensqualit\u00e4t verbessern.\u201c Das ist zugegebenerma\u00dfen ein sehr hochgesteckter Anspruch. Ich m\u00f6chte es f\u00fcr den dentalen Kontext etwas umformulieren: Es ging vor allem darum, dauerhafte \u00e4sthetische L\u00f6sungen zu finden. Bedeutet: einfach in der Anwendung f\u00fcr den Zahnarzt, sicher und langlebig f\u00fcr den Patienten. Das erspart den unangenehmen Gang in die Praxis zum Austausch verschlissener F\u00fcllungen oder gar ganzer Versorgungen. Und der Solidargemeinschaft, den Krankenkassen, spart es zudem Kosten. Es geht also nicht nur um schnelle, sondern auch um nachhaltige L\u00f6sungen.<\/p>\n\n\n\n
Wir waren damals noch in der auslaufenden Zeit des Amalgams; den gr\u00f6\u00dften Malus bildeten die \u00c4sthetik und die biologische Kompatibilit\u00e4t. \u00c4sthetik und Langlebigkeit waren schon immer wichtige Kriterien im Bereich der F\u00fcllungskonzepte, deren Entwicklung war daher mit der Frage verbunden: Wie gelingt es, ein hochwertiges \u00e4sthetisches Komposit an Schmelz, aber auch an Dentin anhaften zu lassen? Es gab bereits damals Total-Etch-Systeme, diese hatten jedoch typische Systemschw\u00e4chen, denn sie bestanden aus vielen Einzelschritten und waren damit sehr fehleranf\u00e4llig und stark vom K\u00f6nnen des Anwenders abh\u00e4ngig. Gut geschulte Anwender konnten damit sicherlich sehr gute Ergebnisse erzielen \u2013 Behandler, die sich mit dem System weniger intensiv besch\u00e4ftigt hatten, mussten gegebenenfalls nach einiger Zeit klinische R\u00fcckschl\u00e4ge hinnehmen. Deshalb galt es, einen neuen Ansatz abseits der Glasionomerchemie zu finden. In dieser Materialklasse gab ja schon taugliche Haftsysteme, die aber noch nicht die \u00c4sthetik eines Komposits besa\u00dfen. Diese Herausforderung war die Triebkraft, sich mit dem neuen Haftmolek\u00fcl auseinanderzusetzen.<\/p>\n\n\n\n
Haftung muss sowohl am Schmelz als auch am Dentin stattfinden. Die Haftung am ge\u00e4tzten Schmelz war \u2013 aus Sicht der Zuverl\u00e4ssigkeit \u2013 zu keinem Zeitpunkt ein gro\u00dfes Problem; sie war von Anfang an gegeben. Die Haftung am Dentin gestaltete sich jedoch sehr schwierig, da dort zum Beispiel Dentin-Liquor und Kollagen pr\u00e4sent sind und dies die Anhaftung von Polymeren reduziert. Die Herausforderung lag also darin, mit diesem neuen \u201eEin-Schritt-Monomer\u201c eine Balance zu finden zwischen dem pH-Wert, der zum \u00c4tzen von Schmelz ben\u00f6tigt wurde und dem pH-Wert, der dem Dentin nicht schadet. Das Kuraray-Forschungsteam fand heraus, dass sich ein 10-MDP Mono\u00admer mit einem pH-Wert von circa 2 besonders gut eignet, Dentin gen\u00fcgend aufzurauen, aber dennoch mild genug ist, den Smear-Layer nicht komplett anzugreifen. Dadurch ergab sich eine hohe Schutzfunktion f\u00fcr das Dentin unter anderem im Hinblick auf postoperative Sensibilit\u00e4ten. Ergebnis war eine hohe Randdichtigkeit bei gemischten Klasse-V-Kavit\u00e4ten \u2013 die je zur H\u00e4lfte dentin- und schmelzbegrenzt sind. Insbesondere bei dieser klinisch sehr herausfordernden Indikation haben unsere 10-MDP-haltigen Produkte von Beginn an \u00fcberzeugende Langzeitergebnisse geliefert.<\/p>\n\n\n\n
Es ist zum einen die einfache Handhabung des Adh\u00e4sivs. Ein weiterer Aspekt ist die Anwendungssicherheit: Kein Zahnarzt soll k\u00fcnftig einen Gedanken daran verschwenden m\u00fcssen, ob er das Produkt auch wirklich richtig angewandt hat. Die Besonderheit ist, dass es einen \u201emilden\u201c pH-Wert besitzt und dabei noch eine gute selbst\u00e4tzende Grundeigenschaft an der Zahnhartsubstanz zeigt. Zus\u00e4tzlich bildet 10-MDP in k\u00fcrzester Zeit au\u00dferordentlich schwerl\u00f6sliche Kalzium-Salze. Es zeigte sich, dass dies zu zwei wertvollen, klinisch hochrelevanten Eigenschaften f\u00fchrt: eine kurze und unkomplizierte Anwendung f\u00fcr den Behandler \u2013 und eine unglaublich hohe klinische Langzeitstabilit\u00e4t beim Patienten.<\/p>\n\n\n\n
Ja, das ist so. Interessanterweise kommt in unserem Fall noch etwas Weiteres hinzu: Um das 10-MDP Monomer herzustellen, muss man nicht nur theoretisch wissen, wie man ein Molek\u00fcl synthetisieren kann, sondern auch, wie sensibel die Prozessf\u00fchrung einer chemischen Synthese sein kann. Gerade Details in der Prozesskette, wie beispielsweise die Temperaturf\u00fchrung, die Aufbereitung der Zwischenstufen oder die Reinigung von Monomeren, k\u00f6nnen deutlichen Einfluss auf zum Beispiel die Produktqualit\u00e4t oder die Haltbarkeit haben. Es erfordert zum Teil tiefgr\u00fcndiges Know-how des jeweiligen Produktionsprozesses und nicht jeder Hersteller ist sofort in der Lage, diese Prozessschritte pr\u00e4zise und umfassend nachzustellen. Daten von Yoshihara et al. zeigen in unserem Fall, dass die Haftkraft oder die Dauerhaftigkeit des Verbunds noch lange nicht identisch zum Originalprodukt sein m\u00fcssen, obwohl dasselbe Molek\u00fcl verwendet wird.<\/p>\n\n\n\n
In puncto Haftkraft funktionieren die meisten Adh\u00e4sivsysteme heute wirklich ausgezeichnet, deshalb erwarte ich in diesem Bereich keine grunds\u00e4tzlich neuen Ans\u00e4tze. Anwenderfreundlichkeit ist ein wichtiges Thema, das wird sich sicher auch immer wieder in den Entwicklungen widerspiegeln und die Applikationen bestehender Produkte beziehungsweise Systeme vereinfachen. Etwas anderes, das unsere Aufmerksamkeit erfordern sollte, ist die Behandlung alter oder hochbetagter Patienten. Aufgrund der demografischen Entwicklung wird es nicht nur in Deutschland immer mehr Menschen im Pflegestatus geben, auch wird die Zahl der an Demenz erkrankten Patienten zunehmen. Es ist bereits f\u00fcr das Pflegepersonal eine Herausforderung, bei multimorbiden Patienten eine gute Mundhygiene zu betreiben \u2013 viel schwieriger ist es f\u00fcr den Zahnmediziner, eine Therapie durchzuf\u00fchren. Gerade hier sind einfache und sichere Applikationen gefragt, die der aufsuchende Zahnarzt bei schwierigen Bedingungen und unter schlechten Lichtverh\u00e4ltnissen in den Pflegeheimen \u2013 gegebenenfalls sogar im Pflegebett \u2013 unkompliziert anwenden kann. Auch in diesem Zusammenhang diskutieren gerade viele Experten die Entwicklung von bioaktiven F\u00fcllungskonzepten, die gegebenenfalls antibakterielle oder remineralisierende Komponenten enthalten. Und zu guter Letzt: Auch im dentalen Markt wird viel Abfall produziert, deshalb sollten alle Marktteilnehmer diesem Aspekt k\u00fcnftig mehr Aufmerksamkeit schenken.<\/p>\n\n\n\n