Fachbericht

Alterszahnheilkunde

05.01.22

Wurzelkaries – ein Problem im Alter

Eine Übersicht über Ätiologie, Epidemiologie und das klinische Erscheinungsbild kariöser Läsionen im Wurzelbereich

Ätiologie, Epidemiologie, Prävalenz, Wurzelkaries

Prof. Dr. Christian R. Gernhardt

01 – Älterer Patient mit zahlreichen Wurzel­läsionen. Erkennbar sind therapiebedürftige aktive Läsionen und inaktive Läsionen, die keine Therapie benötigen. Die Mund­hygiene­problematik dieses Patienten aus einem Pflegeheim ist offensichtlich

Bei Betrachtung epidemiologischer Daten erkennen wir, dass das Risiko, kariöse Läsionen im Wurzelbereich zu entwickeln, mit zunehmendem Alter ansteigen könnte. Angesichts der Ergebnisse aus der letzten deutschen Mundgesundheitsstudie, die zeigt, dass immer mehr ältere Patienten einen Großteil ihrer Zähnen bis ins hohe Alter erhalten können, kann mit einer Zunahme der Problematik gerechnet werden. Gerade auch die Entwicklungen im Pflegebereich und andere soziodemografische Entwicklungen, die eine Zunahme von älteren und pflegebedürftigen Menschen in Pflegeeinrichtungen und Betreuungseinrichtungen zeigen, kann das Auftreten der Wurzelkaries begünstigen, da Mundhygienemaßnahmen bei diesen Patienten oft nur begrenzt oder bisweilen nur insuffizient durchgeführt werden können.

Fragen zur Problematik
Welche Faktoren begünstigen Wurzel­karies im Alter?

Allgemeinerkrankungen, die überwiegend im Alter auftreten, können die Mundhygienefähigkeit deutlich herabsetzen. Aufgrund von eingeschränktem Sehvermögen, Immobilität oder geistiger Verwirrtheit sind ältere Patienten oft nicht in der Lage, eine adäquate und suffiziente Mundhygiene durchzuführen, wie sie von Zahnärzten empfohlen und gefordert wird.

Wie gelingt Prävention beim Alters­patienten?
Da es sich bei den exponierten und daher risikoanfälligen Wurzeloberflächen um Dentinflächen handelt, sollte die Prophylaxe, inbesondere die häusliche ­Prophylaxe, intensiviert werden, damit diese vulnerableren Flächen gesund erhalten werden können. Die Interdentalraumhygiene mithilfe von Zahnseide, Superfloss oder Interdental­bürstchen sollte mit den betroffenen Patienten besprochen und entsprechend ihrer Fähigkeiten geübt und angepasst werden.

Ätiologie, Epidemiologie, Therapie und Prophylaxe der Wurzelkaries sind Themen, die aufgrund der demografischen Entwicklungen und im Rahmen der Alterszahnheilkunde immer mehr in den Blickpunkt wissenschaftlichen und klinischen Interesses rücken. Im Gegensatz zur ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts, als sich die Wissenschaft und die praktizierenden Zahnärzte hauptsächlich mit der Schmelzkaries – auch als koronale Karies bezeichnet – beschäftigten, wurden in den vergangenen Jahrzehnten vermehrt Studien veröffentlicht, die sich der Problematik der Wurzelkaries annahmen. Wurzelkaries ist, wie Untersuchungen an exhumierten Schädeln aus dem 4. und 13. Jahrhundert [24,25] und bei heute noch in Neuguinea lebenden primitiven Urvölkern [33,34] zeigten, schon eine lange bekannte und nicht erst im Laufe der Zivilisation aufgetretene Erkrankung der Zahnhartgewebe. Möglicherweise wurde der Wurzelkaries, obwohl sie sehr wohl bekannt war und in der zahnärztlichen Praxis auch beobachtet wurde, keine große Aufmerksamkeit geschenkt, da die Problematik der koronalen Karies sehr ausgeprägt war und Wurzelkaries meist in einem Alter beobachtet wurde, in dem Zahnverlust bereits größtenteils stattgefunden hatte. Als Begründung für das seit Mitte des Jahrhunderts rasant wachsende Interesse an der Wurzelkariesproblematik und ihren dadurch erhöhten Stellenwert in der zahnmedizinischen Forschung lassen sich mehrere Aspekte anführen [2,42].
War bis vor wenigen Jahren noch in erster Linie die Schmelzkaries für den Zahnverlust verantwortlich, so hat sich das Bild infolge einer gezielten Aufklärung sowie der verbesserten Prophylaxe- und Therapiemöglichkeiten heute verbessert. Es sind mehr denn je hochwertige und effiziente Therapieverfahren vor allem im Bereich der parodontalprophylaktischen Maßnahmen wie auch im Rahmen restaurativer Versorgungen verfügbar. Somit können Zähne, die zu Beginn dieses Jahrhunderts nicht erhaltungswürdig erschienen und extrahiert wurden, mit den Möglichkeiten der modernen minimalinvasiven Zahnmedizin durchaus noch erhalten werden. Auch hat das Mundhygienebewusstsein in den Industrie­nationen größtenteils zugenommen. Die verbesserte Situation hat zur Folge, dass immer mehr Menschen den Großteil ihrer Zähne länger, teilweise sogar bis ins hohe Alter behalten werden [15,22,23,42]. Gleichzeitig nimmt im Alter die Anzahl der freiliegenden Wurzeloberflächen aufgrund von Atrophievorgängen oder Parodontopathien zu [15,27,28,38]. Diese Tatsache wird noch dadurch unterstützt, dass die verfügbaren Therapiemöglichkeiten teilweise selbst zu einem Rückgang der Gingiva beitragen können. Als Beispiele lassen sich hier die subgingivale Plaqueentfernung sowie sämtliche paro­dontalchirurgischen Operationen anführen. Auch Mundhygienemaßnahmen können bei inkorrekter oder exzessiver Durchführung zu einem Rückgang des Parodonts führen. Da die Ausbildung der Wurzelkaries maßgeblich an das Freiliegen von Wurzeloberflächen gebunden ist, bedeutet dies, dass die Wurzelkariesprävalenz auch in Zukunft möglicherweise noch weiter ansteigen wird (Abb. 1).
Ein weiterer Punkt, der für einen möglichen Anstieg der Wurzelkariesprävalenz spricht, ist die Bevölkerungsentwicklung in den Industrienationen in den kommenden Jahrzehnten [3,5]. Landesweite Statistiken zeigen, dass die Zahl der älteren Menschen (65 und älter) in Deutschland von derzeit 16,8 Mio. auf 22,9 Mio. im Jahr 2050 ansteigen wird. Prozentual bedeutet dies, dass im Moment etwa 21 % der Bevölkerung über 65 Jahre alt sind, dieser Anteil wird prognostisch auf etwa 34 % innerhalb der nächsten 40 bis 50 Jahre ansteigen (Statistisches Bundesamt 2012). Zusammen mit der Tatsache, dass immer mehr Zähne bis ins hohe Alter erhalten werden können, bedeutet dies, dass in Zukunft die Alterszahnheilkunde und damit die Wurzelkaries einen hohen Stellenwert in der zahnmedizinischen Forschung und Tätigkeit einnehmen werden. Eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Thema Wurzelkaries setzt zunächst fundierte Kenntnisse der Ätiologie, der Epidemiologie der Wurzelkaries sowie die Kenntnis des derzeitigen Wissensstands voraus. Allerdings ist auch die klinische Auseinandersetzung mit dem Thema (Abb. 2 bis 6) für unsere Patienten wichtig. Dies soll jedoch nicht Teil dieses Beitrags sein.

Ätiologie der Wurzelkaries
Neben den obligaten primären und sekundären Faktoren der Kariesentstehung muss im Falle der Wurzelkaries noch ein weiterer Befund vorliegen. Die Wurzeloberfläche muss freiliegen, damit es zur Entstehung der Karies in diesem Bereich kommen kann [10,19,20,22,23]. Raetzke et al. (1983) beschrieben, dass in 58 % der Fälle, bei denen Rezessionen vorlagen, Wurzelläsionen diagnostiziert werden konnten [31]. Des Weiteren veranschaulichten mehrere weiterführende Untersuchungen, dass die Wurzelkaries­prävalenz in engem Zusammenhang mit unzureichendem Mundhygieneverhalten und parodontalen Erkrankungen steht [6,28,38]. So wurde gezeigt, dass tiefe parodontale Taschen mit vermehrt auftretender subgingivaler Plaqueakkumulation die Entstehung der Wurzelkaries begünstigen (siehe Abb. 1) [38].
Im Rahmen der bekannten Vipeholm-Studie und anderer Studien erkannte man außerdem, dass der vermehrte Konsum niedermolekularer Kohlenhydrate im Zusammenhang mit den oben genannten Faktoren das Auftreten von Wurzelkaries deutlich verstärkt [9]. Vehkalahti und ­Paunio (1988) bestätigten dieses Ergebnis. Sie stellten darüber hinaus einen positiven Zusammenhang zwischen Mund­hy­gieneverhalten und Wurzelkariesprävalenz fest [40].
Weitere Studien beschreiben zahlreiche Sekundärfaktoren, die in engem Zusammenhang mit der Wurzelkaries stehen. So konnte gezeigt werden, dass Xerostomie und Oligostomie, als mögliche Folgen einer Speicheldrüsenerkrankung, ebenfalls das Auftreten von Wurzelkaries begünstigen [4,28,30]. Vor allem der verminderte Speichelfluss ist ein häufig anzutreffender Befund bei älteren Patienten. Als mögliche Ursachen müssen vor allem Medikamente und Strahlentherapie (Radatio) in Betracht gezogen werden. Jedoch auch hormonelle Schwankungen, Diabetes mellitus, neurologische Erkrankungen, Pankreas- und Lebererkrankungen sowie Mangelernährung können zu einer partiellen oder totalen Xerostomie führen. Weiterhin kann aufgrund prothetischer Versorgungen, wie Kronen, abnehmbaren Teilprothesen oder Hybridprothesen die Gefahr freiliegender Wurzeloberflächen erhöht sein und somit das Risiko der Wurzelkaries erhöhen [7].

Klinisches Erscheinungsbild der Wurzelkaries
In der klinischen Praxis manifestiert sich die Wurzelkaries meist unmittelbar im Bereich der Schmelz-Zement-Grenze. Sie nimmt ihren Ausgang im Wurzelbereich und unterminiert im fortgeschrittenen Stadium den zervikalen Schmelz. Die Läsionen lassen sich durch Farbe, Ausdehnung und Oberflächenbeschaffenheit charakterisieren. Im Falle der Wurzel­karies werden aktive und inaktive Läsionen, die unterschiedliche Behandlungen erfordern, unterschieden. Bis zu einem gewissen Grad besteht zwischen beiden ein fließender Übergang [43]. So können durch Verbesserung der Mundhygiene, Fluoridierung et cetera aktive in inaktive Läsionen überführt werden [26]. Dieser fließende Übergang macht die richtige Diagnose der Wurzelkaries schwierig. Im Laufe der Zeit wurden daher Kriterien gesucht, die eine sichere Zuordnung der vorliegenden Läsion möglich machen, um darauf aufbauende Behandlungsmethoden zu entwickeln.
Die Farbe der Läsion ist ein Parameter, der bei sämtlichen Läsionen einfach diagnostizierbar ist, und daher häufig Anwendung findet. Zahlreiche Untersucher beobachteten, dass aktive Läsionen meist leicht verfärbt, gelblich erscheinen, während inaktive Läsionen dunkelbraune bis schwarze Farbtönungen aufweisen [12,26]. Die Härte der Läsion bei klinischer Sondierung diente in anderen Studien als Diagnosekriterium. Die Skala reicht hier von weich über lederartig bis hart. Bei klinischer Untersuchung weich erscheinende Läsionen werden meist als aktive Läsionen (siehe Abb. 2) [31,38], hart erscheinende dagegen als inaktive Läsionen eingestuft [43]. Auch mithilfe des Diagnodent (Kavo, Biberach) können Läsion im Wurzelbereich diagnostiziert werden [43].

Epidemiologische Aspekte der Wurzelkaries
In den vergangenen Jahrzehnten sind zahlreiche Studien, die sich mit den epidemiologischen Aspekten der Wurzel­karies beschäftigen, veröffentlicht worden. Ein Problem dieser Untersuchungen besteht darin, dass sie sich nur bedingt vergleichen oder auf die Gesamtbevölkerung übertragen lassen [1,2]. Mehrere Faktoren sind für dieses Problem verantwortlich: Erstens wurden die meisten Studien an kleinen, definierten Gruppen durchgeführt, die meist keinen repräsentativen Querschnitt durch die Gesamtbevölkerung darstellten. Zweitens wurden verschiedene Diagnosekriterien zugrunde gelegt. Drittens wurde keine einheitliche Befunderhebung durchgeführt. So zeigte ein Vergleich mehrerer Studien eine Wurzelkariesprävalenz, die zwischen 7,3 % und 69,7 % lag [1]. Die Wurzelkariesprävalenz wurde meist als Prozentsatz der Probanden, die Wurzelkaries aufweisen, angegeben. In Anlehnung an den DMF-S Index für koronale Karies existiert für die Wurzelkaries ein weiterer Index, der sogenannte RDF-Wert (R = Root, D = Decayed, F = Filled). Er wird entweder als kumulativer Wert oder als prozentualer Wert (Anzahl der zerstörten und gefüllten Wurzelflächen bezogen auf die Zahl der Zähne) angegeben. Berücksichtigt werden hier jedoch alle Flächen, nicht nur die der Mundhöhle exponierten, sogenannten Risikoflächen. Ein weiterer Nachteil des RDF-Index ist die Tatsache, dass eine geringe Gesamtzahl der Zähne in einem unproportional stark erhöhten Wert resultiert. Katz (1980) versuchte durch die Einführung des RCI-Index, diesen Unzulänglichkeiten Rechnung zu tragen, indem er alle exponierten Risikoflächen berücksichtigte, also auch gesunde [16]. Der RCI-Index berechnet sich nach der dargestellten Formel:

RD= decayed, zerstörte Wurzeloberflächen mit Rezessionen
RF= filled, gefüllte Wurzeloberflächen mit Rezessionen
RN= gesunde Wurzeloberflächen mit Rezessionen

Doch auch bei Anwendung dieses Index ist eine individuelle Streuung, abhängig vom jeweiligen Untersucher möglich. So ist zum Beispiel die Beurteilung der Zahl der betroffenen Flächen individuell sehr unterschiedlich. Ebenso ist auch die Klassifizierung in aktive und inaktive Läsionen großen Schwankungen unterworfen. Um eine Verbesserung und Standardisierung epidemiologischer Untersuchungen zu erreichen, die den direkten Vergleich unterschiedlicher Studien ermöglichen sollten, stellte Katz (1990) sieben Forderungen auf [17]:

• Sollte eine exakte Diagnose einer Füllung oder einer kariösen Läsion nicht mit Sicherheit möglich sein, so ist die Fläche als gesund zu werten.
• Jede kariöse Läsion in der Nähe der Schmelz-Zement-Grenze sollte als zerstört gewertet werden, unabhängig von den angrenzenden Schmelzgegebenheiten.
• Koronale Füllungen werden nur dann als gefüllte Wurzelflächen gewertet, wenn sie die Schmelz-Zement-Grenze um mindestens 3 mm überragen.
• Wurzelfüllungen sind als mehrflächig anzusehen, wenn sie mindestens ein Drittel jeder angrenzenden Fläche einnehmen.
• Sekundärkaries an Füllungs- oder Kronenrändern wird nicht zur Wurzelkaries gerechnet, sondern gesondert erfasst.
• Sollten auf einer Fläche zwei räumlich getrennte kariöse Läsionen auftreten, so ist eine davon getrennt als zusätzliche Karies zu werten.
• Gesund scheinende Flächen, die jedoch zu mehr als 20 % von Zahnstein oder Plaque bedeckt sind, sollten als nicht beurteilbar eingestuft werden.

Jedoch können auch bei der Berücksichtigung dieser Vorgaben Probleme auftreten. So kann zum Beispiel nicht exakt bestimmt werden, ob vorhandene Füllungen aufgrund einer kariösen Läsion oder eines Putzdefekts beziehungsweise keilförmigen Defekts gelegt worden sind.

Ergebnisse epidemiologischer Untersuchungen
Die meisten aller epidemiologischen Studien, die im Laufe der vergangenen Jahrzehnte veröffentlicht wurden, beschäftigten sich mit der Wurzelkariesprävalenz definierter Probandengruppen. Nur einige Studien beschrieben die Prävalenz an repräsentativen Gruppen, die Rückschlüsse auf die Gesamtbevölkerung zulassen. Es existiert eine Untersuchung aus Finnland, die eine durchschnittliche Wurzelkariesprävalenz von 18 % zeigte. Bei einer Aufteilung in Altersgruppen wurden bei älteren Patienten höhere Werte (30 % bei über 70-Jährigen) beobachtet [39]. Neuere auf nationaler Ebene durchgeführte Studien aus den USA zeigten, dass 22,5 % der untersuchten Personen (n= 6726) Wurzelkaries aufwiesen. In der Gruppe der über 75-Jährigen stieg dieser Wert auf 55,9  % an [42]. Der Anstieg mit dem Alter konnte auch in Studien aus Deutschland und den USA beobachtet werden [18,36]. Andere Studien beschrieben unterschiedliche Proban­dengruppen. Aufgrund dieser Unterschiede schwanken die Angaben zur Wurzelkariesprävalenz zwischen 15 % und 90 %. So zeigten lokale Untersuchungen an der allgemeinen Bevölkerung, dass 39 % beziehungsweise 41 % der Wurzeloberflächen kariös oder infolge von Karies gefüllt waren [18]. Weitere Studien beschäftigten sich mit der Wurzelkariesprävalenz bei parodontal erkrankten oder parodontal behandelten Patienten [6]. Hix und O´Leary (1976) fanden bei 45 % der Patienten nach parodontaler Behandlung eine radikuläre Karies, während bei unbehandelten Patienten sogar 58 % kariöse Veränderung aufwiesen [14]. Extrem hohe Zahlen lassen sich auch bei Betrachtung von sogenannten Risikogruppen finden. So lag bei der Betrachtung chronisch schwerkranker und bestrahlter Patienten die Wurzelkariesprävalenz deutlich höher [29]. Andere veröffentlichte Studien zeigten ähnliche Ergebnisse [6,32]. Die Mehrzahl der vorab beschriebenen Studien beschäftigte sich fast ausschließlich mit der Wurzelkariesprävalenz. Die Wurzelkariesinzidenz dagegen wurde nur in wenigen Veröffentlichungen mit in die Untersuchung einbezogen. Im Rahmen zahlreicher Studien wurde eine Zunahme der Wurzelkariesinzidenz mit dem Alter beobachtet [15]. Sie lag bei älteren Patienten (älter als 37 Jahre) in der Größenordnung der Schmelzkariesinzidenz, bei jüngeren Patienten lag sie darunter. Untersuchungen an Risikogruppen, Rauschgiftsüchtigen [11], Patienten mit parodontalen Erkrankungen und chronisch kranken Krankenhauspatienten [13,15] zeigten für diese eine deutlich höhere Wurzelkariesinzidenz als bei durchschnittlichen Bevölkerungsgruppen. Bei Betrachtung aller dieser Studien wird deutlich, dass Wurzelkaries ein weit-verbreitetes Problem darstellt, welches vermehrt bei älteren Patienten beobachtet wird. Zahlreiche Untersuchungen beschäftigten sich mit der Lokalisation der Wurzelkaries im gesamten Gebiss und an den einzelnen Zähnen [28]. Obwohl die unteren Schneidezähne und die oberen Molaren meist vermehrt Rezessionen aufweisen [35], zeigten einige Studien, dass die unteren Prämolaren und Molaren weitaus häufiger betroffen sind [18,28,36]. Andere Beobachtungen zeigten im Gegensatz dazu, dass vor allem die Frontzähne in Ober- und Unterkiefer betroffen waren [8,21,37]. Hinsichtlich der Lokalisation der Läsion am Zahn stellten Westbrook et al. (1974) ein vermehrtes Auftreten an distalen Flächen (35 %) fest [41]. Davon waren mesial 27,1 % lokalisiert. Bukkal konnten 24,3 % und lingual 7,1 % der Fälle beobachtet werden. 33,3 % aller Zähne zeigten mehr als zwei betroffene Flächen. Weitere Untersuchungen an extrahierten Zähnen zeigten dasselbe Ergebnis [18]. In-vivo-Untersuchungen dagegen stellten ein vermehrtes Auftreten an bukkalen und lingualen Flächen fest [36]. Am häufigsten waren in dieser aus Deutschland stammenden Untersuchung Prämolaren im Unterkiefer betroffen [36]. Die Diskrepanz zwischen In-vitro- und In-vivo-Untersuchungen kommt möglicherweise durch die schwierige Diagnostik approximaler Flächen bei In-vivo-Untersuchungen zustande.

Zusammenfassung
Das Phänomen Wurzelkaries stellt sich als ein Problem älterer Patienten dar. Das Risiko, kariöse Läsionen im Wurzelbereich zu entwickeln, steigt mit zunehmendem Alter an. Angesichts der Tatsache, dass immer mehr ältere Patienten einen Großteil ihrer Zähne bis ins hohe Alter erhalten können, kann mit einer Zunahme der Problematik gerechnet werden. Gerade auch die Entwicklungen im Pflegebereich und andere soziodemografische Entwicklungen, die eine Zunahme von älteren und pflegebedürftigen Menschen in Pflegeeinrichtungen und Betreuungseinrichtungen zeigen, kann das Auftreten der Wurzelkaries begünstigen, da Mundhygienemaßnahmen nur begrenzt oder bisweilen nur insuffizient durchgeführt werden können. Prophylaxemöglichkeiten bestehen, die das Wurzelkaries­risiko deutlich herabsetzen. Die zur Verfügung stehenden Prophylaxemöglichkeiten konzentrieren sich im Wesentlichen auf die tägliche Mundhygiene und die Anwendung von Fluoriden sowie anti­mikrobiellen Wirkstoffen. Jedoch ist, wie beschrieben, Wurzelkaries zumeist ein Problem älterer und alter Menschen, deren Mundhygieneverhalten oft anders ist als bei der durchschnittlichen Bevölkerung. Vor allem im Alter auftretende Allgemeinerkrankungen können die Mundhygienefähigkeit deutlich herabsetzen. Durch Einschränkung des Sehvermögens, der manuellen Geschicklichkeit infolge von Alterserscheinungen und Krankheit, durch Verlust der Mobilität, geistige Verwirrung et cetera sind ältere Patienten oft nicht in der Lage, die Mundhygiene in einer Form durchzuführen, die von den Zahnärzten empfohlen und gefordert wird.

Literaturverzeichnis unter www.teamwork-media.de/literatur


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