{"id":6199,"date":"2022-02-23T11:07:32","date_gmt":"2022-02-23T10:07:32","guid":{"rendered":"https:\/\/teamwork-zahnmedizin.de\/?p=6199"},"modified":"2023-07-21T11:19:24","modified_gmt":"2023-07-21T09:19:24","slug":"quereinsteiger-gesucht","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/teamwork-zahnmedizin.de\/quereinsteiger-gesucht\/","title":{"rendered":"Quereinsteiger gesucht"},"content":{"rendered":"\n

In bestimmten Situationen kann es notwendig sein, eine ung\u00fcnstige Implantatangulation auszugleichen. Im vorliegenden Artikel steht ein interessanter Patientenfall im Fokus, bei dem die schr\u00e4ge Verschraubung durch einen abgewinkelten Schraubenkanal unverzichtbar f\u00fcr das Erreichen eines \u00e4sthetisch-funktionell optimalen Ergebnisses war. Die zahntechnische Umsetzung erfolgte durch Ztm. Stefan Picha.<\/strong><\/p>\n\n\n\n

Die Planung der Implantatposition im Kiefer kann oftmals einen Balanceakt darstellen. Im Idealfall lassen sich die biologisch-anatomischen Parameter mit den prothetischen Gegebenheiten \u2013 wie der angestrebten Zahnform und -stellung \u2013 vereinen. Hierbei schafft die prothetische Orientierung von Implantatposition und -achsausrichtung eine wichtige Voraussetzung f\u00fcr die langzeitstabile implantatprothetische Versorgung. Doch nicht immer sind ideale Bedingungen gegeben. Das Positionieren eines Implantats, auf welchem das Abutment verschraubt werden soll, kann bei schwierigen anatomischen Gegebenheiten eine echte Herausforderung sein. In solchen Situationen sind Abutments mit abgewinkeltem Schraubenkanal eine ad\u00e4quate L\u00f6sung. Diese Abutments bieten die M\u00f6glichkeit, den Schraubenkanalaustritt \u2013 bis zu einem gewissen Ma\u00dfe \u2013 den klinischen Gegebenheiten anzupassen. So kann der Schraubenkanal idealisiert werden, ohne die Anforderungen an das Abutmentdesign, zum Beispiel biomechanische Parameter, au\u00dfer Acht zu lassen. Die Grundlagen hierf\u00fcr wurden im vorangegangenen Artikel in teamwork n\u00e4her beschrieben [1] ebenso wie die Funktionalit\u00e4t von Abutments mit abgewinkeltem Schraubenkanal. In diesem Artikel steht eine Indikation im Fokus, die sich im Praxisalltag oft als problematisch darstellt.<\/p>\n\n\n\n

Patientenfall<\/strong>
Ausgangssituation<\/strong>
Der Patient, selbst Mediziner, konsultierte die Zahnarztpraxis nach der Extraktion des Zahns 14 durch seinen Hauszahnarzt. Geplant war eine implantologische Versorgung mit anschlie\u00dfender prothetischer Restauration. Der Patient betonte, dass er einen Kieferh\u00f6hlenaufbau auf jeden Fall umgehen m\u00f6chte. Herausforderung war zudem die schmale L\u00fccke regio 14. Der benachbarte Zahn 15 hatte einen Lockerungsgrad 1 und war in einem Winkel von etwa 90\u00b0 gedreht. Zugleich war die Wurzel des mesialen Nachbarzahns 13 stark nach distal anguliert. Daraus resultierte das extrem eingeschr\u00e4nkte Platzangebot in regio 14 \u2013 eine Limitation f\u00fcr die Insertion des Implantats beziehungsweise die zufriedenstellende Versorgung der L\u00fccke.<\/p>\n\n\n\n

Therapieentscheidung<\/strong>
Die Situation wurde anhand des dreidimensionalen Bildes (DVT\/CT) mit dem Patienten besprochen und die Therapie\u00adm\u00f6glichkeiten wurden er\u00f6rtert. Die Entscheidung fiel auf die Extraktion des f\u00fchl- und sichtbar gelockerten Zahns 15 und die Insertion von zwei Implantaten in regio 14\/15. Die Implantate sollten anatomisch dreidimensional orientiert ohne Perforation der Kieferh\u00f6hle beziehungsweise ohne einen Kieferh\u00f6hlenaufbau inseriert werden. Die prothetische Planung sah vor, die daraus resultierend ung\u00fcnstige Achsneigung der Implantate \u00fcber ein anguliertes Verschrauben der Hybridabutments (Variobase AL, Straumann) auszugleichen. Durch die Abwinkelung des Schraubenkanals k\u00f6nnen in vielen F\u00e4llen \u00e4sthetische und funktionelle Kompromisse umgangen werden [1]. Das Verschrauben erfolgt auf Implantatniveau; der Schraubenkanalaustritt wird auf einen \u00e4sthetisch und funktionell g\u00fcnstigen Bereich ausgerichtet, zum Beispiel die Palatinal- oder Okklusalfl\u00e4che.<\/p>\n\n\n\n

Implantatplanung und chirurgischer Eingriff<\/strong>
Bereits bei der digitalen Planung der Implantatpositionen regio 14\/15 in der 3D-Software (coDiagnostiX, Straumann) wurde die M\u00f6glichkeit der angulierten Schraubenkan\u00e4le visualisiert. Die Planung der Implantatpositionen erfolgte in enger Zusammenarbeit mit dem Dentallabor und mit dem digitalen Planungsservice (Smile in a Box, Straumann). Hierf\u00fcr wurden die Patienteninformationen inklusive des Bildes der DVT versendet und basierend auf dem Planungsvorschlag die definitiven Implantatpositionen festgelegt. Die Implantate regio 14 \/15 konnten navigiert mit einer Bohrschablone (Straumann Guided Surgery) \u2013 wie in der Software geplant \u2013 in den vorhandenen ortsst\u00e4ndigen Knochen an der Kieferh\u00f6hle vorbei positioniert werden. Der daraus resultierende prothetisch ung\u00fcnstige Implantataustritt wurde \u00fcber die gewinkelten Aufbauten ausgeglichen (Abb. 1 bis 5).<\/p>\n\n\n\n

Am Tag des chirurgischen Eingriffs wurde unter Lokalan\u00e4sthesie der Zahn 15 schonend extrahiert und der Knochen im Implantationsareal dargestellt. Die bukkale Lamelle blieb intakt, sodass eine Sofortimplantation mit relativ hoher Sicherheit m\u00f6glich war. Die Insertion der Implantate (Roxolid SLActive Implantate, Bone Level Tapered, \u00f8 4,1, L\u00e4nge 10\u2009mm) erfolgte mit der Bohrschablone entsprechend der Implantatplanung. Abschlie\u00dfend wurde der gesamte Bereich regio 14\/15 vestibul\u00e4r mit einem Gemisch aus kortiko-spongi\u00f6sem Knochenaufbau-Granulat (maxgraft, Straumann) und einem Knochenersatzmaterial ummantelt sowie mit einer Membran abgedeckt. Es folgte die viermonatige Einheilzeit.<\/p>\n\n\n\n

Freilegung und prothetische Versorgung<\/strong>
Nach der Einheilphase konnten die Implantate mithilfe einer Schleimhautplastik freigelegt werden. Hierf\u00fcr wurde atraumatisch ein Mukosalappen in regio 14\/15 pr\u00e4pariert. Der mobilisierte Lappen wurde im Sinne einer bukkalen Verschiebeplastik nach vestibul\u00e4r verlagert und um die Gingivaformer vern\u00e4ht. Ziel dieses Vorgehens war eine Weichgewebeverdickung, um mit der provisorischen Versorgung einen optimalen Implantataustritt ausformen zu k\u00f6nnen. Vier Wochen sp\u00e4ter erfolgte das Entfernen der N\u00e4hte. Die Situation wurde \u00fcber eine offene Abformung fixiert sowie an das Dentallabor \u00fcbermittelt (Abb.\u20056 bis 8). Im Labor erfolgte die Herstellung eines Langzeitprovisoriums aus Komposit mit ideal gestaltetem Emergenzprofil (Abb.\u20059 bis 14). Das Provisorium wurde im Mund verschraubt und die Schraubenkan\u00e4le mit Teflonband und Komposit verschlossen.<\/p>\n\n\n\n

W\u00e4hrend der folgenden vier Monate formte sich das periimplant\u00e4re Weichgewebe aus. Das so optimierte Emergenzprofil wurde vor der definitiven Rekonstruktion mithilfe von individualisierten Abformpfosten auf das Meistermodell \u00fcbertragen (Abb.\u200515 bis 17). Mit dem mittels eines lichth\u00e4rtenden, d\u00fcnnflie\u00dfenden Kunststoffs adaptierten Abformpfosten konnte das Weichgewebe w\u00e4hrend der definitiven Implantatabformung gest\u00fctzt und die intraorale Situation an das Dentallabor \u00fcbertragen werden. Hier wurden ein Modell mit abnehmbarer Gingivamaske hergestellt und basierend darauf die vollkeramischen Restaurationen angefertigt. Bei der zum Implantat passenden Klebebasis (Vario\u00adbase AL) kann der Schraubenkanal entsprechend den spezifischen Gegebenheiten angepasst und bis zu 25\u00b0 abgewinkelt werden (Abb.\u200518 bis 20). Dies erm\u00f6glichte auch in diesem Fall eine Idealisierung des Schraubenaustritts in den okklusalen Bereich der Kronen (keine \u00e4sthetischen Einschr\u00e4nkungen und ausreichende Stabilit\u00e4t). Eine Rohbrand-Einprobe best\u00e4tigte die optimale funktionelle und \u00e4sthetische Gestaltung der Kronen, sodass einer finalen Fertigstellung nichts im Wege stand (Abb.\u200521 bis 23).<\/p>\n\n\n