{"id":7632,"date":"2022-11-23T14:37:38","date_gmt":"2022-11-23T13:37:38","guid":{"rendered":"https:\/\/teamwork-zahnmedizin.de\/?p=7632"},"modified":"2023-04-20T13:53:48","modified_gmt":"2023-04-20T11:53:48","slug":"diagnosebasierte-individualprophylaxe","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/teamwork-zahnmedizin.de\/diagnosebasierte-individualprophylaxe\/","title":{"rendered":"Diagnosebasierte Individualprophylaxe"},"content":{"rendered":"\n
Pr\u00e4ventive Leistungen in der zahn\u00e4rztlichen Praxis richten sich oft nach den problemlosen Abrechnungsm\u00f6glichkeiten, wohingegen implantologische oder parodontale Behandlungskonzepte auf den medizinischen Gegebenheiten aufbauen. Der Autor erl\u00e4utert ein Pr\u00e4ventivkonzept, das in erster Linie auf einer medizinischen Indikation aufbaut \u2013 es ist daher eine \u201eDiagnosebasierte Individualprophylaxe\u201c. Diese ber\u00fccksichtigt die individuellen Patientenparameter wie im Konsensuspapier zur patientenzentrierten Pr\u00e4vention (Haas, Ziebold, Wicht, Cachoven) beschrieben.<\/strong><\/p>\n\n\n\n In diesem ersten Teil der dreiteiligen Artikelserie werden die fachlichen Voraussetzungen, basierend auf der erweiterten \u00f6kologischen Plaquehypothese erl\u00e4utert. Parameter f\u00fcr die Risiko- und Speicheldiagnostik<\/strong> Es ist zu sehen, dass in die Risikodiagnostik sowohl klinisch zu ermittelnde Parameter einflie\u00dfen, als auch klinisch nicht sichtbare \u2013 also subklinische Parameter \u2027(subklin.\u2005P.). Diese sind nur durch eine Speicheldiagnostik zu ermitteln. Eine umfassende Diagnostik sollte daher nicht nur die klinischen Parameter, sondern auch die subklinischen Parameter \u2013 in der Tabelle mit (subklin. P.) gekennzeichnet \u2013 beinhalten. Geburtsstunde des Speicheltests<\/strong>
Die professionelle Zahnreinigung ist in den letzten Jahren ein fester Bestandteil des Pr\u00e4ventionsangebotes vieler Zahnarztpraxen geworden. Pr\u00e4vention ist ohne professionelle Zahnreinigung nicht denkbar. Leider ist diese Ma\u00dfnahme oft der alleinige Inhalt einer Pr\u00e4ventionssitzung. Dabei beruft man sich auf die Untersuchungen von Axelsson und Lindhe und \u00fcbersieht, mit welcher H\u00e4ufigkeit die Patienten in den \u2027zitierten Untersuchungen einbestellt wurden [1, 2].<\/p>\n\n\n\n\n
Dass dies in einer zahn\u00e4rztlichen Praxis nicht zu leisten ist und dar\u00fcber hinaus auch die finanziellen Ressourcen der Patienten \u00fcberfordern w\u00fcrde, war offensichtlich. Deswegen sprach sich auch Axelsson schon fr\u00fchzeitig f\u00fcr eine Risikodiagnostik aus. Dabei sollte allein die Pr\u00e4senz von Plaque als absolutes diagnostisches Kriterium nicht ausreichen, denn hierbei w\u00fcrde auch vernachl\u00e4ssigt, welche vielf\u00e4ltigen Parameter \u00fcberhaupt Entstehung und Menge der vorhandenen Plaque beeinflussen. Der alleinige Hinweis auf bessere h\u00e4usliche Hygienesorgfalt ist dabei zwar wichtig, aber nicht immer zielf\u00fchrend. Die Durchf\u00fchrung einer professionellen Zahnreinigung als einzige Ma\u00dfnahme wird der Komplexit\u00e4t des Problems nicht gerecht.
Folgende Parameter beeinflussen die vorgefundene Menge an Plaque und sollten daher in eine Risikodiagnostik mit einflie\u00dfen:<\/p>\n\n\n\n\n
Entscheidende Voraussetzung zur Interpretation der subklinischen bakteriellen und funktionellen Speichelparameter ist das Wissen um die Entwicklung des oralen Bioms von einer hom\u00f6ostatischen hin zu einer dysbiotischen Situation.
Ausgehend von der chemisch-parasit\u00e4ren Theorie der Kariesentstehung von Willoughby Dayton Miller \u00e4nderte sich das Plaque- beziehungsweise Biofilmverst\u00e4ndnis fortlaufend und entsprechend den wissenschaftlichen Erkenntnissen.<\/p>\n\n\n\n
Die unspezifische Plaquetheorie postulierte, dass Plaque per se kariogen sei. Diese Hypothese sah die Karies als das Ergebnis des Zusammenspiels aller Plaquemikroorganismen an, wobei mehr Biofilm auch mehr Karies bedeutete. Kariespr\u00e4ventive Strategien zielten daher auf die regelm\u00e4\u00dfige Plaqueentfernung. Dieses Konzept spiegelt sich auch heute noch in der Tatsache wider, dass vielerorts der Patient angehalten wird, regelm\u00e4\u00dfig zu einer professionellen Zahnreinigung als alleinige Leistung in der Praxis zu erscheinen.
Diese unspezifische Plaquetheorie wurde sp\u00e4ter durch die spezifische Plaquehypothese abgel\u00f6st. Diese postulierte, dass die bakterielle Zusammensetzung der Plaque entscheidend f\u00fcr die Kariesentstehung sei und nicht die Plaque per se.
Als ma\u00dfgebliche und wichtigste Keime wurden Laktobazillen (LB) und Streptococcus mutans (SM) identifiziert [6, 7].
In der Folge wurden vereinfachte bakteriologische Untersuchungen entwickelt\u2005\u2013 gemeinhin als \u201eSpeicheltest\u201c bezeichnet \u2013 mit dem Ziel, die Keime auf einfache Art in ihrer Pr\u00e4senz und Menge nachzuweisen.
Die Erkenntnis, dass eine Karies ohne die Pr\u00e4senz dieser beiden Leitkeime auftreten kann, f\u00fchrte zur erweiterten \u00f6kologischen Plaquehypothese. Diese enth\u00e4lt sowohl Elemente der unspezifischen als auch der spezifischen Plaquetheorie, bringt aber beides mit dem klinischen Verlauf und unserem pr\u00e4ventiven Verst\u00e4ndnis besser in Einklang [3, 4, 5].<\/p>\n\n\n