Teambericht

Labside & Prothetik

11.11.21

Der digitale Workflow – ein Gewinn für alle Beteiligten?

3D-Implantatplanung

3D-Druck, CAD/CAM Workflow, Hybridabutment, intraoraler Scan

Dr. Dr. Rainer Fangmann MSc MA, Helena Fangmann, Ztm. Fabian Zinser

Im Mittelpunkt jedes Therapiekonzeptes steht ein Patient mit seinen Ansprüchen, Wünschen und Ängsten. Insbesondere bei implantatgestützten Rekonstruktionen ermöglicht der Einsatz moderner Techniken im ­digitalen Workflow dem Team aus Chirurg, Protethiker und Zahntechniker, den ­Patienten in weniger Sitzungen vorhersagbar zu versorgen als bei einem rein analogen Vorgehen.

Fragen zum Patientenfall
Wo genau liegt der Vorteil des digitalen Workflows für den Patienten?

Dr. Dr. Rainer Fangmann MSc MA: Bereits mit der 3D-Planung wird der Intraoralscan durchgeführt, um eine prothetisch korrekte Planung der Implantate zu erzielen. Nach Einheilung der Zahnimplantate ist nur noch ein Teilscan notwendig. Dies bedeutet eine erhebliche Reduktion der Patientenbehandlungszeit und -belastung. Zudem erfordert der digitale Workflow eine engere Vernetzung zwischen der Chirurgie, der Prothetik und der Zahntechnik. Hier ist Teamarbeit gefordert und in der Regel mit Qualitätssteigerungen assoziiert [1].
Helena Fangmann: In der konventionellen Implantologie sind die klassischen Abformverfahren eine seitens der Behandler oft unterschätzte Belastung für den Patienten. Im analogen Workflow erfolgt zunächst eine Abformung zur Herstellung des individuellen Löffels und dann die Implantatabformung mit dem individuellen Löffel, wobei stets eine intraorale Verblockung der Abformpfosten [2] erfolgen sollte.
Ztm. Fabian Zinser: Ein bedeutender Vorteil aus Patientensicht ist die Qualität der übermittelten Daten an das Dentallabor. Mittels intraoralem Farbscan ist der Zahntechniker im Labor in der Lage, sich ein besseres Bild von der Patientensituation zu verschaffen. Dies hilft, die Prozesssicherheit zu erhöhen und reduziert Behandlungszeiten.

Anamnese
Die 76-jährige Patientin stellt sich mit einer seit Jahren bestehenden Brückenversorgung im ersten Quadranten in der Praxis vor (Abb. 1). Die Pfeilerzähne 14 und 16 waren seit Jahren wurzelkanalbehandelt. Der mesiale Brückenpfeilerzahn zeigte eine apikale Beherdung mit Parodontalspaltverbreiterung. Insgesamt wies die Brücke einen Lockerungsgrad von 1 bis 2 auf. Die hauszahnärztlich angebotene erneute zahngetragene Brückenversorgung mit Ausdehnung auf den Eckzahn 13 wurde von der Patientin nicht favorisiert. Deshalb wurde der Patientin eine Entfernung der gesamten Brücke mit Sofort­implantation und Sofortversorgung in Nonokklusion angeraten (Abb. 2). Es wurden in Lokalanästhesie drei ­Straumann Bone Level Tapered ­Implantate gesetzt. In derselben Sitzung erfolgte die konventionelle Abformung beider Kiefer. Binnen 24 Stunden wurde ein verschraubtes und verblocktes Langzeitprovisorium aus PMMA auf Klebebasen (Straumann) in Nonokklusion erstellt (Abb. 3). Dieses Langzeitprovisorium verblieb 26 Monate in situ. Nach dem Entfernen des Langzeitprovisoriums zeigten sich perfekt ausgeformte Schleimhaut­emergenzprofile. Es wurden die entsprechenden Scanbodys eingeschraubt. Die Scandaten wurde mit dem 3Shape Trios 3 von Straumann erhoben und dem Labor übersandt (Abb. 4). Die Farbbestimmung erfolgte über den Scanner.

Digitale Auftragsannahme
Der Datensatz erreichte das Dentallabor via 3shape communicate, einer Plattform, die den sicheren Datenaustausch zwischen den Partnern ermöglicht. Auf der Weboberfläche von communicate kann sich der Nutzer einen groben Überblick mittels zur Verfügung gestellter Screenshots über den Fall verschaffen. Der digitale Auftragszettel enthält alle für den Fall relevanten Daten, wie Art der Arbeit, Art der Implantate, Zahnfarbe et cetera. Besonders praktisch ist die hier einzurichtende E-Mail-Benachrichtigung. Wann immer dem Dentallabor ein neuer Fall zugesandt wird, erhält es per E-Mail die Benachrichtigung, dass ein neuer Fall vorliegt und von wem er gesendet wurde.
In der Desktop-Anwendung des Dental ­Designers (3Shape) wird der Nutzer ebenfalls auf den neuen Fall aufmerksam gemacht. Die Trios Inbox ermöglicht es ihm, über die Annahme oder Ablehnung des Falls zu entscheiden. In den System­einstellungen kann der Nutzer allerdings auch optional hinterlegen, dass alle neuen Fälle automatisch angenommen werden. Diese erscheinen dann in der gewohnten Auftragsliste und werden durch ein Bild des Trios Scanners symbolisiert. Der Techniker kann nun mit der Weiterverarbeitung beginnen. Zuerst wird der Auftrag geprüft. Im hier geschilderten Fall erfolgte die Versorgung von drei ­Straumann RC Implantaten mittels Variobase-­Abutments mit der Sekundärteil­höhe 3,5 mm und vollverblendeten zementierten Zirkonoxid-Kronen.

Digitales Design
Der Workflow ergibt sich aus der Programmierung. Als erster Schritt erfolgt die Datenbereinigung. Hierbei entfernt der Techniker nicht-relevante Bereiche des Scans sowie mögliche Artefakte. (Abb. 5 und 6) Er richtet die Scans im virtuellen Artikulator ein und legt somit bereits den Grundstein für die folgende digitale Modellverarbeitung (Abb. 7). ­­
Im folgenden Schritt werden die mit dem 3Shape Trios 3 intraoral erfassten Scanmarker mit den in der Dental Designer Software hinterlegten DME-Dateien ­registriert. Hierbei ist besondere Präzision gefordert. Wird der Scanmarker nicht präzise registriert, ist die virtuelle Implantatposition nicht richtig dargestellt und die gefertigte Prothetik wird nicht passen. Softwareseitig stehen dem Nutzer zwei Arten der Registrierung zur Verfügung: die Ein-Punkt- und die Drei-Punkt-Registrierung. Je nach eingesetztem Scanmarker erweist sich die eine oder andere Variante als vorteilhafter. In dem gezeigten Fall erfolgte die Registrierung im Drei-Punkt-Verfahren. Die Software erzeugt im Anschluss automatisch die hinterlegten Datensätze der Modell­analoge und die in der Auftragsanlage ausgewählten Abutmentgeometrien in ihrer jeweilig korrekten Position. Die Ausformung des Emergenzprofils sowie die finale Gestaltung der Abutments werden im Dental Designer mittels Backward-­Planning erstellt, das heißt, die zu versorgenden Zähne werden im ersten Schritt vollanatomisch in ihrer finalen Form und Ausdehnung modelliert. Danach arbeitet der Zahntechniker „rückwärts“ und erzeugt so die optimalen Abutments in Abhängigkeit des digitalen Wax-ups sowie die exakt reduzierten Zirkonoxid-Gerüste.

Digitale Arbeitsvorbereitung
Mit der Fertigstellung des Designs der Abutments sowie der Verblendkappen führt die Software den Zahntechniker in die digitale Arbeitsvorbereitung. Bereits im ersten Schritt legte der Zahntechniker die Okklusionsebene fest und bereinigte die Scans. Aus diesem aufbereiteten ­Datensatz wurden digitale ­Arbeitsmodelle erstellt. Praktisch ist die Möglichkeit, Beschriftungen ­direkt in die Modelle einzupflegen, um so im ­Laboralltag eine direkte Zuordnung zu gewährleisten. An die Modelle wurden jeweils drei Artikulationshilfen angesetzt (Abb. 8). Abschließend segmentierte der Zahntechniker die Zahnfleischmaske (Abb. 9) und die Software stanzte automatisiert die bereits im Vorfeld erstellten Abutments sowie die hinterlegten digitalen Laboranaloge aus.

Digital trifft analog
Die erstellten digitalen STL-Daten der Modelle wurden in der CAM-Software des 3D-Druckers positioniert und zum Drucker gesendet. In der CAM-Software der Fräsmaschine erfolgte das Nesting der designten Abutments und Verblendkappen in einem Zirkonoxid-Block (Abb. 10 bis 12).­ Hier endete die digitale Prozesskette im vorliegenden Fall. Die gedruckten Modelle artikulierte das Dental­labor ein. Ebenso wurden die digitalen Laboranloge im Modell mit Pattern Resin fixiert. Die Aufbereitung der Abutments und die damit verbundene Güte der Oberfläche erfolgte nach dem von Rinke et al. erarbeiteten Protokoll. Zur Verbindung von Variobase und Zirkon­oxid kam ein Multilink Hybrid-Abutment zum Einsatz. Im Anschluss erfolgte die keramische Verblendung der anatomisch reduzierten Zirkonoxid-Kappen nach den Vorgaben des intraoralen Scans (Abb. 13) und der Versand in die Praxis (Abb. 14 und 15). Nach dem Einbringen der Abutments auf Klebebasis mit 35 Ncm (Abb. 16 bis 18) wurden die Schraubenkanäle mit Komposit verschlossen. Die definitiven Kronen wurden nach der Ästhetik-, Funktions- und Okklusionsprüfung mit implantlink semi Forte von Detax eingesetzt (Abb. 19 und 20).

Fazit
Die Digitalisierung der Zahnmedizin und der Zahntechnik, wie in diesem Fall gezeigt, schafft es, eine effiziente und damit rationelle Versorgung unserer Patienten zu ermöglichen. Behandlungszeiten können reduziert werden. Wichtige Informationen werden mittels Trios Intraoralscan in Farbe an das zahntechnische Labor über­mittelt und befähigen die beteiligten Zahntechniker, umfangreiche Impressionen des Patienten zu erhalten. Zudem stärkt der digitale Workflow die Team­arbeit. „Teamarbeit halbiert den Aufwand und verdoppelt den Nutzen.“ [1]  

Literatur
[1] Meier, Rolf (2006): Erfolgreiche Teamarbeit. 25 Regeln für Teamleiter und Teammitglieder. Offenbach: Gabal. [2] Gernet, Wolfgang; Biffar, Reiner; Schwenzer, Norbert; Ehrenfeld, Michael (Hg.) (2011): Zahnärztliche Prothetik. 4. Aufl. s.l.: Georg Thieme Verlag KG. Online verfügbar unter https://dx.doi.org/10.1055/b-002-19442.

ProduktProduktnameFirma
AbutmentVariobaseStraumann
CAD-SoftwareDental Designer3Shape
Befestigungimplantlink semi ForteDetax
ImplantateStraumann Bone Level Tapered
Straumann RC Implantate
Straumann
Straumann
Intraoralscanner3Shape Trios 33Shape/Straumann
Softwarekomponenten3shape communicate3Shape
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