{"id":6499,"date":"2022-04-12T13:26:29","date_gmt":"2022-04-12T11:26:29","guid":{"rendered":"https:\/\/teamwork-zahnmedizin.de\/?p=6499"},"modified":"2023-08-18T11:30:33","modified_gmt":"2023-08-18T09:30:33","slug":"emergenzprofil-mal-anders","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/teamwork-zahnmedizin.de\/emergenzprofil-mal-anders\/","title":{"rendered":"Emergenzprofil mal anders"},"content":{"rendered":"\n
Anhand eines Patientenfalls wird eine Systematik geschildert, bei der traditionelle Vorgehens\u00adweisen der Implantologie \u00fcberdacht wurden. Zum Erzielen einer nat\u00fcrlichen Weichgewebe\u00adarchitektur folgt der Autor in diesem Fall dem Slim-Concept nach Dr. I\u00f1aki Gamborena. Beim Abutmentdesign orientiert er sich am Prozedere von Dr. Xavier Vela Nebot, der das funktions\u00adorientierte Design des \u201emarginal conical abutments\u201c mit Platform Switching bevorzugt.<\/strong><\/p>\n\n\n\n Wie alle zahn\u00e4rztlichen Bereiche unterliegt die Implantologie einem stetigen Wandel. Heute stehen prim\u00e4r minimalinvasive chirurgische Techniken im Fokus. Auch erlauben optimierte Implantat- und Abutmentdesigns ein spezifisches Vorgehen. Durch neu gedachte Arbeitsans\u00e4tze werden implantologische Konzepte weiter modifiziert und verfeinert. Immer gilt: \u00dcber traditionelle Denkweisen hinaus zu agieren, verlangt ein fundiertes Verst\u00e4ndnis f\u00fcr anatomische Prinzipien der Hart- und Weichgewebeintegration sowie f\u00fcr die komplexen biologischen Vorg\u00e4nge zwischen Gewebe und Implantat. Mit implantologischer Erfahrung lassen sich moderne chirurgische Techniken und optimierte restaurative Protokolle anwenden, die sich manchmal vom aktuell gebr\u00e4uchlichen Vorgehen unterscheiden. Im gezeigten Fallbeispiel kamen zwei ungew\u00f6hnlich erscheinende Systematiken zum Einsatz: Ausgangssituation<\/strong><\/p>\n\n\n\n Die 24-j\u00e4hrige Patientin konsultierte die Praxis mit persistierenden Milchz\u00e4hnen und multiplen Zahnaplasien in Ober- und Unterkiefer (Abb. 1 und 2). Insbesondere das Fehlen der beiden seitlichen Schneidez\u00e4hne im Oberkiefer beeintr\u00e4chtigte die Optik und das Wohlempfinden der jungen Frau. Seit Jahren tr\u00e4gt sie zum Ersatz der beiden Z\u00e4hne einen kleinen Flipper (Klammerprothese) und w\u00fcnschte sich nun eine definitive L\u00f6sung, die ihr mehr Sicherheit verleihen sollte. Auch im Seitenzahngebiet sollte eine M\u00f6glichkeit f\u00fcr den L\u00fcckenschluss gefunden werden. Im Hinblick auf persistierende Milchz\u00e4hne sollte der lange Erhalt der ersten Dentition angestrebt werden. Allerdings war der Molar (Milchzahn) im zweiten Quadranten stark gelockert und ein weiterer Erhalt nicht mehr erfolgversprechend.<\/p>\n\n\n\n Therapieoptionen bei persistierenden Milchz\u00e4hnen und Nichtanlagen<\/strong><\/p>\n\n\n\n Einfluss auf die Therapieentscheidung haben unter anderem das Alter des Patienten, die anatomischen Voraussetzungen, die Symmetrie der Defekte, das Knochenangebot und der Patientenwunsch. Im vorliegenden Fall fiel nach Abw\u00e4gen aller Therapiem\u00f6glichkeiten die Entscheidung f\u00fcr eine implantologische Intervention als langfristig stabile, funktionell-\u00e4sthetische L\u00f6sung. Die Behandlung stellte eine Herausforderung dar, denn das Platzangebot in regio 12 und 22 war beengt; Zahn 22: circa 6 mm, Zahn 12: circa 5 mm. Bei derart schmalen L\u00fccken im Frontzahngebiet gewinnen die Wahl des Implantats sowie dessen Positionierung und der Gewebeerhalt eine entscheidende Rolle. Die Planung der Implantatpositionen erfolgte am OPG (Abb. 3). Aus Kostengr\u00fcnden wurde auf eine dreidimensionale Planung und Bohrschablone verzichtet. Hierf\u00fcr sind fundierte Erfahrung und implantologische Sicherheit vorausgesetzt.<\/p>\n\n\n\n Dreidimensionale Implantatpositionierung<\/strong> \u00dcberlegungen zum Protokoll und Gewebeerhalt<\/strong><\/p>\n\n\n\n Das Generieren einer nat\u00fcrlich aussehenden Weichgewebearchitektur mit Interdentalpapillen war aufgrund der schmalen L\u00fccken selbst bei idealer Positionierung der Implantate problematisch. Daher fand das Slim-Concept nach Dr. I\u00f1aki Gamborena Anwendung [3]. W\u00e4hrend beim traditionellen Vorgehen das Ausbilden einer ovalen Emergenz mit individuell gestalteten Gingiavformern erfolgt, soll von Beginn an das Weichgewebe erhalten bleiben. Grunds\u00e4tzlich sind Beschaffenheit und Dicke der Gingiva oberhalb des Implantats f\u00fcr die Langzeitstabilit\u00e4t mitverantwortlich. Um dem Weichgewebe ausreichend Raum zu lassen, werden beim Slim-Concept d\u00fcnne Einheilkappen (stiftartige Gingivaformer) verwendet. Die Slim-Gingivaformer stabilisieren als Pfosten das Weichgewebe dort, wo es ben\u00f6tigt wird. Im Gegensatz zum traditionellen Vorgehen wird die Gingiva nicht verdr\u00e4ngt. Das Durchtrittsprofil wird durch die prothetische Versorgung generiert. Auch der Gestaltung des \u00adAbutments kam eine besondere Rolle zu, wobei die Arbeiten von Dr. Xavier Vela Nebot Beachtung fanden. Entgegen der konventionellen Vorstellung, dass das Emergenzprofil mit einem anatomischen Abutment geformt wird, dient hier ein tangentiales Abutment als Pfeiler f\u00fcr die Krone. Das funktionsorientierte Design des \u201emarginless conical abutments\u201c mit Platform Switching hat gegen\u00fcber anatomisch geformten Abutments einen gro\u00dfen Vorteil: Der Apikaltraktion durch die Kollagenfasern wird mittels Platform Switching Einhalt geboten.<\/p>\n\n\n\n Chirurgisches Vorgehen<\/strong><\/p>\n\n\n\n Die Schnittf\u00fchrung orientierte sich an der Forderung, das Weichgewebe so wenig wie m\u00f6glich zu \u201edrangsalieren\u201c. Zum Aufklappen des Operationsareals wurde eine sulkul\u00e4re Schnittf\u00fchrung von 14 zu 24 vorgenommen und ein spannungsfreier Volllappen dargestellt (Abb. 4 und 5).<\/p>\n\n\n\n Vor dem Aufbereiten der Implantationsareale sind die Membranen mit kleinen Pins am Kieferknochen befestigt und wie \u201eBriefumschl\u00e4ge\u201c gestaltet worden (Abb. 6). Vorteile einer selbsthemmenden \u00adKonusverbindung mit Platform-Switch<\/strong>
Stiftartiger Gingivaformer (Zylinderstift): Slim-Concept nach Dr. I\u00f1aki Gamborena, San Sebastian [3]
Tangential-Abutment: \u201eMarginal conical abutments\u201c mit Platform-Switching nach Dr. Xavier Vela Nebot, Barcelona [4]<\/p>\n\n\n\n\n
Die dreidimensionale Positionierung des Implantats hat Einfluss auf die periimplant\u00e4re Weichgewebekontur. Im vorliegenden Fall war die Ausbildung eines nat\u00fcrlichen Weichgewebeprofils ein Bestreben, welches sich durch die schmalen L\u00fccken anspruchsvoll gestaltete. Das Ausbilden von Interdentalpapillen bedingt immer st\u00fctzenden Knochen.
Position und Angulation des Implantats sowie die Lage der Implantatschulter werden zum entscheidenden Aspekt. Um den geforderten Mindestabstand vom Implantat zu den Nachbarz\u00e4hnen einzuhalten, bedurfte es schmaler Implantate mit Platform-Switch, die mit einem spezifischen Design \u2013 zum Beispiel selbsthemmende Konusverbindung Implantat\/Abutment \u2013 eine optimale Weichgewebeausformung unterst\u00fctzen.<\/p>\n\n\n\n
Entsprechend dem Protokoll folgte die Aufbereitung des Implantatbettes in regio 12 und 22, die Gewindepr\u00e4paration sowie das Inserieren der beiden Implantate (K3Pro Implantat, 3 mm x 9 mm, Argon Dental) (Abb. 7). Die Implantate konnten aufgrund der dichten Konusverbindung subkrestal positioniert werden, sodass Knochen \u00fcber die Implantatschulter wachsen und sich Weichgewebe ausbilden kann. Zum Verschluss wurden die Slim-Gingivaformer (Argon Dental) aufgebracht (Abb. 8). Das Weichgewebe erh\u00e4lt durch den d\u00fcnnen, stiftartigen Durchmesser des Aufbaus Platz, um sich auszubilden.<\/p>\n\n\n\n
Das verwendete Implantatsystem unterst\u00fctzt mit der konischen Innenverbindung die Stabilit\u00e4t der periimplant\u00e4ren Gewebe. Die Krafteinleitung erfolgt in den Implantatk\u00f6rper, was Mikrobewegungen unterbindet. Die selbsthemmende Konusverbindung ben\u00f6tigt keine Halteschraube. Anstelle dessen werden die Konusfl\u00e4chen mit einer Zugschraube zueinander gef\u00fcgt. Der Halt erfolgt durch die Konusverbindung form- und kraftschl\u00fcssig, was die Knochenapposition im Bereich der Implantatschulter f\u00f6rdern soll. Zudem scheint das Platform-Switching ein wichtiger Aspekt f\u00fcr die Gewebestabilit\u00e4t zu sein. Durch die innenliegende Konusverbindung des K3Pro-Implantats ist der Durchmesser des Aufbaus zwangsl\u00e4ufig kleiner als der Durchmesser der Implantatschulter. Diese positive Stufe forciert ein gr\u00f6\u00dferes Volumen an Weichgewebe, was im vorliegenden Fall elementares Anliegen f\u00fcr das \u00e4sthetisch erfolgreiche Ergebnis war.
Nach der Insertion der Implantate und dem Aufbringen der Slim-Gingivaformer erfolgte eine Augmentation im labialen Bereich, um das Knochendefizit auszugleichen. Die gepinten Membranen fungierten als Art \u201eBriefumschlag\u201c (Abb. 9). Nach dem Auff\u00fcllen des Augmentats wurden die Umschl\u00e4ge zugeklappt und die Situation mikrochirurgisch vern\u00e4ht (Abb.\u2009\u200910). Die Patientin erhielt als provisorische Versorgung die Klammerprothese zur\u00fcck, die im basalen Bereich modifiziert worden war. Im Laufe der Einheilzeit erfolgte das Unterf\u00fcttern der basalen Bereiche in regio 12 und 22 mit Komposit; allerdings ohne das Weichgewebe zu manipulieren. Das Weichgewebe wird nicht verdr\u00e4ngt, sondern erh\u00e4lt Freiraum. W\u00e4hrend die Implantate regio 12 und 22 einheilten, erfolgte die implantologische Therapie in regio 25 zum Ersatz des persistierenden Milchzahns. Verwendet wurde ein Shorty-\u00adImplantat (K3Pro, 4,0 mm x 5,5 mm), welches geschlossen einheilte.<\/p>\n\n\n