Bericht

Marketing

23.11.22

Good & Better-Routine

Veränderungsprozesse in der Zahnarztpraxis steuern

Veränderungsprozesse, Zahnarztpraxis

Dr. Paul Hadrossek

Die Welle der exponentiellen Entwicklungen in der Medizin baut sich seit einigen Jahren auf und wird in der nächsten Dekade einiges an Kraft entfalten. Diese Welle bringt enormes Entwicklungspotenzial mit sich, wird aber auch sehr viele Strukturen neu sortieren und uns Zahnärzte als Unternehmer und Teamleader vor bedeutende Herausforderungen stellen.

Speziell im zahnmedizinischen Sektor ist diese Entwicklung besonders ausgeprägt. Bei meinen verschiedenen Blickwinkeln auf den Gesundheitssektor in den vergangenen Jahren spielen für mich – im Vergleich zu anderen Sektoren – zwei Felder eine übergeordnete Rolle für das überdurchschnittliche Entwicklungspotenzial in der Zahnmedizin: die hohe Technikaffinität und -neugier bei Zahnmedizinern sowie ein etwas breiter ausgeprägtes betriebswirtschaftliches Grundverständnis auf dem dazugehörigen Spielfeld für unternehmerische Aktivitäten.

Die Herausforderungen sind nur im Team zu bewältigen
Trotz des eingangs erwähnten Potenzials sollte man sich die Themen, die auf uns zukommen, etwas genauer anschauen. Künstliche Intelligenz (KI) oder Automatisierung sind natürlich omnipräsente Schlagworte. Diese finden nicht nur theoretisch den Weg in die Praxis, sondern sind bereits eingebettet in praktische Lösungen und somit auch in den ersten Praxen nutzbar.
In den Praxen werden viele Diskussionen über Themen wie Patient Journeys, CRM-Systeme (Costumer Relationship Management) und digitale Workflows geführt. Der Patient rückt (endlich) weiter in den Mittelpunkt vieler Überlegungen.
Hersteller und Industrie erforschen neue Märkte abseits ihrer Kernprodukte. Wertschöpfungsketten werden neu definiert.
Ganz nebenbei diversifizieren sich auch Wirtschaftsformen und Praxiskonzepte. Es ergeben sich neue Strukturen sowie neue Möglichkeiten im Hinblick auf die Arbeitswelt. Employer Branding, Cultural Fit und New Work sind gern genommene Buzzwords, um die Besonderheiten, Herausforderungen und aktuellen Mechanismen des Arbeitsmarktes zu beschreiben. Diese Beispiele lassen sich schon jetzt fast endlos fortführen und weisen neben dem massiven Potenzial auch gleichzeitig auf das größte Problem hin: Das einzig Stetige wird wohl der Wandel bleiben. Wir befinden uns bereits jetzt im Zeitalter der Diskontinuität.
Und selbst wenn man sich auf nur einen Teilaspekt aktueller und zukünftiger Entwicklungen fokussiert, ist meistens die genaue Ursache und Wirkung in diesem Bereich gar nicht so einfach zu erklären oder gar herzuleiten. Wir Zahnärzte können nur schwer das Gefühl ertragen, nicht die Kontrolle über das Outcome zu haben; und das wiederum stellt uns vor sehr große Herausforderungen. Dazu gibt es eine gute und eine schlechte Nachricht. Die gute Nachricht zuerst: In jeder Praxis gibt es ein „Tool“, das den entscheidenden Anteil an Erfolg oder Misserfolg trägt und darüber entscheidet, ob die eigene Praxis mit allen möglichen zukünftigen Entwicklungen zurechtkommen wird: das Team. Die Mitarbeiter sind in vielen Fällen das am meisten vernachlässigte „Tool“, um eine Praxis auf einen sehr erfolgreichen Weg zu bringen und nicht nur widerstandsfähig zu machen, sondern auch um Potenziale freizusetzen.
Das führt uns zeitgleich auch zur (vermeintlich) schlechten Nachricht: Ein Team mit dem Funktionsumfang eines Schweizer Taschenmessers, das läuft wie ein Schweizer Uhrwerk und die entsprechende Kultur verkörpert, findet sich nicht von selbst. Sollte man sich dieses aber zum Ziel machen, dann sind mitunter sehr viel Zeit sowie Energie nötig und unter Umständen auch Geld, um einen Entwicklungsprozess auf den Weg zu bringen. Dazu benötigt es vor allem aber auch Handwerkszeug, das den wenigsten in die Wiege gelegt wurde und das nicht in den Curricula der universitären Einrichtungen gelehrt und in der Regel auch nicht in einer Schatulle vom Praxiseigentümer an den Nachfolger zeremoniell weitergereicht wird.

Hören Sie gut zu!
Um Ihnen einen solchen Werkzeugkasten an die Hand zu geben, genügen natürlich keine zwei Seiten in einem Fachjournal, allerdings gibt es ein einzelnes, recht spannendes Werkzeug, auf das ich Sie gerne aufmerksam machen würde. Es ist in jeder Praxis vorhanden, in der Regel sogar doppelt, bringt keine Kosten mit sich, wird aber leider viel zu selten genutzt: das Ohr. Damit kann man dem eigenen Team zuhören. Das hört sich zunächst recht simpel an, und ich betone es deshalb so, denn es gibt „zuhören“ und „zuhören“. Teammitglieder haben in der Regel ein ausgesprochen gutes Gespür dafür, ob Sie mit ihnen über das Wetter reden und sich immer wieder pseudointeressiert nach den gleichen Themen erkundigen oder ob Ihrerseits ein tiefgreifendes Interesse besteht, Vorgänge zu verstehen, Probleme aufzuspüren, Kritik zu empfangen und daraus auch Potenziale abzuleiten, um Verbesserungen auf den Weg zu bringen. Auch das hört sich erstmal logisch an, die Kunst liegt aber darin, solche Abläufe über den motivierten initialen Aufschlag hinweg zur Routine und damit zur DNA des eigenen Teams werden zu lassen. Wenn man es schafft, das Thema „zuhören – empfangen – umsetzen“ nachhaltig zu implementieren und es fest in Routinen zu integrieren, wird der geschaffene Mehrwert die investierte Arbeit bei Weitem übersteigen. Was dabei hilft: nicht alles sofort zu wollen und klein anzufangen und sich auch bewusst werden, dass Veränderungsprozesse inkrementelle Kreisläufe sind und kein Kurzstreckenlauf.

Wie könnte ein erster Schritt aussehen?
Ich habe extrem gute Erfahrungen mit folgender „Good & Better“-Routine gemacht. Das komplette Team – ich meine wirklich alle – trifft sich zum regelmäßigen Meeting. Bei größeren Teams ab zwölf Personen kann man auch unterteilen; es geht aber auch mit 20 oder mehr Mitarbeitern, wenn man geübt ist.
Jeder Teilnehmer erhält zwei verschiedenfarbige Haftnotiz-Stapel. Jeder notiert in fünf Minuten Still-Arbeit auf einer Farbe für sich Dinge, die gut laufen. Auf der anderen Farbe werden Punkte gesammelt, die besser laufen könnten; jeder Punkt als Schlagwort auf einem einzelnen Haftnotizzettel.
Dann stellt jeder kurz die Punkte vor und sortiert sie zu den Kategorien „Good“ oder „Better“ an die Wand. Doppelnennungen werden aggregiert. Am Ende fasst eine Person alles zusammen, und es wird eine Liste erstellt, in der die Punkte vermerkt werden, die gut laufen, und diejenigen Punkte, die besser laufen könnten. Bei den „Besser-Themen“ wird konkret definiert, bis wann wie und durch wen sie verbessert werden könnten. Achtung Falle! Bitte an der Stelle nicht den Chef raushängen lassen. Auch hier bietet es sich an, Vorschläge anzuhören und nicht zu bestimmen, wie es zu laufen hat.
Beim nächsten Meeting – diese finden alle sieben, 14 oder auch 28 Tage statt – wird als erstes die Liste kontrolliert und abgehakt, was geändert werden konnte, besprochen, was schwierig bleibt oder wo noch nachgebessert werden muss. Dann geht das Spiel von vorne los. Wird nie langweilig. Versprochen!

Prozess mit positiven Effekten
Die Effekte sind offensichtlich. Zuhören wird strukturiert und dadurch deutlich einfacher. Auf der anderen Seite geht das Adressieren von Problemen einfacher von den Lippen, da es unpersönlicher wird. Wir reden ja nicht darüber, was schiefläuft, sondern was besser werden kann. Und auch Mitarbeiter, die immer wieder in der zweiten Reihe „untergehen“, haben plötzlich eine Stimme, werden gehört und merken, dass auch sie viel zur Verbesserung der Praxisabläufe beitragen können.
Diese Routine kontinuierlich aufrechtzuerhalten ist kein einfacher Prozess und muss stetig gelebt werden. Aber es lohnt sich, denn die positiven Effekte stellen sich bald ein, und damit realisiert das ganze Team sehr schnell, dass es funktioniert.
Den Motor eines funktionierenden Teams kann man langfristig und nachhaltig nicht mit einem Obstkorb, einem Kicker, einem Kühlschrank mit Club Mate oder sonstigen Goodies am Leben halten. Funktioniert nicht, das weiß ich aus eigener Erfahrung.

Dr. Paul Hadrossek ist Zahnarzt und Digitalunternehmer. Nach Stationen in Versorgungsstrukturen (Klinik, Praxis, ZMVZ), im Start-up-Sektor mit Gründer- und Investorensicht berät Dr. Hadrossek ärztliche Kollegen, Start-ups, Investoren und Unternehmen im Gesundheitssektor bei Wachstumsfragen, Innovationen, digitalen Geschäftsmodellen und Kooperationen.

Kontakt
Dr. Paul Hadrossek
dr.paul@hadrossek.com

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