Teambericht

Labside & Prothetik

21.10.21

Sofort & ­digital

Komplexe vollkeramische Versorgung

Ästhetik, CAD/CAM, Implantatbrücke, Langzeitprovisorium, Smilecloud-Planung, smop-Planung, Sofort­versorgung, Vollkeramik

Dr.  Paul Leonhard Schuh, Ztm.  Bastian Wagner

66 – Impressionen der definitiven Restauration

Die Autoren zeigen in einer Falldokumentation, wie das behandelnde Team von der Nutzung des digitalen Workflows von Anfang an profitieren kann. Vom Erstkontakt mit dem Patienten über die Planung bis zur fertigen Versorgung bietet die Digitalisierung zahlreiche Möglichkeiten, um ein vorhersagbares ästhetisches Behandlungsergebnis zu erzielen. Der Fokus liegt dabei auf den digitalen Tools beim Patientengespräch, dem digitalen Teamwork, der digitalen Planung der Implantate bei der ­Sofortimplantation inklusive CAD/CAM-gefertigtem Provisorium, der Sofortimplantation und dem Weichgewebsaufbau sowie dem Veredeln der gelieferten Komponenten.

Fragen an das Behandlungsteam
Welche analogen Arbeitsschritte wurden in den digitalen Workflow integriert?

Ztm. Bastian Wagner: Die Digitalisierung ist ein effizientes Werkzeug, das wir im Behandlungsteam nutzen. Genauso wichtig ist es aber auch, dass wir unsere analogen Arbeitsschritte beherrschen – nur dann können wir beides perfekt in Einklang bringen. Das bedeutet: Wir benötigen die Fähigkeit zur Analyse sowie Know-how für die Umsetzung von Funktion und voraussagbaren ästhetischen Ergebnissen. Analoge Erfahung wie profunde Kenntnisse der Morphologie und deren individueller Umsetzung, der Schichttechniken sowie funktionelles Verständnis, sind essenziell. Wenn wir diese Kompetenz mit den neuen Möglichkeiten der Digitalisierung verbinden, ergeben sich im digitalen Workflow weniger Fehler und bessere Ergebnisse.

Stichwort Teamwork: Welcher Aspekt ist für den Behandler dabei besonders wichtig?
Dr. Paul Schuh: Teamwork gelingt in einer Zusammenarbeit auf Augenhöhe. Nur durch eine offene und ehrliche Kommunikation auf hoher fachlicher Ebene können Spitzenleistungen erzielt werden. Es gibt immer etwas zu verbessern und dabei kommen die besten und kreativsten Ideen nicht immer vom Behandler.

Ausgangssituation
Der 58-jährige Patient wurde in der Praxis vorstellig. Seine Zähne befanden sich in einem desolaten Zustand (Abb. 1 bis 4). Da der Patient beruflich sehr eingespannt ist, war die Behandlung in jeder Hinsicht für das Team eine Herausforderung; zudem musste auf eine gute Reinigungsfähigkeit der Restauration geachtet werden. Das Röntgenbild belegte den starken Knochenabbau und zeigte den Handlungsbedarf im Unterkiefer (Abb. 5). Der Patient kam mit dem Wunsch, eine „Verbesserung“ erreichen zu wollen, daher galt es zunächst zu eruieren und definieren, was ihm dabei wichtig ist. Bei derart komplexen Fällen ist die Kommunikation im Behandlungsteam zwischen Zahnarzt (Chirurg/Prothetiker) und Zahntechniker immens wichtig, um Fehler oder Missverständnisse bei der Planung zu vermeiden.

Digitale Tools
In der Kommunikation mit dem Patienten ist die App Smilecloud ein hilfreiches Tool, um den Patienten ein mögliches Behandlungsergebnis vor Augen zu führen. Dazu werden Fotos des Patienten hochgeladen und Vorschläge generiert, die zum Lippenverlauf und zur Gesichtsform des Patienten passen. Das Visualisieren dient dazu, dem Patienten die umsetzbaren Möglichkeiten zu zeigen, denn oftmals kommen Patienten mit speziellen Vorstellungen, etwa mit dem Bild eines Prominenten, in die Praxis. Diese Vorstellungen gilt es dann mit der individuellen klinischen Situation des Patienten abzugleichen.
Im vorliegenden Fall wurden dem Patienten drei Varianten präsentiert. Der Gin­giva­rückgang aufgrund der Paro­dontitis war bereits sehr weit fort­geschritten, jedoch für die Ästhetik wenig relevant, da die Lachlinie niedrig war und keine hohe Lippendynamik bestand (Abb. 6 und 7). Diese Daten können als STL-Datensatz zu Dedicam (Camlog) zur weiteren smop-Planung (smop, swissmeda) übermittelt werden. smop erlaubt die 3-D-Implantat-Planung zur schablonengeführten Implantation (Abb. 8). Wie beim Backward Planning üblich, wird rückwärts geplant, also von der angestrebten prothetischen Restauration zur optimalen Platzierung der Implantate. Die digitale Planung basiert auf den DVT-Daten und der Ist-Situation des Patienten (Abb. 9 bis 11). Die Zahnfarbe lässt sich mit dem eLAB-System von Sascha Hein anhand eines digitalen Fotos sehr präzise ermitteln. Das auf Basis dieser Daten geplante Provisorium wurde bei Dedicam geordert (Abb. 12 bis 14), ebenso wie die smop-Schablone für die geführte Implantation.
Bei dem gefrästen Provisorium wurde die Zahnstellung im Labor herausgearbeitet, die Zähne wurden separiert und ein konvexer Pontic gestaltet. Wichtig ist es, den Pontic­ so auszuformen, als würde der Zahn aus dem Zahnfach wachsen. Als nächstes wurden die Zahnhälse zurückgeschliffen und mit Malfarbe veredelt. Zudem wurde die Schneide reduziert und mit Opalmasse ergänzt, um eine natürliche Transparenz im Schneide­bereich zu erzeugen. Um das Wachstum der Gingiva anzuregen, wurde am Hals eine Kante angelegt.

Fully guided: Sofortimplantation mit Bohrschablone
Entsprechend der Planung mit smop wurde eine Schablone für sechs Sofort­implantate im Oberkiefer erstellt; die Schablone lag dabei auf den noch verbliebenen Zähnen auf (Abb. 15 bis 17). Die reduzierte Gestaltung der Schablone gewährte einen guten Blick auf alle relevanten Bereiche während des chirurgischen Eingriffs. Die Sofortimplantate wurden gesetzt und die restlichen Zähne entfernt (Abb. 18 bis 23).
Bei 14 wurde ein Lappen gebildet, bei den restlichen Implantaten wurde flapless gearbeitet. Im Bereich der extrahierten Zähne wurde das Knochenersatzmaterial MP3 (American Dental Systems) ver­wendet (Abb. 24 und 25). Zusätzlich wurde in der Frontregion das Binde­gewebs­ersatzmaterial NovoMatrix (Camlog) verwendet, um eine starke Resorption zu kompensieren (Abb. 26). Wichtig: Die geführte Implantation ist nicht für den Anfänger geeignet und ersetzt keine mangelnde Erfahrung; sie ist lediglich ein Hilfstool, um präziser arbeiten zu können.

Sofortbelastung mit Langzeitprovisorium
Mittels Klebebasen und Provisorium wurde nach der OP sofortbelastet (Abb. 27 bis 29). Das Resultat entsprach dem, was dem Patient im Vorfeld visualisiert worden war. Nach einiger Zeit musste das Provisorium im Labor überarbeitet werden, da sich das Gewebe aufgrund ­natürlicher biologischer Prozesse zurückzieht. Die Pontics wurden dementsprechend unterfüttert und die Übergänge zu den Implantaten sauber ausgearbeitet (Abb. 30 bis 33).
Anschließend wurde die neue Situation gescannt (Abb. 34 bis 35) und bei Dedicam ein gedrucktes Modell mit Zahnfleischmaske in Auftrag gegeben (Abb. 37 und 38). Bewusst wurde auf eine Radierung des Kieferkamms verzichtet und statt einer größeren Auflagefläche, die entsprechend schwieriger reinigbar wäre, eine konvexe Ponticgestaltung vorgezogen. So ließ sich auch das Wachstum der Papille begünstigen. Zudem besaß der Patient, wie eingangs erwähnt, keine hohe Lachlinie, weshalb auch ästhetische Überlegungen dem Ganzen nicht entgegenstanden.

Definitive Restauration
Das in der Front vollanatomische Zirkon­oxid-Gerüst wurde von 13 bis 23 vestibulär reduziert (Abb. 39). Im Seitenzahnbereich wurden vollanatomische Kronen aus IPS e.max CAD (Ivoclar Vivadent) gefräst und mit hotbond (DCM) auf dem Gerüst versintert (Abb. 40 bis 49).
Bewusst wurde auf eine vollanatomische Gestaltung aus Zirkonoxid verzichtet, um hartes Material in der Okklusion zu vermeiden. Zum einen wäre eventuell ein „Klappergeräusch“ zu befürchten gewesen und zum anderen wäre, insbesondere auf Implantaten, mit Spannungen zu rechnen gewesen, die schließlich sogar zum Bruch hätten führen können.
Mit dem beschriebenen Vorgehen wurde der Stress aus der Versorgung genommen und dank der Versinterung mit hotbond entstand ein homogenes Gefüge. Wichtig ist bei großen Spannweiten, dass sich die Versorgung leicht einschrauben lässt. Sollte dies nicht möglich sein, muss das Gerüst überprüft werden.
Vestibulär wurde die Arbeit von 13 bis 23 verblendet (Abb. 50). Die Schichtstärke betrug 0,5  mm. Das bot Spielraum für ästhetische Finessen.
Eine höhere Schichtstärke wäre nicht sinnvoll, da die Keramik entsprechend stärker schrumpfen würde. Mit Vorwällen und einem durchdachten Schichtschema lässt sich vorhersehbar und effizient arbeiten (Abb. 51).
Die individuelle Farbmischung, basierend auf den gemessenen Lab-Farbwerten, wurde anschließend exakt zusammengestellt. Dieses Vorgehen sorgt für eine sehr hohe Farbübereinstimmung, wodurch Neuanfertigungen, beispielsweise weil die Helligkeit nicht passt, der Vergangenheit angehören.
Es wurde keine Glasur­masse verwendet, da sich so Mi­krostrukturen einarbeiten lassen (Abb. 52 bis 54). Auch wurde basal nicht hochglanzpoliert, damit eine gewisse Restrauigkeit verbleibt (Abb. 55 und 56). Diese Restrauigkeit ist sinnvoll, um die Anlagerung des Gewebes zu forcieren. Im Vorfeld muss mit dem ­Patienten geklärt werden, ob er regelmäßig zum Recall kommen kann. Im vorliegenden Fall ist der Patient beruflich stark eingespannt, weshalb zu erwarten war, dass er die Recall­intervalle nicht regelmäßig einhalten kann. Aus diesem Grund musste die Restauration besonders reinigungs­fähig gestaltet werden (Abb. 57).
Nach der Eingliederung (Abb. 58 bis 60) zeigte sich das Röntgenbild unauffällig (Abb. 61). Der Patient war sichtlich zufrieden mit seinem neuen Erscheinungsbild (Abb. 62 bis 66).

ProduktProduktnameFirma
CAD-SoftwareDentalDesignerexocad
ImplantatsystemConelog ProgressiveCamlog
IntraoralscannerTrios3Shape
LithiumdisilikatIPS e.max CADIvoclar Vivadent
PlanungssoftwaresmopSwissmeda
VerblendkeramikIPS e.max CeramIvoclar Vivadent
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