{"id":6879,"date":"2022-06-08T15:57:48","date_gmt":"2022-06-08T13:57:48","guid":{"rendered":"https:\/\/teamwork-zahnmedizin.de\/?p=6879"},"modified":"2022-07-19T12:24:49","modified_gmt":"2022-07-19T10:24:49","slug":"erfolgsfaktoren-fuer-die-therapie","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/teamwork-zahnmedizin.de\/erfolgsfaktoren-fuer-die-therapie\/","title":{"rendered":"Erfolgsfaktoren f\u00fcr die Therapie"},"content":{"rendered":"\n

F\u00fcr die systematische Therapie der Parodontitis und anderer Parodontalerkrankungen im Rahmen der vertragszahn\u00e4rztlichen Versorgung gilt seit rund einem Jahr die neue PAR\u2011Behandlungsrichtlinie. Die Umsetzung der formalen Vorgaben dieser Richtlinie erfordert einige Ver\u00e4nderungen im Praxisablauf. Anhand eines Patientenfalls werden \u00c4nderungen der neuen Behandlungsstrecke vorgestellt.<\/strong><\/p>\n\n\n\n

Der Verlauf von Parodontitis ist zumeist langsam und schmerzlos, leichte und moderate Formen von Parodontitis zeigen daher \u00fcber viele Jahre wenige oder nur milde Symptome. Ver\u00e4nderungen der Gingiva, wie Zahnfleischbluten, R\u00f6tung und Schwellung, sind oft die ersten und einzigen Anzeichen, die von den Patienten solange nicht wahrgenommen oder nicht richtig eingeordnet werden, bis es dann zu einer Lockerung der Z\u00e4hne kommt [1]. Gingivitis und fr\u00fche Stadien der Parodontitis sind f\u00fcr Betroffene nicht zu unterscheiden. Bei einer telefonischen Befragung in Deutschland wurde zudem deutlich, dass in der Bev\u00f6lkerung erhebliche Defizite beim Wissen dar\u00fcber bestehen, was Parodontitis ist und welche Konsequenzen die Erkrankung haben kann, aber auch, welche Risikofaktoren mit der Erkrankung assoziiert sind und welche pr\u00e4ventiven Ma\u00dfnahmen effektiv sein k\u00f6nnen [2]. Das fehlende Bewusstsein f\u00fcr die eigene Erkrankung kann dazu f\u00fchren, dass die zahn\u00e4rztliche Behandlung oft erst dann in Anspruch genommen wird, wenn es bereits zu massiven Gewebeverlusten gekommen ist und dadurch meist umfangreiche Therapiema\u00dfnahmen notwendig werden. Je fr\u00fchzeitiger Parodontitis erkannt und behandelt wird, umso weniger aufwendig und invasiv ist die Behandlung. Die Langzeitprognose der betroffenen Z\u00e4hne ist deutlich besser und die Folgesch\u00e4den und -kosten der Parodontitisbehandlung fu\u0308r den Patienten und das Gesundheitssystem k\u00f6nnen signifikant begrenzt werden.<\/p>\n\n\n\n

Parodontaler Screening-Index (PSI)<\/strong>
Der PSI erm\u00f6glicht eine schnelle und \u00f6konomische Untersuchung im zahn\u00e4rztlichen Alltag und damit die Chance, Parodontal\u00aderkrankungen fr\u00fchzeitig zu erkennen. Er basiert auf dem Community Periodontal Index of Treatment Needs (CPITN), der von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) \u00adoffiziell als Basisuntersuchung fu\u0308r Studien zur oralen Gesundheit anerkannt wurde. Im Laufe der Zeit haben sich in verschiedenen L\u00e4ndern auf Basis des CPITN parodontale Screeningverfahren etabliert und sich dabei leichte Variationen der Indizes entwickelt. Der in Deutschland etablierte Parodontale Screening-Index basiert weitgehend auf den Vorgaben des Periodontal Screening\u2009\u2009& Recording (PSR), der von der American Dental Association (ADA) und der American Academy of \u00adPeriodontology (AAP) ver\u00f6ffentlicht wurde [3].
Der PSI ist seit 2004 Bestandteil der vertragszahn\u00e4rztlichen Versorgung und kann im Rahmen der GKV alle zwei Jahre abgerechnet werden (BEMA-Position 04). Seit seiner Einf\u00fchrung kann ein j\u00e4hrlicher Anstieg um circa 3\u2006% beobachtet werden. Um beurteilen zu k\u00f6nnen, bei wie vielen GKV-Patienten der PSI erhoben wurde, ist es aufgrund der Abrechnungsvorgaben sinnvoll, einen Zeitraum von zwei Jahren zu betrachten. In den Jahren 2018 und 2019 wurde die BEMA-Position 04 in 34,6 Millionen F\u00e4llen und damit bei 48\u2006% aller gesetzlich versicherten Patienten erhoben [4,5]. Im gleichen Zeitraum wurden aber nur etwa 2,2 Millionen systematische Parodontalbehandlungen durchgef\u00fchrt [4,\u20095]. Auch wenn sich der PSI zunehmend in den zahn\u00e4rztlichen Praxen etabliert, bleibt daher die Frage, ob aus dem Screeningbefund tats\u00e4chlich die richtigen Schlussfolgerungen und therapeutischen Konsequenzen gezogen werden. In Hinblick auf diese Diskrepanz haben Patientenvertreter und der GKV-Spitzenverband im G-BA eine eingehende Aufkl\u00e4rung der Patienten \u00fcber ihren PSI-Befund, den m\u00f6glichen Behandlungsbedarf und gegebenenfalls die Notwendigkeit weiterf\u00fchrender diagnostischer Ma\u00dfnahmen gefordert. Diese Informationen sollen mit dem Inkrafttreten der PAR-Richtlinie zum 01.07.2021 in einer f\u00fcr den Versicherten verst\u00e4ndlichen Form auf dem Vordruck 11 der Anlage 14a zum BMV-Z dokumentiert und mitgegeben werden.
Der PSI ist allerdings weder zur umfassenden Beurteilung der abgelaufenen noch der aktuellen Erkrankung geeignet. Bei der nachfolgend vorgestellten Patientin hatten alle Sextanten einen Code 4, daher erfolgte in der gleichen Sitzung eine weiterf\u00fchrende klinische und r\u00f6ntgenologische Untersuchung der parodontalen Situation, auf deren Grundlage die Diagnose gestellt und schlie\u00dflich die konkrete Therapie geplant werden konnte.<\/p>\n\n\n\n

Erstvorstellung und paro\u00addontitisspezifische Anamnese<\/strong>
Die 31-j\u00e4hrige Patientin stellte sich erstmals im Mai 2021 in unserer Praxis zur Kontrolle vor. Sie war allgemeinmedizinisch gesund und gab an, nicht zu rauchen und auch niemals geraucht zu haben. Die Patientin hatte bisher selbst keine Anzeichen einer Parodontalerkrankung oder akute Beschwerden wahrgenommen. Eine systematische Parodontaltherapie war bisher nicht durchgef\u00fchrt worden.
Sie hatte ein naturgesundes Gebiss mit Versiegelung der Molaren, die 1. beziehungsweise 2. Pr\u00e4molaren im Ober- und Unterkiefer waren w\u00e4hrend der kieferorthop\u00e4dischen Therapie und die 3. Molaren vor etwa zehn Jahren extrahiert worden. Die Gingiva war zumeist blassrosa, zeigte aber lokalisiert massive entz\u00fcndliche Ver\u00e4nderungen mit deutlicher Schwellung und R\u00f6tung der Interdentalpapillen. An Zahn 41 war bukkal eine beginnende Stillmann-Spalte zu erkennen (Abb.\u20061).<\/p>\n\n\n\n

Klinische und r\u00f6ntgenologische Befunde<\/strong>
Der klinische Parodontalstatus zeigte bei 66,7\u2006% der gemessenen Stellen Sondierungstiefen von 4\u20135 mm und bei 24,3\u2006% von 6 mm und mehr. Es blutete an 38\u2006% der Stellen nach dem Sondieren (Bleeding on Probing, BOP) und an mehreren Stellen trat Pus aus dem Sulkus aus. Die Z\u00e4hne 17, 16, 26, 27, 37 und 36 hatten eine Lockerung von Grad I. Bei keinem der mehrwurzeligen Z\u00e4hne konnten horizontale Attachmentverluste im Furkationsbereich sondiert werden (Abb. 2). Nachfolgend wurde eine Panoramaschichtaufnahme angefertigt, auf der horizontaler und vertikaler Knochenabbau bis ins mittlere Wurzeldrittel zu erkennen war (Abb. 3).<\/p>\n\n\n\n

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