{"id":8681,"date":"2023-04-20T14:47:39","date_gmt":"2023-04-20T12:47:39","guid":{"rendered":"https:\/\/teamwork-zahnmedizin.de\/?p=8681"},"modified":"2023-04-20T14:54:55","modified_gmt":"2023-04-20T12:54:55","slug":"anwendungsbereiche-der-speicheldiagnostik","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/teamwork-zahnmedizin.de\/anwendungsbereiche-der-speicheldiagnostik\/","title":{"rendered":"Anwendungsbereiche der \u00adSpeicheldiagnostik"},"content":{"rendered":"\n
Die pr\u00e4ventiven Leistungen in der zahn\u00e4rztlichen Praxis richten sich viel zu oft nach den problemlosen Abrechnungsm\u00f6glichkeiten. Die vorliegende Artikelserie hat das Ziel, dem Leser ein Pr\u00e4ventionskonzept zu vermitteln, welches in erster Linie auf einer medizinischen Indikation aufbaut \u2013 es ist daher eine \u201ediagnosebasierte Individualprophylaxe\u201c. Diese ber\u00fccksichtigt die individuellen Patientenparameter. Im vorliegenden dritten Teil werden die Umsetzung in der Zahnarztpraxis sowie die sich hieraus ergebenden therapeutischen Konsequenzen erl\u00e4utert.<\/strong><\/p>\n\n\n\n Diagnosebasierte Individualprophylaxe ermittelt alle Risikoparameter, die einen Einfluss auf die Plaquebildungsrate haben. Hierzu geh\u00f6ren sowohl klinische als auch subklinische Risikoparameter. Diese wurden im Teil 1 (teamwork 6\/22) dieser Artikelserie entsprechend spezifiziert. Das Cariogram [96] fasst in einem Computerprogramm alle diese Parameter zusammen und berechnet daraus entsprechend die Wahrscheinlichkeit, neue kari\u00f6se L\u00e4sionen zu entwickeln oder nicht. Schwangere Patientinnen<\/strong> Abh\u00e4ngig von der Keimkonzentration an Streptococcus mutans (SM) der Mutter besteht ein \u00dcbertragungsrisiko dieses Keimes auf das Kind. Auf die Keim\u00fcbertragung von SM von der Mutter auf das Kind wird seit 1978 hingewiesen. Sie konnte 2019 noch einmal mittels PCR-Technik verifiziert werden [42, 43]. Daher wird die Bestimmung der m\u00fctterlichen Werte von Streptococcus mutans unter Verwendung der derzeitigen Grenzwerte als effiziente Methode zur Ermittlung des Risikos einer m\u00fctterlichen \u00dcbertragung von MS im Kindesalter vorgeschlagen [44].<\/p>\n\n\n\n Eine Voraussetzung zur Keim\u00fcbertragung ist eine nachgewiesene Konzentration von mindestens 105<\/sup> Keimen im Speichel der Mutter [45]. Die Keim\u00fcbertragung f\u00fchrt allerdings nicht automatisch zu einer Besiedelung der kindlichen Mundh\u00f6hle mit Streptococus mutans: dies ist nur m\u00f6glich, wenn eine ausreichende Menge an fermentierbaren Kohlenhydraten in der kindlichen Mundh\u00f6hle vorhanden ist. F\u00fcr das Kind hat der Zeitpunkt des ersten Nachweises von Streptococcus mutans in der Mundh\u00f6hle f\u00fcr seine Zahngesundheit eine entscheidende Bedeutung:<\/p>\n\n\n\n Pr\u00e4ventive Ma\u00dfnahmen sollten daher darauf abzielen, die Keimzahlen kariogener Keime der Schwangeren zu reduzieren, da so das \u00dcbertragungsrisiko verringert werden kann.<\/p>\n\n\n\n Da eine Besiedelung des Kindermundes mit Streptococcus mutans eine ausreichende Verf\u00fcgbarkeit von verg\u00e4rbarem Substrat voraussetzt, sollte auch die Ern\u00e4hrungssituation der Mutter unsere Aufmerksamkeit erhalten [48, 49]. Zur Kl\u00e4rung der Ern\u00e4hrungssituation und damit als Grundlage des Aufkl\u00e4rungsgespr\u00e4chs k\u00f6nnen die Zahl der Laktobazillen der Mutter herangezogen werden.<\/p>\n\n\n\n Neben diesem Ziel, eine optimale Mundgesundheit des Kindes schon von Anfang an zu etablieren, sind auch weitere Risikofaktoren bei der Schwangeren zu ber\u00fccksichtigen, welche die hom\u00f6ostatische Situation des oralen Bioms ver\u00e4ndern k\u00f6nnen:<\/p>\n\n\n\n Kleinkinder und \u00adGeschwisterkinder<\/strong> Thenisch konnte 2006 in einer systematischen \u00dcbersichtsarbeit zeigen, dass ein Nachweis von SM im Speichel im Alter von zwei Jahren eine Verdoppelung beziehungsweise der Nachweis in der Plaque (Plaqueabstrich) eine Vervierfachung des Kariesrisikos bedeutet [60].<\/p>\n\n\n\n Diese fr\u00fche Besiedelung der kindlichen Mundh\u00f6hle ist nicht nur entscheidend f\u00fcr die Kariespr\u00e4valenz im Alter von 4\u20136 Jahren. Sogar nach 15 Jahren unterscheidet sich der Mundbefund der Kinder in Abh\u00e4ngigkeit vom Datum der Erstbesiedelung deutlich. Die Kariespr\u00e4valenz ist bei den Kindern h\u00f6her, bei denen in einem fr\u00fcheren Alter SM nachgewiesen wurde [61, 62, 63].<\/p>\n\n\n\n Die Kontrolle auf SM beim 2\u20133 j\u00e4hrigen Kind gibt also Auskunft \u00fcber die durchzuf\u00fchrende pr\u00e4ventive Therapie. Das bedeutet nat\u00fcrlich auch, dass ein kariesfreies Gebiss im Alter von 2\u20133 Jahren nicht gleichzusetzen ist mit der Abwesenheit eines Kariesrisikos. Die Kontrolle auf SM gibt uns entscheidende Hinweise darauf, welche pr\u00e4ventiven Ma\u00dfnahmen im vorliegenden Fall zur Anwendung kommen m\u00fcssen. Die Speichelentnahme kann \u00advorwiegend mit der Abklatschtechnik durchgef\u00fchrt werden (Abb.\u20061)<\/strong> [64].<\/p>\n\n\n\n
Im folgenden werden die Indikationsm\u00f6glichkeiten und die therapeutischen Konsequenzen beschrieben, die sich aus dieser subklinischen Diagnostik ergeben. Es wird ersichtlich, dass diese erweiterte Diagnostik zu therapeutischen Konzepten f\u00fchrt, die ohne eine solche erweiterte Diagnostik nicht durchgef\u00fchrt worden w\u00e4ren. Der Gesundheits- oder Krankheitszustand des oralen Systems kann so deutlich besser beurteilt werden. Zudem werden die einzelnen Anwendungsbereiche f\u00fcr Speicheldiagnostik in der zahn\u00e4rztlichen Praxis erl\u00e4utert.<\/p>\n\n\n\n
Neben den Ver\u00e4nderungen, die im oralen Biom der Schwangeren ablaufen, finden sich auch Risikofaktoren, welche die zuk\u00fcnftige Mundgesundheit des Kindes beeinflussen k\u00f6nnen.<\/p>\n\n\n\n\n
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Streptococcus mutans ist nach wie vor \u2013 aufgrund seiner F\u00e4higkeit, an der Schmelzstruktur zu haften und Biofilme zu bilden \u2013 ein Leitkeim bei der Kariesentstehung. Dem Zeitpunkt der Erstbesiedelung mit SM in der Mundh\u00f6hle der Kinder kommt gerade bei Geschwisterkindern eine besondere Bedeutung zu [58]. Eine Etablierung von Streptococcus mutans in der kindlichen Mundh\u00f6hle ist nur bei kontinuierlich hoher Substratzufuhr von leicht fermentierbaren Kohlenhydraten m\u00f6glich. In der Beratung der Eltern muss daher klar darauf hingewiesen werden , dass es in der Sorgfaltspflicht der Eltern liegt, durch eine gesunde Ern\u00e4hrungssituation des Kindes eine Kolonisation der Mundh\u00f6hle mit kariogenen Keimen zu verhindern. Hier ist also in erster Linie die Compliance der Eltern von Bedeutung [59].<\/p>\n\n\n\n