Fachbericht

Steuer & Recht

08.10.24

Rechtsformen für die Praxis

Ob Partner oder Investor: vermeidbare Fehler bei der Wahl der Rechtsform

Gründung, Medizinrecht, Rechtsformen, Umstrukturierung

Thomas Bischoff

Die Wahl der richtigen Rechtsform wirkt sich stark auf den Berufsalltag von Zahnärzten aus. ­Beispielsweise, wenn die Betroffenen merken, dass sie durch eine unzweckmäßige Rechtsform mehr Steuern zahlen als mit einer anderen Rechtsform. Oder wenn bei einem Behandlungsfehler eines Kollegen der Zahnarzt haftet, der den Fehler nicht begangen hat – was bei der richtigen Rechtsform vermeidbar gewesen wäre.

Wer in einer Praxisgemeinschaft mit Kollegen die Kosten teilt, aber ähnlich wie eine Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) handelt, der muss möglicherweise hohe Honoraranteile an die KZV zurückzahlen, falls die KZV der Auffassung ist, dass die Rechtsform rechtsmissbräuchlich gebraucht wird. Das ist z. B. der Fall, wenn es bei fachgleichen Praxisgemeinschaften mehr als 20 Prozent Patientenidentität bei den Praxisinhabenden gibt, und, wenn z. B. die gemeinsame Ankündigung von Praxiszeiten im Internet, ein einheitliches Praxisschild oder auch die Missachtung des Datenschutzes zwischen den beiden Einzelpraxen bestehen.

Ein weiterer Aspekt: Ein Investor kann sich nur über ein spezielles rechtliches Konstrukt an einer Praxis beteiligen, nämlich mittelbar über eine MVZ GmbH. Dafür muss er als reiner Finanzinvestor zuvor ein zugelassenes Krankenhaus oder eine Beteiligung hieran erwerben.

Diese unterschiedlichen praktischen Berührungspunkte, die aus der Rechtsform einer Praxis resultieren, sind nur einige Beispiele von vielen, die zeigen, wie sehr die Rechtsform dem Zahnarzt das Leben bzw. den Beruf schwer machen kann. Um diese Eventualitäten zu vermeiden und sich von vorneherein abzusichern, sollte die Wahl der Rechtsform wohlüberlegt erfolgen.

Rechtsformen der 
klassischen BAG
Die Gemeinschaftspraxis oder GbR ist die traditionelle Form für Zahnarztpraxen mit mindestens zwei Inhabern. Die GbR ist leicht zu gründen und hat gesetzlich wenig Formalia. Aber sie ist nicht so sehr auf die freiberufliche Tätigkeit von Zahnärzten angepasst wie z. B. die Partnerschaftsgesellschaft, denn letztere ist als Rechtsform ausschließlich für freie Berufe geschaffen worden. Die Partnerschaftsgesellschaft hat zahlreiche Vorteile. Viele Unterschiede zwischen GbR und Partnerschaft wurden seit dem 1. Januar 2024 durch das MoPeG – also das Gesetz zur Modernisierung der Personengesellschaften – zugunsten der GbR verbessert, aber der Hauptunterschied bleibt: nämlich der Haftungsausschluss eines Partners für Behandlungsfehler, die der andere Partner begangen hat.

In der GbR haften alle Gesellschafter mit ihrem persönlichen Vermögen für die beruflichen Fehler der anderen. In der Partnerschaft haftet hingegen nur die Partnerschaft als solches und der Partner, der den Fehler begangen hat. Wer nicht behandelt hat, hat sein Privatvermögen aus dem Haftungsverbund ausgeklammert. Das bezieht sich z. B. auf das private Immobilienvermögen oder auf die Bankkonten. Zwar sind Praxisinhabende im Regelfall von solchen Haftungen durch die Berufshaftpflichtversicherung freigestellt. Es gab jedoch in der Vergangenheit Fälle, in denen Zahnärzte ihre Berufshaftpflicht versehentlich nicht gezahlt hatten. In diesen Fällen ist die Versicherung bis zur Zahlung des rückständigen Beitrags von allen Versicherungsleistungen befreit. Im Schadensfall haftet bei der GbR jeder Gesellschafter mit seinem gesamten Privatvermögen.

Zwar können in den meisten Bundesländern auch Heilberufe-GmbHs errichtet werden. Diese sind jedoch allenfalls für Praxen geeignet, die keine Kassenpatienten behandeln, da im vertragszahnärztlichen Bereich diese Rechtsform nicht zugelassen ist. Auch bei der Behandlung von Privatpatienten kann es zu Problemen kommen, weil die privaten Krankenversicherungen nur die Leistungen an die Patienten erstatten, die von niedergelassenen Zahnärzten erbracht werden (§4 der allgemeinen Krankenversicherungsbedingungen). Von daher dürfte die Rechtsform allenfalls für Praxen geeignet sein, die ausschließlich Selbstzahler behandeln.

Rechtsformen von MVZs

Die GbR und die 
Partnerschaftsgesellschaft
Die Gründung eines MVZs ist häufig nur dann sinnvoll, wenn man einen (nicht zahnärztlichen oder ärztlichen) Investor beteiligen möchte, oder wenn man in einer Einzelpraxis mehr als drei bzw. mit Zusatzgenehmigung vier angestellte Zahnärzte beschäftigen möchte. Bei einer BAG hängt die Zahl der anzustellenden Zahnärzte von den Zulassungen der Gesellschafter ab.

Beispiel:
Eine BAG mit drei in Vollzeit zugelassenen Zahnärzten kann pro Gesellschafter weitere drei bzw. vier Zahnärzte anstellen. So können bis zu 15 in Vollzeit beschäftigte Behandelnde in der BAG tätig werden. In den meisten Fällen werden auch nicht mehr Zahnärzte in einem MVZ beschäftigt.

Die GmbH oder zMVZ-GmbH
Zu den möglichen Rechtsformen von MVZs gehören auch GmbHs. Gesellschafter einer zMVZ-GmbH können Ärzte, Zahnärzte oder Krankenhäuser sein. An zMVZ-GmbHs können sich auch Investoren beteiligen – allerdings nicht direkt, sondern in der Form, dass sie ein Krankenhaus kaufen und dieses Krankenhaus sich wiederum an einer MVZ-Trägergesellschaft beteiligt. Diese wiederum hält ein oder mehrere MVZ. Von der praktischen Seite gesehen gibt es MVZ-GmbHs bei Einbindung von Investoren oder bei Einzelpraxen von Zahnärzten, die eine größere Anzahl an Zahnärzten beschäftigen wollen. Wer als Alleininhaber ein MVZ errichten möchte, kann dies nur über die MVZ-GmbH, denn die Personengesellschaften setzen voraus, dass es zwei Gesellschafter gibt.

Tipp: Ein verbreiteter Irrtum ist, dass MVZs immer unter der Trägerschaft einer GmbH stehen oder gar immer von Investoren beherrscht sein müssen. Tatsächlich können auch GbRs und Partnerschaftsgesellschaften Träger eines oder mehrerer MVZ sein. Die Gesellschafter bleiben dann in der Rechtsform der Personengesellschaft und wenn man mit über 55 Jahren seine Beteiligung verkauft, hat man weiterhin große steuerliche Vorteile, die bei einer GmbH so nicht gegeben sind. Außerdem müssen die Praxen dann nicht in die Rechtsform der GmbH umgewandelt oder sonst eingebracht werden. Das ist häufig mit viel Aufwand verbunden; und viel Aufwand bedeutet auch hohe Kosten. Bleibt man in der Rechtsform der Personengesellschaft, sind Aufwand und Kosten deutlich niedriger.

Der Gesellschaftervertrag
Entscheidend für die Zusammenarbeit zwischen den Gesellschaftern ist der Gesellschaftervertrag. Darin wird im Wesentlichen das Folgende geregelt:

  • Es beginnt mit dem Namen bzw. der Firma der Gesellschaft. Hier unterscheiden sich die Rechtsformen, da bspw. nur die Partnerschaft den Zusatz „und Partner“ tragen darf, also z. B. Dr. Alt und Partner.
  • Weiter wird festgelegt, was die Gesellschafter zu Beginn in die Gesellschaft einbringen müssen wie bspw. Geld, Sachwerte oder vielleicht eine ganze Praxis. Es ist sinnvoll, dies genau, unter Angabe der Werte der eingebrachten Gegenstände, zu regeln. Es ist bei der Einbringung einer Praxis mit dem Steuerberater abzustimmen, ob dies zum Buchwert erfolgt oder ob ein höherer Wert gewählt wird. Je nachdem können dann sogar hohe Steuern anfallen, die vor der Einbringung berechnet werden sollten!
  • Auch die Arbeitsleistung eines jeden Gesellschafters ist festzulegen. Dabei sind die Vorgaben der KZV für einen vollen oder hälftigen Versorgungsauftrag zu berücksichtigen, für die volle Zulassung also ca. 33 Wochenstunden und für Teilzulassung die Hälfte.
  • Wichtig ist, wie Entscheidungen der Gesellschafter getroffen werden und wer die Gesellschaft vertreten darf – also wer bspw. Verträge unterschreiben darf. 
Beispiel: 
Die Gesellschafter treffen gemeinsam die Entscheidung, einen Mitarbeitenden anzustellen. Die Unterschrift unter dem Arbeitsvertrag kann nach dem Gesellschaftervertrag jedoch durch einen Gesellschafter allein erfolgen. Gerade bei der Partnerschaft wird die Vertretungsregelung im Partnerschaftsregister eingetragen. Ist hier Alleinvertretungsbefugnis eines Gesellschafters geregelt, kann er die Kündigung rechtswirksam allein erklären. Bei der GbR kann die Kündigung durch nur einen Gesellschafter zu großen Problemen führen, falls der Arbeitnehmer die Kündigung zurückweist, mit der Begründung, der kündigende Gesellschafter habe seine Vollmacht zur Kündigung nicht ordnungsgemäß nachgewiesen. Dringt der Arbeitnehmer beim Arbeitsgericht mit einer solchen Behauptung durch, dann liegt keine Kündigung der Gesellschaft vor und die Gesellschaft wird – ohne Arbeit des gekündigten Arbeitnehmers – die Gehälter weiter zahlen müssen!
  • Essenziell: Regelungen zur Gewinnverteilung

Letzterer Punkt birgt das größte Konfliktpotenzial. Die Möglichkeiten zur Gewinnverteilung sind vielfältig – von der Verteilung des Gewinns nach Köpfen oder Kapitalkonten oder über Verteilung nach Honorar oder Arbeitszeit.
Diese Verteilungsregelungen können auch gemischte Verteilerschlüssel enthalten, z. B. nach Kapitalkonto und persönlich erbrachten Honoraren der Gesellschafter. Wenn ein Gesellschafter mehr Verwaltungsarbeit erbringt als der oder die anderen, dann sollte die Vergütung der Verwaltungstätigkeit auch im Vertrag geregelt werden. Wichtig ist, dass alle Eventualitäten berücksichtigt werden und alle Gesellschafter der Überzeugung sind, dass die Regelungen gerecht sind. Dabei ist auch zu berücksichtigen, wie der Gewinn bei Krankheit, Schwangerschaft oder in der Elternzeit verteilt wird.
Fehlt eine wichtige Regelung im Gesellschaftsvertrag, so kann es zu nicht gewollten und überraschenden Ergebnissen für die Gesellschafter kommen. Im Zusammenhang mit der Gewinnverteilung verdeutlichen dies folgende Beispiele:

Beispiel 1:

Einlagen vs. Leistungen berücksichtigen
Dr. Alt hat 80 % des Vermögens in die GbR eingebracht. Dr. Neu nur 20 %.
Außerdem ist Dr. Alt wesentlich produktiver als Dr. Neu. Dr. Neu erarbeitet 70 % vom zahnärztlichen Honorar und übernimmt die Verwaltungsaufgaben.
Ist hierzu im Vertrag nichts Abweichendes geregelt, wird der Gewinn durch 2 geteilt. Das würde im Regelfall nicht passen.

Beispiel 2:

Entnahmen
Eine junge Zahnärztin trat der Praxis eines älteren Kollegen bei. Nach ca. zehn Jahren sollte die jüngere Kollegin den Anteil des älteren übernehmen. Die Parteien waren sich über den Kaufpreis von 300.000 EUR einig. Nur hat die jüngere Kollegin in zehn Jahren rund 400.000 EUR mehr entnommen als der ältere Kollege. Zudem hat der ältere Kollege 200.000 EUR von seinen Gewinnen in der Gesellschaft stehen lassen und der Dispo der BAG lag bei 200.000 EUR im Minus. Hätte nun die Kollegin die 400.000 EUR gezahlt, dann wäre der Dispo der Gesellschaft ausgeglichen worden und der ältere Kollege hätte die stehen gelassenen Gewinne entnehmen können. Leider waren die Überentnahmen nicht über Kapitalkonten erfasst und der ältere Kollege hat die zu hohen Entnahmen auch nicht bemerkt, weil es keine Regelungen zur Führung von Kapitalkonten gab. Anlässlich des Kaufvertrages fiel das Ganze auf. Die Bank hat aber die Überentnahmen nicht finanziert. Das sollte unbedingt vermieden werden.

Tipp: Manchmal hat eine BAG mehr oder weniger Geld, als steuerlich an Gewinn angefallen ist. Hier ist klar zu definieren, wie viel Geld von jedem Gesellschafter entnommen werden kann und ob eventuelle Überentnahmen innerhalb einer abzustimmenden Frist auszugleichen sind.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass bei einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit von Zahnärzten die Partnerschaftsgesellschaft meist die erste Wahl ist. Diese Rechtsform ist flexibel auf eine freiberufliche Praxis zugeschnitten. Von größter Bedeutung ist ein tragfähiger und rechtssicherer Gesellschaftervertrag und bei der Einbringung einer Praxis in die Gesellschaft der Einbringungsvertrag. Für die meisten Zahnarztpraxen bringt die Gründung einer GmbH viele zusätzliche Formalia und starke Beschränkungen im Zugriff auf ihre freie Liquidität.

Tipp: Webinar-Reihe „Betriebswirtschaft trifft Zahnmedizin“
Die Vorlesungsreihe läuft noch bis zum März 2025 mit ­monatlich einer Vorlesung zu praxisrelevanten Wirtschaftsthemen. Ein Einstieg in das laufende „Semester“ ist jederzeit möglich.

Kontakt
Prof. Dr. Bischoff & Partner 
Treuhand- & Steuerberatungs­gesellschaft mbH
Theodor-Heuss-Ring 26, 50668 Köln
Tel. +49 221 912840-0
www.bischoffundpartner.de

Thomas Bischoff ist Fachanwalt für Medizinrecht und für Handels- und Gesellschaftsrecht. Er ist Partner der Bischoff & Partner PartG und Mitgesellschafter der Steuerberatergesellschaften Prof. Dr. Bischoff & Partner in Köln, Chemnitz und Berlin. Seine Arbeitsschwerpunkte sind die Gründung und Umstrukturierung von Zahnarztpraxen. Dazu gehört besonders auch die Beratung über die Errichtung von BAG und MVZ unter Beachtung der zivil- und steuerrechtlichen Aspekte sowie des Vertragszahnarztrechts und der Berufsordnung und die vertragliche Umsetzung.

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