{"id":8914,"date":"2023-06-07T13:35:33","date_gmt":"2023-06-07T11:35:33","guid":{"rendered":"https:\/\/teamwork-zahnmedizin.de\/?p=8914"},"modified":"2023-06-07T13:48:33","modified_gmt":"2023-06-07T11:48:33","slug":"materialunvertraeglichkeiten-bei-implantaten","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/teamwork-zahnmedizin.de\/materialunvertraeglichkeiten-bei-implantaten\/","title":{"rendered":"Materialunvertr\u00e4glichkeiten bei Implantaten"},"content":{"rendered":"\n

Echte Allergien auf Titan sind extrem selten. Klassische Allergietests auf diesen Werkstoff sind daher nicht zielf\u00fchrend. In der international ersten Leitlinie \u201eMaterialunvertr\u00e4glichkeiten bei dentalen, enossalen Implantaten\u201c empfehlen die Fachleute von 18 wissenschaftlichen Fachgesellschaften und Organisationen unter Federf\u00fchrung der Deutschen Gesellschaft f\u00fcr Implantologie (DGI e.V.) daher einstimmig, auf solche Tests zu verzichten. Die Experten geben dabei Entscheidungshilfen, in welchen F\u00e4llen Patienten von einer erweiterten Diagnostik profitieren k\u00f6nnen und wie Befunde und Symptome bewertet werden sollten.<\/strong><\/p>\n\n\n\n

Materialunvertr\u00e4glichkeiten k\u00f6nnen bei implantatgetragenem Zahnersatz auftreten. Doch was ist im Einzelfall tats\u00e4chlich der Ausl\u00f6ser, wenn die Mundschleimhaut brennt oder ger\u00f6tet ist, wenn Zahnfleisch oder Lippen anschwellen oder die Mundwinkel sich entz\u00fcnden? Dann liegt die Vermutung nahe, dass der Patient einen Werkstoff oder eine Substanz beispielsweise in zahnprothetischen Konstruktionen nicht vertr\u00e4gt. In solchen Situationen geraten auch dentale Implantate in Verdacht, m\u00f6gliche Ausl\u00f6ser zu sein.<\/p>\n\n\n\n

Dentale Implantate bestehen meistens aus Reintitan, das oxidiert keine Allergie ausl\u00f6sen kann. Allerdings k\u00f6nnen Suprakonstruktionen aus Titan-Legierungen bestehen, die auch andere Metalle enthalten, welche eine Kontaktallergie ausl\u00f6sen k\u00f6nnen. Ebenso sind Unvertr\u00e4glichkeitsreaktionen auf Titan m\u00f6glich. Diese k\u00f6nnen durch eine \u00fcberschie\u00dfende entz\u00fcndliche Reaktion von Fresszellen (Makrophagen) verursacht werden, wenn diese in Kontakt mit Titanoxidpartikeln kommen.<\/p>\n\n\n\n

Klinische Diagnostik entscheidend<\/strong>
Entscheidend f\u00fcr die Diagnostik von Unvertr\u00e4glichkeiten ist die klinische Symptomatik, da eine Kontaktallergie auf Titan nicht wahrscheinlich ist. Bei Verdacht, dass zahnprothetische Materialien, etwa Aluminium, Kobalt oder Nickel, in Implantatlegierungen oder Suprakonstruktionen die Ausl\u00f6ser eines allergischen Kontaktekzems sein k\u00f6nnten, kann eine Allergietestung, etwa der Epikutan-Test, sinnvoll sein.<\/p>\n\n\n\n

Keine Empfehlung f\u00fcr Allergietests
<\/strong>Darum haben die Fachleute in ihren insgesamt sechs auf Evidenz basierten Empfehlungen bez\u00fcglich Allergietests auf Titan den Daumen gesenkt und formuliert, dass \u201eeine Testung nicht durchgef\u00fchrt werden soll\u201c. Dies gilt sowohl f\u00fcr den Epikutan-Test (ECT) als auch f\u00fcr den sogenannten Lymphozytentransformationstest (LTT), der Hinweise auf allergenspezifische Ged\u00e4chtniszellen im Blut gibt, die jedoch nicht obligat mit einer klinisch lokalen Reaktion in Beziehung stehen m\u00fcssen. Beide Tests sollen nicht zur Abkl\u00e4rung einer potenziell bestehenden Sensibilisierung auf Titan eingesetzt werden, auch nicht bei Patienten mit relevanten Vorerkrankungen in der Anamnese oder bei Patienten, bei denen der Verdacht auf eine klinische Unvertr\u00e4glichkeitsreaktion besteht. Denn Untersuchungen zeigen, dass selbst in F\u00e4llen, in denen ein Verdacht auf eine Titan-Unvertr\u00e4glichkeit besteht, der Test nicht positiv anschl\u00e4gt.<\/p>\n\n\n\n

Empfehlung zum Thema Suprakonstruktionen<\/strong>
Die Fachleute betonen jedoch, dass die Suprakonstruktionen zu Unvertr\u00e4glichkeitsreaktionen bzw. Allergien f\u00fchren k\u00f6nnen. Ausl\u00f6ser daf\u00fcr k\u00f6nnen andere Legierungsbestandteile, Verunreinigungen sowie Klebstoffe sein. Besteht der Verdacht auf ein allergisches Kontaktekzem der Mundschleimhaut, das von anderen zahnprothetischen Materialien verursacht wurde, kann ein Epikutan-Test differentialdiagnostisch zielf\u00fchrend sein. Dieser ist f\u00fcr den Nachweis einer Sensibilisierung auf Nickel, Kobalt, Chromat und (Meth)Acrylaten etabliert. F\u00fcr die meisten anderen Metalle sind Spezifit\u00e4t und Sensitivit\u00e4t dieses Tests unbekannt. Der LTT kann im Einzelfall als Erg\u00e4nzung in einem mehrstufigen diagnostischen Ansatz integriert werden.<\/p>\n\n\n\n

Empfehlung: Keramikimplantate als Therapieoption<\/strong>
\u201cF\u00fcr Patienten mit vermuteter Titanunvertr\u00e4glichkeit k\u00f6nnen auch dentale Keramikimplantate als Therapieoption in Betracht gezogen werden\u201d, formulieren die Fachleute.<\/p>\n\n\n\n

Schwache Evidenz<\/strong>
Die Experten der Leitlinie konstatieren grunds\u00e4tzlich, \u201edass die Titanunvertr\u00e4glichkeitsreaktion in der Literatur nicht ausreichend belegt ist.\u201c Weitere Evidenz bez\u00fcglich der Unvertr\u00e4glichkeitsreaktion auf Titan und ihrer Diagnostik werde ben\u00f6tigt. Es gibt jedoch Hinweise aus Studien, dass die entz\u00fcndete Umgebung bei einer Periimplantitis oder Mukositis mit einer h\u00f6heren periimplant\u00e4ren Belastung mit Titanpartikeln einhergeht. Es gibt daher Versuche, diese individuelle Immunreaktion in vitro mittels Makrophagenstimulationstests zu analysieren.<\/p>\n\n\n\n

Tests als hinweisende Diagnostik<\/strong>
Ebenfalls mit Tests nachweisbar ist eine genetische Pr\u00e4disposition f\u00fcr individuelle Entz\u00fcndungsreaktionen. Daher seien den Experten zufolge die aktuell verf\u00fcgbaren Tests als hinweisende Diagnostik zu betrachten. Allerdings sei die Abgrenzung zwischen einer triggernden bakteriellen Entz\u00fcndung und einer m\u00f6glichen immunologischen Inflammation aufgrund von Titanpartikeln bislang nicht gesichert m\u00f6glich.<\/p>\n\n\n\n

Explantation nur Ultima Ratio<\/strong>
\u201eUm eine therapeutische Entscheidung zu treffen, ist die klinische Symptomatik ausschlaggebend, die sich durch eine lokale, immunologisch bedingte Entz\u00fcndungsreaktion und eine folgende gest\u00f6rte oss\u00e4re Integration zeigt\u201d, betonen die Fachleute zusammenfassend. Klassische Allergietests seien dabei nicht zielf\u00fchrend. Es gelte aber zu bedenken, dass in Suprakonstruktionen oder Legierungen andere Metalle als Titan und Verunreinigungen vorkommen k\u00f6nnen. Dann k\u00f6nnte auch ein Auslassversuch wegweisend sein. Eine Explantation von Implantaten sei aber nur eine Ultima Ratio und die Indikation dazu m\u00fcsse \u00e4u\u00dferst streng gestellt werden. In jedem Fall solle zun\u00e4chst die Therapie der periimplant\u00e4ren, Biofilm-assoziierten Infektion leitlinienkonform erfolgen.<\/p>\n\n\n\n

Stichwort: Titan und Metall-Allergie<\/strong>\nBei allergischen Reaktionen auf Metalle handelt es sich um sogenannte Kontaktallergien. Diese treten an der Mundschleimhaut etwa 24 bis 27 Stunden nach Kontakt auf. Um diese Allergien auszul\u00f6sen, m\u00fcssen sich Metalle, etwa Cobalt, Nickel oder Kupfer, an Proteinmolek\u00fcle koppeln. Erst dann sind sie in der Lage, eine allergische Immunreaktion auszul\u00f6sen. Solche Substanzen werden Haptene genannt.\nTitan oxidiert jedoch an der Luft und bildet Titandioxid. Oxide k\u00f6nnen sich nicht an ein Protein binden und daher nicht als Allergen\/Hapten wirken. Darum ist Titan nicht in der Lage, eine klassische Kontaktallergie auszul\u00f6sen.<\/pre>\n\n\n\n
Quelle: DGI<\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":"
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