{"id":7668,"date":"2022-11-23T15:48:02","date_gmt":"2022-11-23T14:48:02","guid":{"rendered":"https:\/\/teamwork-zahnmedizin.de\/?p=7668"},"modified":"2022-11-24T15:44:58","modified_gmt":"2022-11-24T14:44:58","slug":"funktionsorientiert-aesthetisch","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/teamwork-zahnmedizin.de\/funktionsorientiert-aesthetisch\/","title":{"rendered":"Funktionsorientiert \u00e4sthetisch"},"content":{"rendered":"\n

Die Restauration eines aufgrund parodontaler Defekte stark reduzierten Restgebisses l\u00e4sst sich \u2013 jeweils abh\u00e4ngig von der klinischen Situation und den finanziellen M\u00f6glichkeiten des Patienten \u2013 von festsitzend bis herausnehmbar unterschiedlich realisieren. Eine Option bietet die zahn- und implantatgetragene Teleskopprothese: gute Kaufunktion, hoher Tragekomfort, ansprechende \u00c4sthetik, einfache Handhabung und Mundhygiene und nicht zuletzt der Erhalt patienteneigener Z\u00e4hne [3]. Unabdingbare Voraussetzung f\u00fcr eine derartige langzeitstabile Versorgung ist jedoch ein konstruktives Teamwork zwischen allen Beteiligten bereits in der Planungsphase.<\/strong><\/p>\n\n\n\n

Die 69-j\u00e4hrige Patientin klagte \u00fcber Zahnlockerung, ungen\u00fcgende Kauleistung und Erscheinungsbild. Aufgrund einer generalisierten chronischen Parodontitis war es bei ihr zu umfangreichen vertikalen Attach\u2027mentverlusten gekommen. Nach klinischer und r\u00f6ntgenologischer Inspektion konnten nur die Z\u00e4hne 13, 23, 33 und 43 als sicher eingestuft werden, die restlichen Z\u00e4hne waren aufgrund ihres hohen Lockerungsgrades nicht mehr erhaltungsw\u00fcrdig [10].
Nach eingehender Abw\u00e4gung der verschiedenen infrage kommenden Versorgungen mit Kosten und Therapieverlauf entschied sich die Patientin f\u00fcr eine herausnehmbare, gaumenfreie Hybridversorgung mit Teleskopen als Retentionselementen, gest\u00fctzt auf ihren Eckz\u00e4hnen und je vier unter prothetischen Aspekten quadrangul\u00e4r [1] positionierten Implantaten im Ober- und Unterkiefer.
Klinische Studien [2] belegen die Eignung von Doppelkronen als Verankerungselemente f\u00fcr implantatgetragenen Zahnersatz. Durch die implantatbasierte Erweiterung wird eine statisch sicherere Abst\u00fctzung erreicht. In einer aktuellen vergleichenden Studie verschiedener Retentionselementen kommen die Autoren [11] zu dem Schluss, dass das Teleskop-Attachment-System nicht nur die h\u00f6chste Patientenzufriedenheit erreichte, sondern auch die geringsten periimplant\u00e4ren Schleimhautver\u00e4nderungen nach sich zieht. Das best\u00e4tigen fr\u00fchere Studienergebnisse, wonach kein Unterschied in der Komplikationsrate zwischen einer prim\u00e4ren Schienung (festsitzend) und der sekund\u00e4ren Schienung mit Teleskopsystemen (herausnehmbar) festzustellen war [6].
Die sekund\u00e4re Verblockung bewirkt \u2027zudem eine gleichm\u00e4\u00dfige Verteilung \u2027extraaxial einwirkender Kaukr\u00e4fte: das Risiko einer Prothesenkinematik wird minimiert, was wiederum die nat\u00fcrlichen Pfeiler vor einer \u00dcberbelastung sch\u00fctzt [8]. Des Weiteren verliert eine solche Teleskoparbeit auch bei Verlust eines oder mehrerer nat\u00fcrlicher Pfeiler nicht ihre Stabilit\u00e4t und l\u00e4sst sich relativ problemlos erweitern. Eine wichtige Rolle spielen zudem der \u2027physiologische und psychologische Effekt. Wie die Patientin selbst bemerkte, komme sie sich dank ihrer restlichen eigenen Z\u00e4hne nicht g\u00e4nzlich zahnlos und damit \u201ealt\u201c vor. Denn der verbliebene parodontale Faserapparat vermittelt der Patientin noch ein gewisses Ma\u00df an gewohnter Taktilit\u00e4t und Propriozeption, wodurch auch das \u2027Risiko einer funktionellen \u00dcberbelastung sinkt [9].
Aufgrund der komplexen parodontalen Defektsituation wurden Therapieplan und Workflow in enger Abstimmung zwischen der Chirurgin, der Prothetikerin und dem Zahntechniker festgelegt: Extraktion und PA-Behandlung an den Eckz\u00e4hnen zur Etablierung stabiler parodontaler Verh\u00e4ltnisse, Augmentationen im Oberkiefer mit Sofortimplantation, Vestibulum-Plastik zur Verdickung des Weichgewebes im Unterkiefer, gedeckte Einheilung unter Interimsprothesen sowie Herstellung von Reiseprothesen im Totalprothesendesign f\u00fcr die \u00dcbergangszeit bis zur Fertigstellung der definitiven Arbeit.<\/p>\n\n\n\n

Prothetischer Workflow<\/strong>
Simultan mit den hart- und weichgeweblichen Ma\u00dfnahmen waren die Implantate (4,3 x 11 mm Screw-Line, Camlog) wie mit der Chirurgin besprochen strategisch in regiones 15, 12, 22, 25, 36, 34, 44 und 46 inseriert worden. Sie heilten gedeckt unter bereits vorbereiteten, auf den nat\u00fcrlichen Pfeilern verankerten Provisorien ein. Dabei war es ausdr\u00fccklicher Wunsch der Patientin, keine sichtbaren Klammern haben zu wollen. Vor den chirurgischen Eingriffen wurden daher Ober- und Unterkiefer abgeformt, danach erfolgte die Bissnahme. Die nat\u00fcrlichen Pfeilerz\u00e4hne waren bereits in der Operationsphase entsprechend beschliffen und abgeformt worden, sodass die Interimsversorgung einschlie\u00dflich der Innenteleskope zwischenzeitlich im Labor hergestellt und der Interimsersatz unmittelbar nach dem operativen Eingriff eingegliedert werden konnte. Um die nat\u00fcrlichen Pfeiler nach der Abheilung nachpr\u00e4parieren zu k\u00f6nnen, wurden die Innenteleskope nur tempor\u00e4r befestigt und die Interimsprothese lediglich noch feinjustiert und weich unterf\u00fcttert (Abb. 1 bis 7).
Nach der Freilegung bei stabilen mukosalen Verh\u00e4ltnissen wurden die Implantate und die zuvor subgingival nachpr\u00e4parierten Pfeiler mit einem individuellen L\u00f6ffel offen abgeformt. Bissnahme und Gesichtsbogen erfolgten anhand der duplierten Interimsprothesen und die \u00dcbertragung der Bisssituation aus dem bis dahin getragenen Interimsersatz. Beim Termin zur Bissnahme wurden gemeinsam mit dem Zahntechniker und der Patientin die \u00e4sthetischen Parameter \u2013 Farbe der Eckz\u00e4hne A3, alle \u00fcbrigen A2, sowie unterschiedliche Zahngarnituren f\u00fcr den Front- und Seitenzahnbereich \u2013 definiert, um eine m\u00f6glichst naturgetreue Nachbildung der vormaligen Situation zu erreichen. Bei der \u00c4sthetik\u2027anprobe mit dem Wax-up wurde die Lippen-Lachlinie \u00fcberpr\u00fcft, eine Sprechprobe genommen und die Optik der Z\u00e4hne bei unterschiedlichen Lichtverh\u00e4ltnissen betrachtet. Da sich die Patientin mit ihrer rekonstruierten \u00c4sthetik vollauf zufrieden zeigte, konnte mit der Herstellung der definitiven Arbeit begonnen werden (Abb. 8 bis 10).<\/p>\n\n\n